Tod von Ebrahim Raisi
Wirbel um angebliches Foto von Helikopter-Wrack
Ebrahim Raisi ist tot. Nach der Bekanntgabe seines Hubschrauber-Absturzes tauchten auf Social Media und in einigen Medien falsche Fotos auf.
Am Sonntag ist der Helikopter mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi an Bord verunglückt. In der Nacht auf Montag wurde das Wrack nach stundenlanger Suche auf einem Berg im Nordwesten des Irans gefunden. Raisi und seine Begleiter wurden für tot erklärt.
Alte Bilder verbreitet
Schon kurz nach der Meldung vom Fund tauchten Bilder auf, die angeblich die Überreste des Helis zeigten. Verbreitet wurden sie nicht nur auf Social Media, sondern auch von renommierten Bildagenturen wie Reuters, DPA oder Imago, wo sie als aktuell und authentisch deklariert wurden.
Doch die Aufnahmen sind weder aktuell noch zeigen sie ein Heliwrack oder einen Suchtrupp aus diesem Jahr. Sie stammen aus dem Jahr 2020 und dokumentieren den Absturz eines Trainingsflugzeugs der iranischen Polizei und die damaligen Bergungsarbeiten. Die Bildagenturen zogen die Aufnahme schließlich zurück.
Wie konnte es zu der fehlerhaften Verbreitung kommen?
Bildagenturen verbreiteten die Aufnahmen
Es waren nicht nur Social-Media-Userinnen und -User, die die Bilder teilten, sondern auch renommierte Bildagenturen wie Imago Images, DPA und Reuters. Das Bild vom vermeintlichen Heli-Wrack ist bei beiden Anbietern am Dienstag nicht mehr verfügbar. Reuters hat es mit einem sogenannten "Picture Kill" versehen.
Laut dieser hat Reuters die Redaktionen angewiesen, das Bild zu löschen und von ihren Servern zu entfernen. Man habe eine weltweite Bildsperre für die Heli-Aufnahme verhängt. Bis zum Abend hat Reuters keine Stellungnahme zu dem Vorfall abgegeben.
Die DPA erklärt, das Bild zurückgezogen zu haben, "da es vermutlich nicht die aktuelle Unfallstelle zeigt."
Auf Anfrage teilt die Bildagentur Imago mit, das Bild vom vermeintlichen Heli-Wrack am 20. Mai um 7.40 Uhr von der Agentur Zuma zugesendet bekommen zu haben. Als Quelle sei "Iranian State Tv via ZUMA Press Wire" angegeben worden. Um 10.06 Uhr sei das Bild auch noch von der französischen Agentur ABACAPRESS übermittelt worden.
"Uns erreichte gestern um 18.14 Uhr ein Hinweis von Zuma, dass das Bild zu entfernen sei", so Sven Pehrs, Leiter der Imago-Bildredaktion. In diesem Zuge sei dann auch die Aufnahme von ABACAPRESS entfernt worden. Eine "Kill Notice" habe es von ABACAPRESS bisher allerdings noch nicht gegeben. Ein Faktencheck habe vor der Bereitstellung in der Imago-Datenbank nicht stattgefunden, da man eine Plattform für diverse Bildanbieter sei. "Diese garantieren uns die Rechte und Informationen zu den Bildern", erklärt Pehrs. "Wir konnten auch selbst nur auf die gelieferten Informationen vertrauen und hatten keine Hinweise, diese konkreten Bilder des Iranischen TV Senders (?) zu hinterfragen." Man bespreche den Vorfall nun auch mit den Bildanbietern.
Das zweite von Imago bereitgestellte und ebenfalls aus dem Kontext gerissene Bild war am Dienstagmittag immer noch bei der Bildagentur abrufbar. Sie sei ebenfalls am 20. Mai "gegen 10.06 Uhr von ABACAPRESS überspielt worden", so Pehrs. "Wir prüfen das mit ABACAPRESS."
Auf dem Wrack-Bild steht ein Teil des Wracks besonders im Fokus, auf dem die iranische Flagge und die Zahlen 1136 zu erkennen ist. Es handelt sich um ein Seitenruder eines Flugzeugs. Seitenruder kommen zwar auch bei Helikoptern vor, sehen dort aber anders aus. Raisi und seine Begleiter stürzten mit einem Helikopter des Typs Bell 212 ab. Bei Maschinen dieses Typs ist das Seitenruder schmaler als auf dem fälschlicherweise verbreiteten Bild. Zudem zeigen aktuelle Aufnahmen des Raisi-Helikopters, dass das Ruder blau und nicht weiß ist. Es kann sich also nicht um eine Aufnahme des verunglückten Helis handeln.
Bilderrückwärtssuche zeigt: Wrack-Aufnahme stammt aus dem Jahr 2020
Die umgekehrte Bildersuche zeigt, dass es sich um eine alte Aufnahme handelt: Während die Suchen auf Google und Tineye ins Leere laufen, führt die Bilderrückwärtssuche mit Bing.com zu einem Artikel vom 23. April 2020. Damals veröffentlichte die iranische Plattform Techrato.com das Bild im Zusammenhang mit dem Absturz eines Polizeiflugzeugs bei Salman Shahr in der iranischen Provinz Mazandaran. Als Absturzursache werden darin widrige Wetterbedingungen und eingeschränkte Sicht des Piloten genannt. Die Website Aviation-safety.net liefert weitere Details: Verunglückt war damals eine Cessna T206H Turbo Stationair TC, die von Bishe Kola nach Aseman Rey unterwegs war. Zwei Personen starben.
Auch andere Portale berichteten damals über den Vorfall. Etwa die offizielle Nachrichtenagentur des Irans Irna.ir und Rokna.net, die weitere Bilder vom Wrack veröffentlichten. Der Fotodienst der Nachrichtendienstes Mizan veröffentlichte am 22. April 2020 auf Instagram mehrere Fotos von dem Wrack und den Bergungsarbeiten. Darunter auch jenes – Bild 3 der Serie – das fälschlicherweise im Zusammenhang mit dem Absturz des Helikopters des iranischen Präsidenten geteilt wurde.
Fazit
Aufnahmen, die angeblich das Wrack des iranischen Präsidenten und eine Bergungsmannschaft zeigen und weite Verbreitung fanden, wurden aus dem Zusammenhang gerissen. Die Bilder stammen aus dem Jahr 2020 und dokumentieren den Absturz eines Trainingsflugzeugs der iranischen Polizei. Die Bilder wurden nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch von mindestens zwei Bildagenturen irrtümlich verbreitet.
Unter anderem von Imago Images, die die Bilder jeweils von anderen Bildanbietern bekommen hatte. Mittlerweile hat die Agentur beide Bilder aus der Datenbank entfernt. Das eine, nachdem ein Bildlieferant dies gefordert hatte. Das andere, nachdem "20 Minuten" auf den tatsächlichen Zusammenhang hingewiesen hatte. Der Vorfall zeigt, dass auch Bildagenturen nicht vor Fehlern gefeit sind.
Auf den Punkt gebracht
- Der iranische Präsident Ebrahim Raisi ist bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen
- Nach der Bekanntgabe des Unglücks wurden falsche Fotos des Wracks verbreitet, die sich als Bilder eines früheren Flugzeugabsturzes herausstellten
- Sowohl Social-Media-Nutzer als auch renommierte Bildagenturen wie Reuters und DPA teilten die irrtümlichen Aufnahmen, die mittlerweile zurückgezogen wurden