Österreich
Wiener Vierfachmama saß 9 Monate (!) unschuldig in Haft
Eine gebürtige Wienerin wurde zu unrecht als Serien-Brandstifterin verdächtigt und inhaftiert. Nach ihrem Freispruch kämpft sie nun um Gerechtigkeit.
261 Tage schmorte Nicole T. aus Birkfeld (Stmk.) nach einer mysteriösen Brandserie unschuldig in einer Grazer Gefängniszelle. "Vor drei Jahren wurden in kurzer Zeit in unserem Ort insgesamt vier Feuer gelegt", erzählt die 42-Jährige im "Heute" - Video-Interview. Zuerst glühte ein Holzscheit beim Nebenhaus, dann brannte das Hinterrad vom Arbeits-Auto ihres Mannes. Kurz darauf vernichtete ein Großbrand die Scheune eines Nachbarn (600.000 Euro Schaden). "Zuletzt schwelte sogar ein gelegtes Feuer in unserem Keller", erinnert sich die Vierfachmama.
Die rätselhafte Brandserie (1/4)
„"Mein Vierjähriger sagte ‚Tschüss Mama bis bald‘ – das war das Letzte was ich von ihm gesehen habe für 9 Monate““
"Am 26. März 2019 legten mir sechs Beamte vor den Augen meiner Kinder Handschellen an. Mein damals Vierjähriger winkte noch und sagte ‚Tschüss Mama bis bald‘ – das war das Letzte was ich von ihm gesehen habe bis zum 11. Dezember.“ So lange war sie inhaftiert – ihr drohten bis zu 10 Jahre bei einer Verurteilung. "Kein Tag verging, an dem ich nicht an meinen Sohn dachte."
Die emotionale Verhaftung (2/4)
Die nervenaufreibende Gerichtsverhandlung (3/4)
Die vielen Brände in ihrer unmittelbaren Umgebung brachten einst den Ort in die Zeitungen und sie ins Visier der "oberflächlich und einseitig ermittelnden Beamten", so die beiden Anwälte Alexander und Christoph Scala. Das Brüderpaar erreichte in einem Indizienprozess "ohne Indizien" im August 2020 rechtskräftige Freisprüche von allen Brandstiftungs-Vorwürfen. "Mein Fehler war, dass ich den Polizisten blind vertraute", bereut die 42-Jährige, sich nicht sofort juristische Hilfe geholt zu haben.
Der schwierige Blick in die Zukunft (4/4)
Der Richter sprach T. frei
Nicole T. fordert nun eine Entschädigung für die lange Untersuchungshaft trotz Unschuld und für das erlittene seelische und finanzielle Leid: "Der Richter war zum Glück auf meiner Seite, aber der Staat hat mich ruiniert", klagt sie an. "Ich will Gerechtigkeit und mein Geld. Ich habe durch die Haft jede finanzielle Unterstützung verloren." Trotz aller Genugtuung über ihren Freispruch bleibt ein fahler Beigeschmack: "Es hieß, es würde jetzt neu ermittelt. Da bin ich sehr gespannt, denn ich will wissen, wem hab es zu verdanken hab, dass ich da drin war", so T. Die Staatsanwaltschaft dagegen zeigt sich weiter stur, erklärte auf "Heute"-Anfrage den Freispruch zwar zu akzeptieren, aber nicht neu gegen Unbekannte ermitteln zu wollen. "Wir gehen nach wie vor von einer Täterschaft der Freigesprochenen aus." Laut den Verteidigern Scala eine "rechtsstaatlich bedenkliche Einschätzung."