Wirtschaft
"Kann es nicht sein" – Gas-Expertin platzt der Kragen
Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbands der chemischen Industrie in der Wirtschaftskammer, äußerte sich in der ZIB2 zur Gas-Krise.
Die Energiepreise rasen weiter nach oben. Der Preisindex für Strom ist innerhalb von nur einem Jahr um 247 Prozent gestiegen – der für Gas sogar um 323 Prozent. Wie "Heute" berichtete, reagieren Wien Energie, wie auch EVN, darauf und erhöhen ab 1. September die Preise. Strom wird dann um 85 Prozent und Gas um 97 Prozent teurer.
Die Gas-Krise spitzt sich jedenfalls zu und Betriebe sollen nun auch Alternativen zu Gas suchen. Doch ist das bei allen überhaupt möglich und vor allem wie schnell? Genau zu diesem Thema war Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbands der chemischen Industrie in der Wirtschaftskammer, am Freitag zu Gast in der ZIB2.
Und die Expertin stellte gleich zu Beginn des Gesprächs klar: "Die Situation ist wirklich bedrohlich. Die chemische Industrie braucht Gas als Rohstoff." So sei die Industrie etwa auch Vorlieferant für andere Branchen, etwa die Lebensmittelindustrie oder auch die Bauwirtschaft.
Angesprochen darauf, wie schnell Firmen im Ernstfall wirklich umstellen könnten, antwortete die Expertin: "Das hängt ganz davon ab, ob Firmen vorher schon Anlagen hatten, die man umrüsten kann." Einige hätten bereits damit begonnen, doch für die meisten sei es im Hinblick auf Herbst bzw. Winter zu spät.
Eine Frage der Zeit
Es seien zudem massive Investitionen in neue Komponenten nötig und diese seien schwer bis zum Herbst zu bekommen. Einer der Gründe: es ist eine Anlagegenehmigung erforderlich. Betriebe brauchen also eine Erlaubnis zum Umbau und diese können schon einmal sechs bis acht Monate dauern.
"Das kann es nicht sein", tobt die Expertin in der "Zeit im Bild 2". Das würde das System ad absurdum führen. Doch hätten sich Firmen nicht schon früher Gedanken über einen Umstieg machen sollen? "Die Unternehmen arbeiten seit Jahren daran, die Transformation in Richtung Klimaneutralität voranzutreiben."
Das Problem: "Diese Technologien, die es dazu braucht, sind noch nicht in Marktreife. Das meiste ist erst in Pilotstadien und ist noch nicht wettbewerbsfähig oder wirtschaftlich. Da müssen wir erst neue Technologien abwarten", erklärte Sylvia Hofinger.
"Kann ich Ihnen nicht beantworten"
Auf die Frage, ob die chemische Industrie mit weniger Gas auskommen könne, erklärte die Expertin: "Wir fordern seit Monaten eine bessere und vertiefte Szenarien-Planung. Die Lieferketten sind sehr komplex und man muss sich diese ganz genau ansehen."
"Das wird leider öffentlich viel zu wenig diskutiert. Man muss fundiert analysieren, wer soll das Gas im Ernstfall bekommen. Wenn Sie fragen, wie viel wir einsparen können, auch das kann ich Ihnen nicht beantworten, weil wir haben dafür keine Mengenplanungen. Ich glaube, das Ministerium beginnt jetzt erst."
Es seien jedenfalls noch viele offene Fragen, die es zu klären gilt. Am Ende des Gesprächs teilte die Expertin dann noch mit, dass man "die Haushalte nicht gegen die Industrie" ausspielen sollte. Stattdessen brauche es einen "Schulterschluss".