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X-Klasse: Die Mercedes-Neuheit ist ein alter Hut

Mercedes kündigte an, erstmals einen Pick-up anzubieten. Dabei hatte man früher schon welche im Programm – zumindest teilweise.

Heute Redaktion
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Vollmundig und mit viel Aufsehen kündigte Mercedes Ende vergangenen Jahres an, heuer eine Lücke in seiner Produktpalette zu schließen: Die X-Klasse, ein Pritschenwagen, auf Basis des Nissan Navara kommt. Was aber kaum einer weiß: Mercedes hat vor 40 Jahren bereits einmal einen Pick-up gebaut - unter bizarren Bedingungen. Auch davor gab es bereits derartige Modelle.

Bereits in den Jahren 1972 bis 1976 bot Mercedes in Argentinien einen Pritschenwagen auf Basis des 220 D ("Strich-Acht", Baureihe W 115) an. Er wurde als Einzel- oder Doppelkabine verkauft. Der von den Argentiniern liebevoll „La Pick-up" genannte Wagen musste noch ohne Allrad auskommen und hatte wie bei Mercedes üblich einen Heckantrieb. Unter der Haube des Pick-ups steckte der für heutige Verhältnisse bescheidene OM 615 Diesel. Er holt aus 2.197 Kubikzentimetern Hubraum gerade einmal 60 Pferdestärken, bringt es auf ein maximales Drehmoment von 125 Newtonmetern und war an ein Automatikgetriebe gekoppelt.

Damals war im wirtschaftlich gebeutelten Argentinien der Import von Fahrzeugen verboten. Aber die Einfuhrbeschränkungen gestatteten den Import von mechanischen Teilen und Karosseriekomponenten. So war eine Montage von Fahrzeugen vor Ort – Hauptsache, es waren keine Pkw – möglich. Diese Lücke nutzte Mercedes. Sie brachten die Bauteile nach Südamerika und setzten den Pritschenwagen auf dem Chassis des W 115 im argentinischen Werk Gonzalez Catan bei Buenos Aires zusammen.

Ein Modell nach Stuttgart geholt

Noch heute rollen viele der Pick-ups mit Stern aus dieser Zeit über argentinische Straßen. Einige wenige Fahrzeuge hat es sogar bis nach Europa verschlagen: So brachte die Eisenbahngesellschaft Stuttgart SSB einen Strich-Acht-Pritschenwagen nach Deutschland. Das Fahrzeug wurde als Servicewagen zum Schmieren der Weichen eingesetzt. Vor einiger Zeit entdeckte Mercedes-Benz den Wagen wieder und restaurierte ihn: Er war nach seinem Einsatz den Stuttgarter Verkehrsbetrieben durch mehrere private Hände gegangen. Er soll auch mit einem Camping-Aufsatz unterwegs gewesen sein, was das geänderte Heck erklären könnte.

Doch der 220 D Pick-Up war nicht der einzige Pritschenwagen mit Stern: Von 1946 bis 1949 wurde der Mercedes-Benz 170 V Pritschenwagen hergestellt und die Baureihe W 120 (im Volksmund "Ponton" genannt) aus den 1950er-Jahren gab es auch als Fahrgestell mit zweitüriger Teilkarosserie, aus der etliche Pritschenwagen entstanden. Neben einer Reihe von Sonderanfertigungen und privaten Umbauten wurde aber auch in einigen wenigen Ländern die G-Klasse (Baureihe 461) offiziell als Pick-up angeboten.

Wieder Exot in Europa

In Österreich und Deutschland sind allradgetriebene Pritschenwagen in der Klasse mit bis zu einer Tonne Nutzlast kein großer Renner. Pick-ups bringen es in den beiden Ländern im Jahr bei den Neuwagen gerade mal auf fünfstellige Verkaufszahlen - und die erste Ziffer ist hier eine Eins. So hat Mercedes mit der X-Klasse weniger den heimischen Autofahrer im Auge, sondern die Märkten in den Nord- und Südamerika, Asien und Australien. Für Europa wird die X-Klasse in Kooperation mit Renault-Nissan im spanischen Barcelona vom selben Band wie der Nissan Navara rollen. (jm)