Wien
Wiener Student soll 480 Euro für Google-Kritik zahlen
Ein Notar will die Löschung der Rezension, der Wiener Student soll die Anwaltskosten zahlen: "Die schüchtern Menschen ein und kassieren dafür Geld!"
Die Mutter von Dominik (24) ist sehbehindert (Name von der Redaktion geändert). Als Dominiks Tante im Dezember 2020 verstarb, halfen er und seine Freundin bei der Abwicklung der Erbschaft. Sie fuhren die Mutter zu Terminen beim Notar, saßen mit ihr im Wartebereich. Das Erlebte fasste der Sohn in einer negativen Google-Bewertung zusammen. Die Rezension könnten den Studenten nun teuer zu stehen kommen.
Am 28. Mai 2021 trudelte ein Anwaltsbrief ein: "Der Rechtsanwalt Michael Rami hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, das Jahr aus der alten Vorlage zu ändern. Der Brief war auf 19.05.2020 datiert: Ich solle meine Bewertung löschen und für sein Einschreiten 480 Euro überweisen. Der Notar würde sonst gerichtlich gegen mich vorgehen", wie Dominik im Gespräch mit "Heute" schildert. Was dem Studenten laut Experte von der Arbeiterkammer rechtlich zum Verhängnis werden könnte: Er war nicht der Kunde des Notars.
"Man hat Leuten erfolgreich Angst gemacht"
Eben dieses Argument führt auch Anwalt Rami gegenüber "Heute" an: "Der Student hatte kaum etwas mit dem Notar zu tun und war nicht der Kunde. Die Bewertung ist falsch und die Forderung auf Löschung gerechtfertigt." Dominik erhebt noch einen weiteren Vorwurf: Das Vorgehen von Anwalt und Notar sieht er als Einschüchterungstaktik "Sie schüchtern Menschen ein, die wenig rechtliches Wissen haben und kassieren dafür noch Geld. Damals hatte der Notar 2,4 von 5 Sternen auf Google und 5 Bewertungen. Heute sind es 4 von 5 Sternen und weniger Bewertungen. Man hat somit Leuten erfolgreich Angst gemacht und negative Bewertungen wurden gelöscht", wie Dominik ausführt."Heute" hat beim Anwalt nachgefragt, ob schon auch andere Usern aufgefordert wurden negative Bewertungen zu löschen. Rami dazu: "Nicht, dass ich wüsste. Das sagt mir nichts".
Experten-Tipps für Google-Bewertungen
Bezahlen will Dominik die Anwaltskosten jedenfalls nicht: "Auf gar keinen Fall! Das war eine gerechtfertigte Bewertung. Die Dame am Empfang war extrem unfreundlich und wir mussten sehr lange warten, obwohl wir einen Termin hatten. Im Prozess selbst gab es keine Transparenz, was gerade passiert." Nach der Besichtigung der Erbschaft hätte die Mutter außerdem erzählt, dass der Notar unpassend gelacht hätte, "weil es eben nicht viel zu erben gab", schildert Dominik.
Was bei Online-Bewertungen erlaubt ist, hat "Heute" beim Konsumentenschützer Jakob Kalina von der Arbeiterkammer Wien nachgefragt. Zum Fall des Studenten sagt Kalina: "Wenn eine Person die Erfahrung nicht selbst gesammelt hat, kann genau das zum Problem werden. Ich kenne zwei solcher Fälle und beide Male musste die Bewertung gelöscht und die Gerichtskosten übernommen werden". Sein Rat an den Studenten: "Die Kosten erscheinen mir recht hoch. Er sollte sich vom Anwalt eine Aufstellung schicken lassen, wie sich die Summe zusammensetzt". Eine Broschüre zu rechtlichen Fragen rund um Online-Bewertungen stellte die Arbeiterkammer online zur Verfügung.
Wenn Sie die Erfahrung nicht selbst gemacht haben, heißt es: "Sie waren ja gar nicht dort". Schreiben Sie Bewertungen also nie im Namen einer anderen Person.
Bleiben Sie am Boden der Realität. Oft ist das Problem, dass in der Emotion geschrieben und überspitzt formuliert wird. Schreiben Sie nur, was sie beweisen können oder schildern Sie persönliche Eindrücke: "Ich fand es gut/schlecht, dass... Ich persönlich fand,..". Solche Bewertungen sind von der Meinungsfreiheit gedeckt. Strafbar sind Beleidigungen, Kreditschädigung oder die üble Nachrede, etwa, wenn ich jemanden Betrüger nenne oder einen Arzt als Kurpfuscher bezeichne.
Reagieren Sie unbedingt auf ein Schreiben vom Anwalt, sonst wird es nur schlimmer und es kann zur Klage kommen. Eine erste Einschätzung der Lage gibt die AK oder der Internet Ombudsmann. Dort bekommen Sie auch juristisches Rüstzeug und Vorlagen, um Anwälten zu antworten. Viele schicken einfach mal einen Brief weg, um die schlechte Bewertung wegzubekommen.