Wirtschaft

"Wohnung wegnehmen" – wilder Zins-Streit im ORF

Beim Überziehen sind die Bankzinsen gnadenlos, bei Guthaben gibt es aber nichts. Was da getan werden kann, darüber streiten selbst Experten heftig.

Rene Findenig
Monika Köppl-Turyna von Eco Austria und Oliver Picek vom Momentum-Institut in der ORF-"ZIB2".
Monika Köppl-Turyna von Eco Austria und Oliver Picek vom Momentum-Institut in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Sozial- und Konsumentenschutzminister Johannes Rauch (Grüne) hat kürzlich aufhorchen lassen und eine Verbandsklage gegen Banken in Auftrag gegeben. Der Grund dafür: Die Banken machen hohe Gewinne. Die Kundinnen und Kunden profitieren davon aber nicht. Fürs Überziehen werden in Österreich bis zu 13,25 Prozent Zinsen fällig, Kunden bekommen aber keine Zinsen, wenn sie das Geld am Konto liegen haben. "Das ist eine unlautere Vorgangsweise", begründet Rauch im "Ö1-Mittagsjournal". Banken würden Gewinne auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten machen, kritisierte er.

Einerseits macht die Inflation alles immer teurer, andererseits wird auch mit den Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank das Abbezahlen von Krediten immer schwieriger. Einzig Sparern sollten die steigenden Zinsen eigentlich etwas Geld aufs Sparbuch spülen – weiter sind die Bankzinsen aber 0,0 oder 0,1 Prozent festgefroren, während die Banken die Zinsen für sich selbst "einkassieren", so die Kritik von Beobachtern. Braucht es da staatliche Eingriffe wie Kreditzinsdeckel und Mindestsparzinsen? Am späten Dienstagabend beantworteten das zwei Wirtschafts-Experten in der ORF-"ZIB2". 

"Eine Schere, aber kein Marktversagen"

ORF-Moderator Armin Wolf hatte sich Monika Köppl-Turyna vom liberalen Wirtschaftsforschungsinstitut Eco Austria und Oliver Picek vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut ins Studio geladen. Und während Picek als Verfechter eines Zinsdeckels auftrat, sah Köppl-Turyna dadurch sogar das Bankensystem in Österreich in Gefahr. Die Experten hatten aber auch in anderer Hinsicht komplett unterschiedliche Meinungen. Während Picek prognostizierte, dass die Gewinne von Banken heuer "unvorstellbar groß" würden, ortete Köppl-Turyna im Gegenteil, die Banken seien "strukturell wenig profitabel".

Das brachte Picek zum Kochen: Banken würden "billiges Geld" von den Sparern nehmen und es beinahe risikolos bei der Zentralbank veranlagen, die Zinsen würden sie sich selbst einstecken. Bei Krediten aber anders, da werde kräftig aufgeschlagen, so der Experte. Man habe "eine Schere, aber kein Marktversagen", so seine Kontrahentin, es gebe eine "relativ normale Situation". Ja, die Sparzinsen seien nicht so stark gestiegen wie Kreditzinsen, aber der größte Gewinn von Banken werde nicht dadurch erzielt, so Köppl-Turyna. Auch sollte es keinerlei Eingriffe geben, so die Expertin.

"Warten, bis Wohnungen und Häuser weg sind?"

Picek dagegen erklärte, was ohne Eingriffe warte: Kreditnehmern stehe "das Wasser bis zum Hals", viele könnten sich nichts mehr leisten und jetzt würden die Kredite teils Hunderte Euro teurer. Er könne der Idee durchaus etwas abgewinnen, die Übergewinne der Banken abzuschöpfen und besonders betroffenen Kreditnehmern "zur Verfügung" zu stellen – eine Alternative sei ein Schuldenentlastungspaket. Das wiederum regte Köppl-Turyna: Es sei "unvorstellbar", warum man eine Gruppe von Menschen bevorzugen solle. Wenn jemand eine riskante Entscheidung treffe, solle nicht der Steuerzahler einspringen, wenn es "nicht gut" laufe.

Wenn, dann brauche es Beratungen, weil sich einige vielleicht nicht des Risikos im Klaren seien, so die Expertin. Zwischenfrage von Moderator Wolf: Solle man dann einfach warten, bis den Menschen die Häuser und Wohnungen weggenommen werden? "Natürlich nicht", aber das Problem müsse man "gezielt angehen", so Köppl-Turyna. Personen mit niedrigem Einkommen seien eher Meter, Personen mit Eigentum Besserverdiener, wobei die Frage sei, wie "zielsicher" ein solcher Eingriff da sei. Es gebe Vorschläge wie Härtefallfonds, aber eine Deckelung würde Besserverdienern in die Hände spielen.

"Immer die moralische Keule auspacken"

Man könne "immer die moralische Keule auspacken und sagen, du bist selbst schuld", so Piceks bissige Antwort.  Zur Bank gehe man für den Kredit einmal und nehme das Angebot an, außerdem gebe es die Gefahr von Falschberatungen, so der Experte. Bankenaufseher hätten die Banken gewarnt, dass zu viele variable Kredite vergeben würden, die Banken hätten es aber trotzdem getan und es bei den Kunden "durchzubekommen", deswegen sei die Situation in Österreich so dramatisch. Kreditnehmer-Hilfen auf Antrag lehnte Picek wiederum ab, Anträge würden in Österreich eher schlecht funktionieren, bei einem Zinsdeckel würde man aber flächendeckend vorgehen und könne ihn sogar treffsicher gestalten.

Schaffe man einen Höchstbetrag, gebe es für Topmanager mit 10.000 Euro plus und die Luxusvilla nichts, so der Experte. Köppl-Turyna ortete jedoch trotzdem Nachteile, die sogar zu strukturellen Problemen bei Banken führen könnten. Am Ende schenkten sich die beiden Experten gar nichts mehr. Wenn Picek keine gute Meinung von Banken habe, dann werde er wohl zustimmen, dass einen Zinsdeckel erst die Bankkunden würden zahlen müssen, so Köppl-Turyna. "Da überschätzt man ein bisschen, was dieser Zinsdeckel leisten würde", so Picek, es gehe darum, dem System die "Giftzähne" zu ziehen. Und was sollen Sparer nun für mehr Zinsen tun? Picek wünschte sich ein System wie in anderen Ländern, bei dem es für kleine Beträge hohe Fixzinsen gebe, Köppl-Turyna, dass sich Kunden mehr nach Banken mit besseren Angeboten umsehen würden. 

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