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Wiener Domina: "Bordelle so schnell wie möglich öffnen"

Domina und Aktivistin Shiva Prugger spricht im "Heute"-Interview über die schwierige Lage der Sex-Arbeiterinnen in Österreich und deren Existenzkampf.

André Wilding
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Domina und Aktivistin Shiva Prugger
Domina und Aktivistin Shiva Prugger
privat

Seit 8. Februar befindet sich Österreich wieder im Lockdown light! Die Geschäfte und Schulen sind wieder geöffnet und auch körpernahe Dienstleister, wie Friseure, Masseure und Co., dürfen wieder Kunden empfangen. In Prostitutionslokalen, wie Bordellen oder Laufhäusern, herrscht aber weiterhin "tote Hose".

"Heute" hat die Wiener Domina Shiva Prugger zum Interview gebeten und mit ihr über den Überlebenskampf der Sex-Arbeiterinnen in Zeiten der Corona-Pandemie gesprochen. Darin erklärt die Aktivistin unter anderem auch, warum für viele Prostituierte Hausbesuche, die seit 8. Februar erlaubt sind, nicht in Frage kommen.

"Heute": "Bordelle müssen auch im Lockdown "light" geschlossen bleiben, obwohl es bereits gute Testmöglichkeiten und strenge Hygienevorschriften für körpernahe Dienstleister, wie bei einem Friseur-Besuch, gibt. Ist das fair?"

Shiva Prugger: "Mittlerweile sind alle Prostitutionslokale bereits seit Anfang November geschlossen. Das sind mittlerweile fast 3,5 Monate. Davor war es möglich, vier Monate zu arbeiten. Keine lange Zeit, um auf den nächsten Dauer-Lockdown zu sparen. Ich halte davon nicht viel, denn wie sich jeder vorstellen kann, lässt sich das physiologische Grundbedürfnis vieler Kunden, ihre Sexualität im Bordell auszuleben, nicht einfach durch ein Verbot abschalten. Sex-Arbeit verschiebt sich durch ein Verbot in illegale Strukturen, in denen Frauen ungeschützt und erpressbar sind, möglicher Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt sind und zudem das Risiko haben, eine Strafe zu bekommen."

Was würden Sie sich daher für die Sex-Arbeit in Österreich wünschen?

Je länger ein Lockdown dauert, desto mehr können sich diese Strukturen verfestigen und die Möglichkeiten, diese zu kontrollieren, sind schwierig. Angesichts dessen wäre ich sehr dafür, dass man die Prostitutionslokale so schnell wie möglich wieder öffnet. Und wenn man will, geht das auch, denn wir haben mittlerweile eine gute Testinfrastruktur und somit wäre ein Arbeiten für beide Seiten sicher und vor allem gäbe es in diesem Bereich die Möglichkeit einer Kontrolle.

Bordelle und Laufhäuser sind zwar geschlossen, Hausbesuche sind aber erlaubt. Warum wollen viele Prostituierte aber keine Hausbesuche machen und wo liegen hier die Gefahren?

Was das Coronavirus betrifft, haben Sexarbeitende, die einen Kunden daheim besuchen, kaum Einfluss auf hygienische Gegebenheiten. Wurde gut gelüftet, desinfiziert, etc. Rechtlich gesehen bräuchte der Kunde, wenn er in seinen privaten Räumlichkeiten ist, auch keinen Corona-Test. Hausbesuche kommen für viele Frauen nicht in Frage und noch weniger, wenn sie einen Kunden noch gar nicht kennen. Die Frauen haben zum Beispiel keinen Schutz vor möglichen Übergriffen, da es keinen Alarmknopf gibt oder anwesende Kolleginnen, wie etwa in einem Laufhaus oder Bordell.

Wie groß ist die (Geld-)Not der Sex-Arbeiterinnen derzeit wirklich und wovon leben die Prostituierten aktuell?

Die Frauen werden von Woche zu Woche verzweifelter. Das geht zum Teil bis zur drohenden Obdachlosigkeit. Es gibt viele, die durch alle staatlichen Auffangnetze fallen und ohne Geld dastehen. Das hat verschiedene Gründe, beispielsweise kann man keinen Härtefallfond beantragen, wenn man keine österreichische Kontonummer hat oder vom Lokalbetreiber pauschalbesteuert wurde. Würden solche Frauen unbürokratisch finanziell aufgefangen werden, dann wären einige von ihnen auch nicht gezwungen, illegal zu arbeiten, um irgendwie zu überleben.

Wer hilft in so einer Situation?

Die Beratungsstelle Sophie hilft mit Gutscheinen und Lebensmittelpaketen, wir haben einen Spendenaufruf gemacht und kaufen mit dem Geld dann Einkaufsgutscheine, die wir auch zur Beratungsstelle bringen. Nur davon ist beispielsweise noch keine Miete bezahlt.

Mit welchen Corona-Maßnahmen könnten Bordelle doch noch aufsperren?

Es gab nach dem ersten Lockdown bereits Empfehlungen für Hygienemaßnahmen, die umgesetzt wurden. Daran kann man natürlich jetzt noch mit regelmäßigen Tests für Kunden sowie Sex-Arbeiterinnen nachschärfen. Und große Hoffnung habe ich, dass es mit einer Impfung wieder leichter wird.

Der Straßenstrich wäre im Lockdown "light" theoretisch erlaubt, allerdings erst ab 20.00 Uhr. Und genau zu diesem Zeitpunkt tritt die Ausgangsbeschränkung in Kraft. Fühlen Sie sich von der Regierung etwas an der Nase herumgeführt oder gar im Stich gelassen?

Was den Straßenstrich betrifft, also daran hat wohl noch niemand gedacht, die Situation der Frauen dort zu verbessern. Die Corona-Krise macht die unhaltbare Situation dort nur sichtbarer. Man hat die Frauen an den entlegenen Stadtrand verbannt und somit sind sie aus den Augen und aus dem Sinn. Dort sind sie aber ohne Infrastruktur (WC, Waschmöglichkeiten etc.) und dürfen erst dann arbeiten, wenn es finster ist. Die Arbeitszeiten ändern sich also übers Jahr. Und wenn Sexarbeit in Form von Hausbesuchen möglich ist, warum soll sie dann nicht für den Straßenstrich ermöglicht werden? Man muss nur eine Uhrzeit anpassen, was ist daran so schwer?

Spendenaktion "Helfen ist sexy"

Im Zuge des zweiten Lockdowns hat die Berufsvertretung Sexarbeit Österreich (BSÖ) die Spendenaktion "Helfen ist sexy!" ins Leben gerufen. Bisher wurden 7.350 Euro gespendet, mit denen 147 Lebensmitteleinkaufsgutscheine à 50 Euro gekauft wurden, die durch die Beratungsstelle Sophie an notleidende Frauen verteilt wurden.

Die Not der Frauen wird aber immer prekärer, je länger ein legales Arbeiten verunmöglicht wird. "Daher rufen wir dazu auf, für unsere Aktion weiter zu spenden. Jeder kleine Betrag hilft!" Die Kontonummer der BSÖ lautet: AT13 2011 1843 1130 4800. Bitte geben Sie als Verwendungszweck "Coronahilfe" an.

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