Wien
Wiener leiden unter Hitzewelle – Dutzende suchen Hilfe
Dutzende Wiener mit Hitzebeschwerden melden sich mittlerweile bei der Gesundheitshotline. In Zukunft könnten es deutlich mehr werden.
Die Gluthitze macht Wien zu schaffen. Tagelang wurden über 30 Grad verzeichnet, erst zum Ende der Arbeitswoche wird mit einigen Regenschauern auch etwas Abkühlung erwartet. Bis dahin erleben die Wiener laut aktuellen Prognosen noch einige Tropennächte in denen die Temperaturen nicht unter 20 Grad fallen. Für den menschlichen Körper ist das eine zusätzliche Belastung.
Die aktuelle Sommerhitze im ganzen Land wird in Wien durch die hohe Stadtverbauung – man spricht von Städtischen Hitzeinseln (Urban Heat Islands) – auch noch verstärkt, weshalb das Rathaus mit "coolen Straßen" und anderen Maßnahmen gegengesteuert wird. Dazu gehört auch die Hitzeberatung über die Gesundheitshotline 1450. Die Nachfrage nach Tipps und Beistand ist aktuell enorm, berichtet der ORF Montagabend.
Pro Tag würden rund 600 Anrufe entgegengenommen, zumindest ein Zehntel davon bezieht sich auf Hitze-Beschwerden wie Schädelbrummen und Schwindel. Das Fachpersonal aus Gesundheit und Pflege hilft den Wienern unter anderem mit der Durchgabe von Sofortmaßnahmen. Hinsetzen, Füße hoch und Wasser trinken.
Danach wird anhand einer Checkliste überprüft, ob es geholfen hat: Wir machen eine Dringlichkeitseinschätzung. Wir schauen, reichen die Hitzetipps, die wir geben oder muss man einen Arzt aufsuchen“, erklärt 1450-Teamleiterin Claudia Gaffal dem Rundfunk. Bei akuten Problemen wird die Berufsrettung gerufen.
Oberarzt Bernhard Schefzick über das weitere Prozedere: "Die Patienten bekommen eine Flüssigkeitssubstitution, Infusionen und werden bei Bedarf ins Spital gebracht".
Seitens der Berufsrettung sieht man bei der Summe der täglichen Einsätze – circa 900 – noch keinen signifikanten Anstieg. Das liegt unter anderem daran, dass es zwischendurch auch kühlere Tage und Nächte gab.
"Die Personen, die vielleicht besonders empfindlich sind, haben [...] die Gelegenheit gehabt, sich zu erholen", sagt Schefzick dazu. Die Kollegen des Samariterbundes hatten allerdings schon alle Hände voll zu tun:
Sommer verändern sich rapide
Dazu kommt, dass in der Stadt, aber auch dem Rest Österreichs, mit immer stärkerer Hitzeentwicklung in den kommenden Jahrzehnten zu rechnen ist. Historische Aufzeichnen der GeoSphere Austria (GSA, früher ZAMG) zeigen, dass es im langjährigen Schnitt seit Generationen nicht so heiß war wie jetzt.
In den Sommermonaten brutzelt die Sonne mittlerweile nur so vom Himmel, Regentage haben abgenommen und treten in immer länger werdenden Intervallen auf. Durchschnittlich wurden in den Jahren 2000 bis 2019 an einer der ältesten Messstation Österreichs, die Hohe Warte in Wien, 23,5 Hitzetage pro Jahr verzeichnet.
INFOGRAFIK: Die Zahl der Hitzetage nimmt in der Wiener Innenstadt zu
In der Inneren Stadt waren es dank des Effekts der Städtischen Hitzeinseln derweil um die 30, wobei besonders seit 2010 die 40er-Marke bei der Anzahl der Hitzetage mehrfach durchbrochen wurden. Um offiziell als Hitzetag zu zählen, muss die Temperatur im Tagesverlauf mindestens die Marke von 30,0 Grad Celsius erreichen.
Die Generation, die wohl in den 1970er und 1980ern aufwuchs, erlebte etwas anderes. An derselben Messstation gab es in dieser Periode im Schnitt nicht einmal halb so viele Hitzetage. Je weiter man zurückgeht, umso krasser wird der Unterschied.
INFOGRAFIK: So erlebten die letzten vier Generationen die Sommer ihrer Jugend
Der bis dahin älteste Mann Österreichs (*1914) verstarb in diesem April in seinem 110. Lebensjahr. Als dieser Mann aufwuchs, waren die klimatischen Bedingungen in Wien völlig andere. In seinen ersten 20 Lebensjahren waren die Sommer deutlich kühler. Ein Hitzetag, früher sagte man auch Tropentag, war eine Seltenheit, die im Schnitt weniger als 3 Mal im Jahr (!) auftrat. Fast so wie heutzutage Schnee in Wien...
Selbige Entwicklung zeigt sich natürlich auch bei den sogenannten Sommertagen (ab 25,0 Grad Celsius) im Zeitverlauf.
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