Wirtschaft
Ansage in ZiB2: "Da sind wir dem Kreml ausgeliefert"
WIFO-Chef Felbermayr überraschte in der "ZiB 2" mit einer neuen Entlastungs-Idee. Doch im Winter müsse man sich trotzdem Sorgen machen.
Preisdeckel sind zweifelsohne das Thema der Stunde. Ob Sprit, Lebensmittel oder Energie: Auf alles davon sind wir alle angewiesen, doch ein immer größerer Teil des Einkommen muss dafür aufgewendet werden. Die Forderungen der SPÖ versuchte Bundeskanzler Karl Nehammer rasch im Keim zu ersticken. Es sei eine einfache Lösung auf komplexe Probleme. Es brauche entschiedene Maßnahmen auf europäischer Ebene, sonst gibt es nachher nur zwei Entscheidungen – "Alkohol oder Psychopharmaka."
Das mächtigste Landesoberhaupt, Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), sieht das etwas differenzierter. Die Regierung brauche eine klare Führung, sagte sie am Samstag überraschend. Über Preisdeckel müsse man offen diskutieren. Ähnlich klingt die Wortmeldung von Finanzminister Magnus Brunner: Er teile diese Meinung, "dass auf EU-Ebene die Diskussion über die Marktmechanismen ernsthaft geführt werden muss". Das beinhalte auch Markteingriffe an den europäischen Gas- und Energiemärkten.
Es gibt allerdings auch große Risiken, so Brunner. Aus diesem Grund sträubt sich sogar der grüne Vizekanzler Werner Kogler. Also was sagen die Experten zu diesem Thema, zu möglichen Bremsern der Inflation? Im Studio der "Zeit im Bild 2" war dazu WIFO-Chef Gabriel Felbermayr bei Martin Thür im Interview.
"Staatliche Eingriffe verschieben Problem nur"
"Es ist klar, dass die hohen Energiepreise eine Riesen-Belastung sind", stellte Felbermayr einleitend klar. Ob eine behördliche Vorgabe in Form eines Preisdeckels die richtige Lösung sei, wage er aber zu bezweifeln. "Da gibt es ein paar andere Ideen." Durch staatliche Eingriffe könne man das Problem nur verschieben. Man müsse stattdessen auf europäischer Ebene nach neuen, günstigeren Energiequellen suchen.
In Sachen Gas müsse man möglichst Gegendruck auf Russland machen, etwa sich zusammenschließen und ein Einkaufskartell bilden. So könnte man die Gas-Preise Russland und anderen potentiellen Lieferanten gegenüber womöglich absenken. Auch ein Preisdeckel für die Stromerzeugung durch Gas sei eine Option. Das müsse aber gleichermaßen auf europäischer Ebene passieren.
"Was mich aber wunder, ist, dass wir noch nicht weiter sind." Immerhin ist es bereits der vierte Monat des Kriegs und es gibt noch immer keine klare europäische Antwort.
"Im Winter muss man sich Sorgen machen"
Eine weitere Möglichkeit: Ein Deckel auf Stromrechnungen, statt auf Strom an sich. Es könnte eine Art "Freistrom" geben, eine Gutschrift. Funktionieren soll das so, dass man etwa 80 Prozent der vorigen Jahresverbrauchs für denselben Preis bekommt und für die restlichen 20 Prozent den neuen, teureren Preis zahlt. So würde man zum Stromsparen angespornt werden und nur geringfügig mehr zahlen als sonst.
Aktuell sei es so, dass Russland die Sanktionen trotzdem deutlich härter treffen als die EU. Die heimische Wirtschaft wächst (wenn auch langsamer), die russische wird um rund acht Prozent schrumpfen. "Im Winter muss man sich schon Sorgen machen", ließ der WIFO-Chef aufhorchen. "Da sind wir dem Kriegsherrn im Kreml ausgeliefert." Russland könne kurzfristig auf die Gas-Einnahmen verzichten. "Bei uns würde das eine massive Rezession auslösen."