Welt
Zahl der Todesopfer steigt in Haiti auf fast 2.200
Nach dem schweren Erdbeben steigt die Zahl der Verletzten und getöteten Personen weiter an.
Die Zahl der bestätigten Todesopfer des Erdbebens in Haiti vom Samstag ist um fast 250 auf 2189 gestiegen. Weitere 332 Menschen wurden vermisst, wie die haitianische Zivilschutzbehörde am Mittwochabend (Ortszeit) mitteilte. Mindestens 12.268 Menschen seien bei dem Beben der Stärke 7.2 am Samstag verletzt worden.
Dringend benötigte Hilfe erreichte die betroffene Region nur schleppend. Nach örtlichen Medienberichten gab es Gegenden, in denen die Überlebenden des Bebens verzweifelt auf Unterstützung warteten. In der betroffenen Region im Südwesten des Karibikstaates fehlte es am Nötigsten.
Wie die Regierung mitteilte, fuhren am Mittwoch mehr als zehn Lastwagen mit Hilfsgütern dorthin. Zuvor war nach UN-Angaben ausgehandelt worden, dass Hilfskonvois die Hauptstraße zwischen der Hauptstadt Port-au-Prince und dem Süden des Karibikstaates befahren dürfen, die von Banden kontrolliert wird. Deren Kämpfe um Territorium legen Teile von Port-au-Prince immer wieder lahm und trieben laut UN allein im Juni rund 15.000 Menschen in die Flucht.
Gesundheitseinrichtungen überlastet
Die Direktorin der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (Paho), Carissa Etienne, teilte mit, die Gesundheitseinrichtungen im Erdbebengebiet seien überlastet, 20 von ihnen seien durch das Beben beschädigt und vier zerstört worden. Der Bedarf an medizinischem Personal, Medizin, Ausrüstung und Patiententransport sei immens. Etienne rief die internationale Gemeinschaft zur Hilfe auf. Haitis ohnehin stark unterfinanziertes Gesundheitssystem war schon vor dem Beben aufgrund der sich zuletzt verschlimmernden Corona-Pandemie überstrapaziert gewesen.
Der Chef des Zivilschutzes, Jerry Chandler, räumte im Radiosender Magik9 Verzögerungen bei der Verteilung von Hilfsgütern ein, wie die Zeitung "Le Nouvelliste" berichtete. Er begründete dies demnach mit der schwierigen Organisation, die durch den Durchzug des Tropensturms "Grace" in der Nacht zum Dienstag zusätzlich erschwert worden sei. Dieser hatte mancherorts Überschwemmungen verursacht und zahlreichen Überlebenden zugesetzt, die im Freien schliefen.
Korruption und Verschwendung
Das Beben hatte sich am Samstagmorgen (Ortszeit) nahe der Gemeinde Saint-Louis-du-Sud in einer Tiefe von rund zehn Kilometern ereignet. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden knapp 53.000 Häuser zerstört und gut 77.000 beschädigt. Laut dem UN-Kinderhilfswerk Unicef waren 1,2 Millionen Menschen von der Katastrophe betroffen.
Es traf ein Land, in dem viele Menschen in bitterer Armut leben und das für Naturkatastrophen besonders anfällig ist. Die Erdbebenregion wurde im Jahr 2016 von Hurrikan "Matthew" verwüstet – mehr als 500 Menschen starben. Bei einem Erdstoss der Stärke 7.0 im Januar 2010, dessen Zentrum nahe der dicht besiedelten Hauptstadt lag, waren mehr als 220’000 Menschen ums Leben gekommen.
Ein großer Teil der für den Wiederaufbau bestimmten Mittel kam bei der Bevölkerung nicht an, unter anderem wegen Korruption und Verschwendung. Das Land erlebt außerdem eine tiefe politische Krise, die sich durch die Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse am 7. Juli noch verschärft hat.