Expertin analysiert
"Wie Hai-Biss" – diese Bakterienart frisst dich auf
In Australien steigt die Anzahl der Buruli-Ulkus-Fälle. Eine Spanierin vergleicht ihre Infektionsnarbe mit einem Hai-Biss. Eine Expertin ordnet ein.
Es war eine kleine Wunde, die einer Brandwunde durch eine Zigarette ähnelte, die Patricia Casas Rodríguez vor genau zehn Jahren an ihrem linken Arm bemerkte. Die Biologin aus Spanien hatte zuvor für Forschungszwecke fünf Monate im peruanischen Dschungel verbracht.
Die Wunde entwickelte sich jedoch bald zu einem zwölf Zentimeter großen Geschwür. Monate lang versuchten die Ärzte im spanischen Universitätskrankenhaus von León die Krankheit zu diagnostizieren. "Wir wussten so lange nicht, was es war, dass ich anfing, es Débora zu nennen, nur um ihm einen Namen zu geben", verriet Rodríguez jetzt gegenüber "El Pais".
Schließlich die erlösende und gleichzeitig erschreckende Antwort: Buruli-Ulkus, eine Infektionskrankheit, von der die Forscherin noch nie gehört hatte und die langsam ihren Arm "auffraß".
Leberschäden, Taubheit und ein "Hai-Biss"
Zwei Jahre lang musste Rodríguez Antibiotika nehmen, die zu Leberschäden und Taubheit führten. Da ihre Immunsystem geschwächt war, flammte die Infektion erneut auf und zerstörte weiterhin Haut und Gewebe an ihrem Arm. Erst vier Jahre und vier Operationen später galt die Spanierin als geheilt.
„Es sieht aus wie ein Hai-Biss.“
Als Biologin kann Patricia Casas Rodríguez jedoch nicht mehr arbeiten. Heute leitet sie ein Hostel mit Pub in León. Eine markante Narbe wird sie ihr Leben lang an die Infektion erinnern. "Es sieht aus wie ein Hai-Biss", so Rodríguez, die damit die erste Spanierin ist, die sich mit Buruli-Ulkus infiziert hat.
Die heimtückische Tropenkrankheit Buruli-Ulkus kommt in der Regel nur in den ärmsten und isoliertesten Regionen der Welt vor. Ausgelöst wird die Infektionskrankheit durch das Gift ausscheidende Bakterium Mycobacterium ulcerans. Dieses unterdrückt die Immunabwehr. Der Schmerz wird oft erst gespürt wenn das Bakterium bereits Haut und Gewebe bis zum Knochen zerstört hat.
Jährlich gibt es rund 2.00 Fälle, hauptsächlich in Zentralafrika, aber auch in Gebieten von Peru, Mexiko und Australien. Der Übertragungsweg und das Krankheitsreservoir der Bakterien beim Menschen sind unbekannt, australische Wissenschaftler vermuten jedoch Mücken dahinter. Davon geht auch Patricia Casas Rodríguez aus.
Das sagt die Expertin aus Österreich dazu
Ob es auch Fälle in Österreich gibt, wie hoch die Gefahr auf Reisen ist und wie die Behandlung bei Buruli-Ulkus aussieht, wollten wir von Dr. Astrid Christine Erber vom Zentrum für Public Health an der MedUni Wien wissen:
Gibt es auch Fälle in Österreich?
In Österreich gab es meines Wissens nach keine Fälle von Buruli-Ulkus.
Wo besteht die Gefahr einer Infektion?
Weltweit ist das Buruli-Ulkus in West- und Zentralafrika, Australien und in geringerem Ausmaß in Lateinamerika und Japan verbreitet. Für Reisende in diese Länder besteht jedoch ein geringes Risiko, basierend auf der sehr niedrigen Anzahl von Berichten der Krankheit in Reiserückkehrern und der vergleichsweise niedrigen Anzahl der Fälle weltweit. Die Weltgesundheitsorganisation erfasste im Jahre 2022 etwa 2100 Fälle global.
„Allerdings steigt die Anzahl der Fälle in einigen Küstenregionen in Australien in den letzten Jahren an.“
Kann man sich auf Reisen in betroffene Länder damit infizieren?
Weltweit wurden in den letzten Jahren nur sehr vereinzelt Fälle von erkrankten Reisenden bekannt. Allerdings steigt die Anzahl der Fälle in einigen Küstenregionen in Australien in den letzten Jahren an. Dort gibt es seit 2018 jährlich etwa zwischen 220 und 360 Fälle. Man vermutet, dass dies auf Umwelteinflüsse, beispielsweise klimatische Veränderungen, zurückzuführen ist. Das Risiko für Reisende ist aber auch in diesem Fall sehr gering.
Wie gefährlich ist die bakterielle Infektion?
Insgesamt ist das Buruli-Ulkus selten, und für Patient:innen in Regionen mit guter Gesundheitsversorgung stehen passende Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Wichtig ist eine rechtzeitige Diagnose. In ärmeren Weltregionen, beispielsweise in West- und Zentralafrika, stellt der mangelnde Zugang zu Diagnose und Behandlung ein besonderes Risiko da.
„Der Übertragungsweg ist noch nicht geklärt.“
Wie wird die Infektionskrankheit übertragen?
Der Übertragungsweg ist noch nicht geklärt, möglicherweise gibt es auch mehrere Übertragungswege. Beispielsweise deuten Studien vor allem aus Westafrika darauf hin, dass ein erhöhtes Ansteckungsrisiko in der Nähe größerer Wasservorkommen, etwa Flüssen und Seen, besteht. Aus Australien gibt es Studien, die auf Übertragung durch Insekten hindeuten. Es besteht kein Risiko der Übertragung von Mensch zu Mensch.
Was passiert bei einer Infektion?
Die Infektion führt zu einer normalerweise schmerzlosen Hautläsion, die zunächst klein und unauffällig aussieht und oft einem Insektenstich ähnelt. Diese entwickelt sich anschließend über Wochen oder Monate zu einer offenen Wunde. Läsionen können, wenn sie über lange Zeit hinweg nicht behandelt werden, zu großen offenen Wunden führen, die dann viel schwieriger zu behandeln sind. Die Krankheit ist nicht tödlich.
Wie läuft die Behandlung ab?
Die Behandlung umfasst eine 6 bis 8 wöchige Antibiotikatherapie und eine Versorgung der Wunde, sowie, wenn notwendig, eine operative Entfernung des betroffenen Gewebes. Eine Heilung ist in jedem Fall möglich.
Auf den Punkt gebracht
- Die Anzahl der Buruli-Ulkus-Fälle in Australien steigt
- Eine Spanierin vergleicht ihre Infektionsnarbe mit einem Hai-Biss, nachdem sie an Buruli-Ulkus erkrankte
- Die bakterielle Infektion ist selten und kann zu großen offenen Wunden führen, ist aber nicht tödlich; die Behandlung umfasst Antibiotika-Therapie und Wundversorgung