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Zirngast geht frei nach Terror-Klage in Ankara
Der Journalist und Aktivist Max Zirngast wurde beim Prozess in Ankara am Mittwoch freigesprochen.
Überraschendes Urteil beim Prozess in der Türkei: Genau ein Jahr nach seiner Festnahme wegen Terrorvorwürfen wurde Max Zirngast am Mittwoch vom Gericht in Ankara freigesprochen.
"Freispruch für alle", twitterte der Student, der seit 2015 in der Türkei lebt, am Mittwochvormittag.
Wie der Wiener Rechtanwalt Clemens Lahner mitteilte, habe der Staatsanwalt auf Freispruch für alle vier Angeklagten plädiert.
Freispruch noch nicht rechtskräftig
Der Freispruch sei noch nicht rechtskräftig, wie der Wiener Rechtsanwalt gegenüber der APA betonte. "Theoretisch" könne nämlich noch die türkische Oberstaatsanwaltschaft innerhalb einer Frist von sieben Tagen gegen die Entscheidung berufen.
"Wir gehen aber davon aus, dass sich der Staatsanwalt vorher das Okay geholt hat", so der Prozessbeobachter.
Für alle Angeklagten und ihre Familien sei die Entscheidung "eine große Erleichterung", erklärte Lahner. Aus juristischer Sicht sei die Verhandlung "ein Moment, wo sichtbar wird, was für eine Farce die türkische Justiz ist". Nachdem das Verfahren im April um sechs Monate vertagt wurde gibt es bei identischem Informationsstand einen Freispruch."Es ist ein Witz", so der Rechtsanwalt.
Die Verhandlung fiel kurz aus. "Der Staatsanwalt hat zu unserer Überraschung sein Schlussplädoyer gehalten", berichtete Lahner. Darin habe er festgehalten, dass es keine Beweise dafür gebe, dass die vier Angeklagten Mitglieder in einer Terrororganisation seien, und den Freispruch beantragt.
Der Politik-Student war für eine oppositionelle Zeitung über weltpolitische Themen in der Türkei tätig. Dabei äußerte er sich auch kritisch über das politische Geschehen und Präsident Erdogan.
2018 geriet das Blatt deshalb ins Visier der Behörden. Am 11. September wurde der 30-Jährige in seiner Wohnung in Ankara verhaftet, da er verdächtigt wurde, einer terroristischen Organisation anzugehören, was er bis zuletzt vehement abstritt.
Politik-Student durfte Türkei nicht verlassen
Bis 25. Dezember saß Zirngast im Hochsicherheitsgefängnis in Sincan. Er kam schließlich frei, musste aber strenge Auflagen einhalten, u.a. durfte er die Türkei nicht verlassen. Die erste Verhandlung, die am 11. April stattfand, wurde auf September vertagt.
Im Vorfeld der Verhandlung, zu der auch zwei Prozessbeobachter aus Wien angereist waren, zeigte sich Zirngast entspannt. "Es gibt keine Vorwürfe gegen ihn, die eine Verurteilung tragen könnten", erklärte der Präsident des Wiener Landesgerichts für Strafsachen, Friedrich Forsthuber.
Nach seinem Freispruch möchte der Aktivist in etwa einer Woche nach Österreich zurückkehren.