Fussball
WM-Star: "Mühsam, wenn Periode auf den Matchtag fällt"
Die Schweizer Teamspielerinnen setzen bei der WM auf Zyklus-Training. Wie sie mit dem Thema Menstruation beim Großevent umgehen.
Bei der Schweizer Frauen-Nati ist die Menstruation kein Tabu-Thema. Seit 2020 schwört das Nationalteam aufs Training nach Menstruationszyklus. Insbesondere Athletik-Trainerin Mélanie Pauli beschäftigt sich seit langer Zeit mit diesem. Die Spielerinnen sind überzeugt – etwa Meriame Terchoun.
Was ist Training nach Periodenzyklus?
"Ich vergleiche es mit einer Uhr, weil im Teamsport verschiedene Faktoren die Leistung beeinflussen können. Wenn nur ein kleines Rädchen nicht stimmt, dann läuft sie nicht mehr rund", erklärt Pauli gegenüber 20 Minuten. "Der Zyklus der Frau ist genau so ein Rädchen." Bei der Nati würden sie sich an der Periode orientieren und vor und nach den Teamtrainings die individuellen Maßnahmen für die Spielerinnen anpassen in den Bereichen Aktivierung, Ernährung, Regeneration.
Generell gibt es im Sport zyklusgesteuertes und zyklusorientiertes Training. Im Teamsport trainiert man zyklusorientiert, weil es nicht um einen einzelnen Athleten geht, sondern um die Gruppe. In Einzelsportarten kann man das Training besser an den Menstruationszyklus anpassen.
Das sagt die Spielerin
Offensivspielerin Meriame Terchoun fing 2019 nach ihrem dritten Kreuzbandriss innert drei Jahren an, sich intensiv mit ihrem Zyklus zu beschäftigen. Seither hatte sie keine große Verletzung mehr. Sie glaubt, dass das zyklusorientierte Training der Grund ist. "Es hat mein Leben auf den Kopf gestellt." Die 27-Jährige nimmt keine hormonellen Verhütungsmittel, hat daher während ihrer Tage starke Symptome. "Es ist schon mühsam, wenn die Periode auf den Matchtag fällt. Gegen die Philippinen war das der Fall." Ihr erster Gedanke am Morgen: "Nicht dein Ernst?!" Einen Einfluss auf die Aufstellung haben die Tage aber selten. "Es gibt Maßnahmen und auch Schmerzmittel."
Die Nati-Spielerin schwört auf das zyklusorientierte Training, erzählt, dass alles mittels einer App überwacht werde. Das Gute bei ihr: "Meine Tage kommen immer auf den Tag genau." Das mache es leichter bei der Planung. Im Gegensatz zu ihr gibt es Nati-Kolleginnen, die hormonelle Verhütungsmittel nehmen. Terchoun: "Die haben vielleicht weniger Symptome."
Hilft das Training, um bereit für die Spiele zu sein?
Ja. Es ist ein zusätzliches, natürliches Monitoring-Tool, das hilft, zu wissen, in welchem Zustand sich eine Spielerin befindet. Zusammen mit allen anderen Maßnahmen und Erkenntnissen ist eine Belastungssteuerung möglich, damit die Spielerinnen am Tag X bereit sind. Mélanie Pauli erklärt: "Wenn man eine Strategie entwickeln kann, um PMS (Prämenstruelle Symptome) wie beispielsweise Bauchkrämpfe oder Rückenschmerzen zu lindern, ist das eine wertvolle Lösung."
Haben Kreuzbandrisse und der Zyklus was miteinander zu tun?
Es gibt Studien (etwa von der Charité Berlin), die zeigen, dass ein Großteil der Kreuzband-Verletzungen bei Frauen um den Eisprung herum, wenn der Östrogenwert am höchsten ist, passieren. Möglicher Grund: Zwar haben die Spielerinnen dann am meisten Power, aber das Östrogen macht die Bänder lax. Auch Teamärztin Tanja Hetling sagt dem SRF, dass die Menstruation neben "anatomischen Nachteilen" einen Einfluss habe.
Gefordert wird nun mehr geschlechterspezifische Forschung. Die Datenbasis, die man bis heute hat, kommt aus dem Männerbereich. Tatsache laut Experten ist, dass die Gefahr eines Kreuzbandrisses bei Frauen generell fünf- bis achtmal höher ist als bei Männern. Bei der Frauen-WM 2023 fehlen so auch viele Stars wegen genau dieser Verletzung – Nati-Talent Iman Beney (16) riss sich kurz vor der WM das Kreuzband.
Österreichs Teamspielerinnen konnten sich nicht für die WM qualifizieren. Mit diesem Kader trat das ÖFB-Team bei der letzten EURO an: