Statt Geld
Wiederkehr zu Mindestsicherung: "Mehr Sachleistungen"
Vize-Bürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) meldet sich in der Debatte um die Mindestsicherung zu Wort.
Der Fall einer syrischen Großfamilie mit sieben Kindern, die in Wien über 4.600 Euro monatlich an Sozialleistungen erhält, sorgt seit Tagen für hitzige Diskussionen. Die Kritik an den angeblich üppigen Sozialleistungen reißt nicht ab, ÖVP und FPÖ gehen auf die Barrikaden. "Heute" sprach mit Wiens Vize-Bürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (34) über das brisante Thema.
Auf die Frage, ob die Masse nach Wien kommt, weil die Mindestsicherung hier höher ist, antwortet der Wiener Neos-Chef mit einem klaren "Nein": "Wien ist nicht verantwortlich für die Migrationspolitik. Wien sucht sich nicht aus, wer herkommt. Das ist eine reine Kompetenzentscheidung des Bundesgesetzgebers mit europäischen Regelungen."
„Es sind jene Bundesländer verantwortlich, die nach dem Asylverfahren Anreize setzen, dass die Menschen sofort nach Wien ziehen“
Die Schuld ortet Wiederkehr bei anderen: "Es sind jene Bundesländer verantwortlich, die nach dem Asylverfahren Anreize setzen, dass die Menschen sofort nach Wien ziehen. Bei subsidiär Schutzberechtigten zum Beispiel sind manche Bundesländer zynischerweise ja sehr froh, wenn sie die Menschen sofort nach Wien schicken können."
Der Vize-Bürgermeister spricht sich daher für eine Wohnsitzauflage aus: "Das heißt, dass die Personen, die ein Asylverfahren hatten, sich nicht sofort aussuchen können, wo sie leben wollen – außer sie haben einen Job. Sondern, dass sie drei Jahre in dem Bundesland bleiben müssen, in dem auch das Asylverfahren war, weil so Integration auch besser stattfinden kann."
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Fleckerlteppich an Sozialleistungen in Österreich
Generell gäbe es in Österreich einen "Fleckerlteppich an Sozialleistungen": "Die Leistungen der Bundesländer sind unterschiedlich. Es gibt manche wie Tirol, die ein ähnliches Niveau haben, und andere wiederum wie Niederösterreich, die für manche Gruppierungen, wie etwa subsidiär Schutzberechtigte, bewusst die Leistungen so stark kürzen, damit die Leute nach Wien gehen müssen. Ich finde, wir brauchen österreichweit ein einheitliches System."
Zudem stellt der Wiener Integrationsstadtrat klar: "Ich bin dafür, dass wir mehr Sachleistungen machen. Damit können wir auch die Diskussion um Kinderzuschläge für Mehrkindfamilien lösen, indem es dann Sachleistungen gibt, wie kostenloses Mittagessen oder Schulmaterial zu Schulbeginn. Ich will starke Maßnahmen gegen Kinderarmut, das Geld soll wirklich bei den Kindern ankommen – kein einziges soll hier in Armut aufwachsen müssen."
„Es gibt im jetzigen System Problemstellen, nämlich dass sich eine Erwerbsarbeit für manche Einkommensgruppen nicht auszahlt“
Wien habe zudem eine integrations- und bildungspolitische Verantwortung, "dass alle Kinder einen Schulplatz und eine gute Bildung bekommen, damit dann Integration stattfinden kann – und die Kinder die Sprache lernen, die Grundwerte annehmen und einen Beruf finden."
Verständnis zeigt Wiederkehr für Familien mit geringem Einkommen: "Arbeiten muss sich immer auszahlen. Es gibt im jetzigen System Problemstellen, nämlich dass sich eine Erwerbsarbeit für manche Einkommensgruppen nicht auszahlt, rein finanziell. Und da muss man das System in Österreich grundsätzlich neu reformieren."
Auf den Punkt gebracht
- Der Wiener Vize-Bürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) äußert sich zur Debatte um die Mindestsicherung und betont, dass Wien nicht verantwortlich für die Migrationspolitik ist
- Er fordert eine Wohnsitzauflage für Asylberechtigte und plädiert für ein einheitliches System an Sozialleistungen in ganz Österreich, sowie mehr Sachleistungen anstelle von Geldleistungen, um Kinderarmut zu bekämpfen und die Integration zu fördern
- Wiederkehr zeigt Verständnis für Familien mit geringem Einkommen und fordert eine grundlegende Reform des Systems, damit sich Erwerbsarbeit für alle Einkommensgruppen finanziell lohnt