Szene
Yung Hurn ist der beste und Strache ist "shit"
Am Sonntag feierte das Gasometer mit dem Donaustädter, der seinen Fans bot, was sie wollten: Verwirrung und ein wenig Sexismus.
Die Schlange vor dem Gasometer hatte am Sonntag einen Altersdurchschnitt von knapp über 14 Jahren. Der Dresscode: Wahllos in die aussortierte Kleidersammlung der Mama greifen und einfach das anziehen, was man herausfischt. Das ist nämlich die Welt von Yung Hurn. Eine Welt, in der eigentlich alles egal ist. Und der Donaustädter, Julian Sellmeister (24), ist die Stimme dieses Volkes.
"Danke Yung Hurn, du bist der beste"
Immer wieder wird der Rapper kritisiert. Seine Texte seien sexistisch, erniedrigend und hätten dann teilweise auch gar keine Sinnhaftigkeit. Wie reagieren Yung Hurn und Fans? Ihnen ist es egal. Denn für die Anhängerschaft ist der Donaustädter eigentlich sowas wie ein Heiliger. Er selbst unterstützt den Kult. Manchmal subtil, manchmal aber auch sehr offensiv.
Denn Yung Hurn schaffte es irgendwie, seine Fans dazu zu bringen, dass sie sich für alles mögliche bei ihm bedanken. Sei es, dass sie Konzerttickets zahlen oder ihn nur sehen "dürfen". Seine Jünger sind ihm für alles dankbar. Auch während des Konzerts im Gasometer wird immer wieder in Stadion-Manier gegröhlt: "Danke Yung Hurn, du bist der beste!"
Alles egal
Wichtig zu wissen ist aber, dass Hurn sich selbst treu geblieben ist. Die Musik, die so klingt als ob er sie zufällig als Sprachnotiz in sein Hand gemurmelt hat und danach gemeint hat, "das wird meine nächste Single", ist nämlich genau das, was der 24-Jährige seit über zehn Jahren macht. Denn bereits in seiner Zeit als Schüler streifte er mit seinen Kollegen durch Donaustadt und freestylte wann und wo er nur konnte. Damals nannte er sich noch "Hurnsräp" und bereits da war es ihm egal, wenn man ihm erklärte, dass Musik, so wie er sie macht, eigentlich nicht funktioniere. Denn auch wenn seine Kritiker vielleicht recht haben, reicht seine falsche Interpretation für Musik für eine knapp zweimonatige Tour durch Deutschland und Österreich. Dabei wurden einige Städte bereits nach kurzer Zeit ausverkauft, wie zum Beispiel auch der letzte Stop: Seine Heimat Wien.
Um kurz nach 20.30 Uhr springt der Messias schließlich auf die Bühne. Es wird gekreischt, als ob das ganze Gasometer eine Spinne im Schlafzimmer entdeckt hätte. Deshalb sind die ersten Töne und Wörter des 24-Jährigen nicht zu verstehen. Das ist aber an dem Abend – wie sollte es anders sein – egal.
Alles Gute, Ewa
Egal ist auch, dass alle Songs ineinander laufen. Es entsteht nämlich kein echter Spannungsbogen, da Herr Hurn in jedem Lied schon den Folgetrack ankündigt, indem er den Refrain einfach im Outro singt. So passiert es, dass es hin und wieder einfach keinen Applaus zwischen den Songs gibt. Aber egal.
Bei dem Konzert ging es allen voran eh nur um eines: Moshpit-Time! Gefühlt alle zehn Sekunden wurde von DJ MisterSir ein Moshpit verlangt. Nicht immer funktionierte es, aber wenn es klappte, dann so richtig. Teilweise war das komplette Gasometer eine sich anspringende Masse. Es flogen Pfandbecher, Shirts und Unterwäsche durch die Gegend. Um Yung Hurn frei zu zitieren: Wenn die Eltern wüssten, was ihre Kinder da machen, dann glaub ich wären sie nicht so happy.
Happy war dafür definitiv Oma Hurn. Gleich zu Beginn der Show erzählt der Donaustädter stolz, dass seine Großmutter heute 80 wird. Ein paar Songs später holt er sie auch auf die Bühne: "Sie heißt Ewa", erklärt er und stimmt ein Geburtstagsständchen an. Seine Oma ist sichtlich gerührt. Es folgt noch ein Foto mit den Fans. Ob sie eigentlich weiß, was ihr Enkerl da so singt? Naja, egal...
Wenn man das Ejakulat aus dem Gesicht wischen muss
Kurze Zeit später stellt der Protagonist des Abends auch seinen isländischen DJ vor. Mit dem führt er gleich ein kleines Interview und fragt ihn, welches Team er denn besser findet: "Austria oder Rapid?" Der Isländer kennt sich kurz nicht aus und ratet: "Austria?" Buh-Rufe im Publikum. Er gewinnt aber die Gunst der Hurn-Anhängerschaft wieder mit der Antwort auf die Frage, was er denn von HC Strache halte: "Oh, he is shit!" Jubel bei den Fans. Ein "Yeaah!" von Hurn himself.
Kurz vor Ende springt der Heilige Hurn zu seinen Anhängern und fragt, ob denn nun wirklich Schluss sei? Ein Mädchen kreischt: "Pony!" in sein Mikro. "Haben wir nicht", mein der 24-Jährige trocken. Bei "Pony" handelt es sich um seine aktuellste Singe, für die er zuletzt einiges an Kritik einstecken musste. Zu erniedrigend. Zu sexistisch. Als dann plötzlich doch der Bass zum Song einsetzt, scheint es für das Gasometer kein Problem zu sein, dass Yung Hurns Bitch ihn wie ein Pony reitet. Auch dass sie Ejakulat im Gesicht hat und sich dieses mit Zewa aus dem Gesicht wischen sollte, fordern die pubertierenden Fans im Chor. Dazu passend werden gigantische Küchenrollen von der Decke gelassen. Aber wie sonst alles an diesem Abend, kann man eh nur zusehen oder mitmachen und sich einfach nur denken: Egal.