Mehrere Gründe
Wieso Ärzte im OP grüne und blaue Kleider tragen
Ärzte werden wegen ihrer weißen Kittel oft die "Götter in Weiß" genannt. Im Operationssaal dominieren jedoch andere Farben.
Kittel, Hose, Hemd und Schuhe: Die meisten Ärzte tragen weiße Kleidung bei der Arbeit. Nicht jedoch Chirurgen in Operationssälen. Dort ist blaugrüne Kleidung angesagt – aber nicht aus modischen Gründen. Die Farben sollen ihnen vielmehr die Arbeit erleichtern und die Erfolgsaussichten des Eingriffs verbessern. Wir klären auf.
Blau und Grün stressen die Augen weniger als Weiß
Blau und Grün schonen die Augen des OP-Personals. Weiß dagegen strengt die Augen an. Besonders in Kombination mit den leistungsstarken OP-Leuchten kann es blenden, weil es das Licht reflektiert. Das lässt die Augen schnell ermüden. Da Operationen durchaus mehrere Stunden gehen können, ist es wichtig, die Augen nicht zu überanstrengen. Schließlich sollen die Operateure bis zum Ende des Eingriffs ganz genau hinschauen können.
OP-Kleider waren früher weiß
Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde auch in Operationssälen Weiß getragen. Schließlich galt das als Farbe der Reinheit. Doch dann soll ein einflussreicher Arzt realisiert haben, dass Grün viel besser geeignet sei. So heißt es zumindest in einer Ausgabe von "Today's Surgical Nurse" aus dem Jahr 1998. Andere seien seinem Beispiel dann gefolgt.
Blaugrün wirkt dem Nachbildeffekt entgegen
Die OP-Farben Blau und Grün helfen zudem, den sogenannten Nachbildeffekt abzuschwächen. Dieser tritt auf, wenn man längere Zeit auf ein farbiges Objekt blickt und dann die Augen auf eine weiße Fläche richtet. Dann erscheint ein sogenanntes Nachbild in der Komplementärfarbe des ursprünglichen Objekts.
"Dabei handelt es sich um optische Täuschungen", erklärt Philippe de Gottrau, Chefarzt der Klinik für Ophthalmologie am Freiburger Kantonsspital (HFR), in einem Blog-Eintrag. "Durch die starke Lichteinstrahlung prägt sich das Gesehene im Gehirn ein und wird einen Moment später nachgebildet, obwohl sich das Sichtfeld verändert hat." Die blaugrüne Farbe der OP-Kleidung sei hingegen bereits komplementär zum Rot der Organe und des Blutes, heißt es beim HFR. Dadurch würde der Nachbildeffekt minimiert. Dadurch wird der Blick der operierenden Personen weniger gestört, was Fehler reduzieren soll.
Anblick von Blau und Grün kann Scharfsicht auf Rotes verbessern
Einen weiteren Vorteil von blauer oder grüner Kleidung nennt der Psychologe John Werner von der University of California in Davis gegenüber Livescience.com: Wenn die Personen im OP die ganze Zeit auf verschiedene Rottöne blickten, verschwämmen irgendwann die Grenzen und es falle ihnen schwerer, die verschiedenen Organe auseinanderzuhalten. Wenn sie aber zwischendurch auf etwas Blaugrünes blicken könnten, würde das zu einem erneuten Scharfstellen der Augen führen. Danach fielen die Unterscheidungen wieder leichter.
Psychologische Auswirkungen
Die Farbwahl wirkt sich zudem auch auf die Psyche aus: So soll Grün beruhigend wirken. Blau hingegen strahlt Ruhe aus und soll die Leistungsfähigkeit steigern. Alles Aspekte, die für Operierende wichtig sind.
Praktische Gründe
Der Entscheid für blaue oder grüne Kleider hat zudem einen praktischen Nebeneffekt. Weil sich die OP-Kleidung farblich deutlich von normaler Spitalkleidung abhebt, kann sie einfach von dieser unterschieden werden. Dadurch wird unter anderem sichergestellt, dass die Kleider korrekt gereinigt werden. Denn die OP-Textilien müssen besonders steril sein, damit keine Keime in die offenen Wunden gelangen.
Auf den Punkt gebracht
- Im Operationssaal tragen Chirurgen blaugrüne Kleidung, um ihre Augen zu schonen, den Nachbildeffekt zu minimieren und die Scharfsicht auf rote Organe zu verbessern
- Diese Farbwahl hat auch psychologische Auswirkungen, da Grün beruhigend wirkt und Blau die Leistungsfähigkeit steigert
- Zudem erleichtert die farbliche Unterscheidung die Reinigung der OP-Kleidung aus hygienischen Gründen