Oberösterreich
Junge Fleischerin muss zusperren, ist am Boden zerstört
Ihr ist das gar nicht wurscht: In sechster Generation hätte eine junge Fleischerin den Familienbetrieb weiterführen sollen. Jetzt ist alles aus.
Belinda Hüthmayr hatte große Pläne, die sie nun begraben musste. "Leider müssen wir aufgrund der Baustelle unseren Betrieb schließen", schreibt die junge Frau auf Facebook. Die Arbeiten, die sie meint, beschäftigen die 5.000-Einwohner-Gemeinde Scharnstein (Bez. Gmunden) seit Monaten. Die Kritik daran wird immer lauter.
Eigentlich sollte Belinda das Unternehmen ihres Vaters Hans weiterführen. "Seit ich klein bin, war es mein Traum, den Familienbetrieb zu übernehmen, und ich habe alle Voraussetzungen dafür gemacht", so Hüthmayr weiter.
Doch daraus wird nichts. Auf Social Media lässt die verhinderte Firmenchefin ihrem Ärger freien Lauf: "Dank unserer 'tollen' Gemeinde, die unseren Ort verschönern will mit einer zu langsamen Baustelle und falschen Versprechen, bleibt es jetzt auch nur ein Traum."
Grund für die Aufregung: eine bereits seit einem Jahr dauernde Baustelle auf der B120 (Scharnsteiner Straße), die genau durchs Ortszentrum führt. Viele Menschen stöhnen unter den Dauerarbeiten: Zunächst wurden Kanal und Wasserleitungen erneuert. Als man damit fertig war, starteten im April Straßenbauarbeiten durch das Land Oberösterreich.
Umsatzeinbruch bei Konditorei
Vor allem lokalen Betrieben sind die Behinderungen inklusive Totalsperre ein Dorn im Auge. Bisher sind potenzielle Kunden direkt an den Geschäften vorbeigefahren, müssen sie nun auf Umleitungen ausweichen.
"Dadurch habe ich einen Umsatzrückgang von 30 bis 40 Prozent", sagt Kurt Mittermaier von der gleichnamigen Konditorei im Gespräch mit "Heute". Inzwischen führt seine Tochter, die ebenfalls Belinda heißt, den Betrieb.
Als Folge der wirtschaftlichen Verluste musste er bis Ende 2022 sieben Mitarbeiter abbauen.
Seit 13. Mai sei das Lokal vom Verkehr abgeschnitten. "Wir werden jetzt rechtlich dagegen vorgehen", kündigt Mittermaier an. "Denn wir sehen nicht ein, dass wir das ausbaden müssen."
„"Wir werden jetzt rechtlich dagegen vorgehen." Konditor Kurt Mittermaier über die Umleitung“
Mit der Gemeinde sei er in regelmäßigem Austausch, so Mittermaier. Diese habe ihn an die Bezirkshauptmannschaft verwiesen. Deren Auskunft laut Mittermaier: Es sei grundsätzlich unmöglich, den Verkehr auf eine andere Straße umzuleiten.
"Keiner kann etwas machen, und wir sollen uns damit abfinden", kritisiert Mittermaier. Die Stimmung im Ort sei "sehr schlecht", man halte aber zusammen. Für viele Anrainer sei die Situation "nicht nachvollziehbar".
"Viele Veranstaltungen und Gespräche"
Bürgermeister Rudolf Raffelsberger (ÖVP) kann sich die Aufregung nicht erklären. Er sagt im Gespräch mit "Heute": "Wir planen die Umsetzung seit 2015, seit damals hat es viele Veranstaltungen und Gespräche mit der Bevölkerung gegeben."
Kritik an mangelnder Gesprächsbereitschaft mit den Betroffenen könne er "sehr schwer nachvollziehen": "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Eine Baustelle ist eine Baustelle. Bei den Arbeiten hat sich nichts verzögert. Außerdem weiß ich nicht, wie man schneller bauen kann", so der Ortschef. Alle Geschäfte, die an dieser Straße liegen, seien von den Arbeiten betroffen.
„"Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Eine Baustelle ist eine Baustelle." Bürgermeister Rudolf Raffelsberger versteht die Aufregung nicht“
Verzögerung beim zweiten Abschnitt
Das Projekt besteht aus zwei Abschnitten. Raffelsberger räumt ein, dass es bei der ersten Etappe anfangs tatsächlich Verzögerungen gegeben habe: "Baulos 1 sollte im November fertig sein, wurde aber erst im Dezember abgeschlossen. Im Winter wurde daran gearbeitet, die Zeit wurde aufgeholt."
Vergangenes Jahr habe es außerdem bei den Kanalrohren Probleme gegeben. Man habe einige Materialien nicht bekommen, so Raffelsberger: "Die Rohre sind über 50 Jahre alt und gehören ausgetauscht." Man sei aber mit der Arbeit "absolut im Zeitplan", bis Dezember werde die Straße fertiggestellt.