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Wie gefährlich ist die neue Doppelmutante aus Indien?

Die Infektionszahlen in Indien explodieren. Dahinter könnte eine neue Virusmutante stecken. Das ist dazu bekannt.

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Beim hinduistischen Fest Kumbh Mela baden gleichzeitig hunderttausende Menschen im heiligen Fluss Ganges, dichtgedrängt und oft ohne Masken.
Beim hinduistischen Fest Kumbh Mela baden gleichzeitig hunderttausende Menschen im heiligen Fluss Ganges, dichtgedrängt und oft ohne Masken.
Rajesh Kumar Singh / AP / picturedesk.com

In Indien hat sich die Corona-Situation dramatisch verschärft. Am Montag vermeldete das Gesundheitsministerium in Indien innerhalb von 24 Stunden rund 274.000 neue Covid-19-Fälle. Worauf dieser rasante Anstieg zurückzuführen ist, ist noch unklar.

Zwei Dinge könnten dazu beigetragen haben: Etwa das hinduistische Fest Kumbh Mela, zu dem gleichzeitig hunderttausende Menschen im heiligen Fluss Ganges badeten, dichtgedrängt und oft ohne Masken. Ursache für die hohen Neuinfektionen könnte zudem eine neue Variante von Sars-CoV-2 sein. B.1.617 ist eine Doppelmutante, die erstmals in dem südasiatischen Land entdeckt wurde.

Was spricht dafür, dass B.1.617 für die hohen Infektionszahlen verantwortlich ist?

B.1.617 trägt zwei Mutationen des Spike-Proteins in sich, die bereits von anderen besorgniserregenden ("variant of concern") oder unter Beobachtung stehenden Linien ("variant of interest") bekannt sind: die Mutation L452R, die auch bei der kalifornischen Variante vorkommt, und die Mutation E484K beziehungsweise E484Q, die man von der südafrikanischen als auch von der brasilianischen Mutante kennt.

Diese werden laut dem deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) "mit einer reduzierten Neutralisierbarkeit durch Antikörper oder T-Zellen in Verbindung gebracht, deren Umfang nicht eindeutig ist". Das könnte bedeuten, dass Geimpfte und Genesene vor einer Ansteckung mit dieser Variante weniger gut geschützt sein könnten. "Die neue Variante könnte noch schwieriger durch Impfstoffe zu kontrollieren sein als die Varianten, die zunächst in Brasilien und Südafrika aufgetreten waren", meint der britische Mediziner Paul Hunter von der University of East Anglia gegenüber "Guardian.com". Wozu das führen könnte, lässt sich beim Blick auf Brasilien erahnen.

Wie stark ist B.1.617 in Indien vertreten?

Die Doppelmutante ist erstmals Ende letzten Jahres in Indien aufgetaucht und hat sich seither stark verbreitet. Darauf weisen die Ergebnisse von Laboruntersuchungen im Bundesstaat Maharashtra hin, in dem sich die Millionenmetropole Mumbai befindet. Laut "Spiegel.de" fanden Forschende die neue Virusvariante in über 60 Prozent der sequenzierten Proben. Aktuell besonders betroffen ist neben Mumbai auch die Hauptstadt Neu-Delhi.

Indien ist weit weg. Wie groß ist die Gefahr, dass B.1.617 hier auftaucht?

Die indische Mutante ist bereits außerhalb Indiens nachgewiesen worden, unter anderem in Australien, den USA und Singapur. Auch Europa hat sie mittlerweile erreicht. In Großbritannien etwa wurden bis Mitte vergangener Woche 77 Fälle gemeldet. In Dänemark sind seit März elf Fälle der Variante aufgetreten, in Deutschland weiß man derzeit von acht Fällen. Nach Einschätzung des deutschen Politikers und Gesundheitsexperten Karl Lauterbach dürfte die Variante künftig auch verstärkt in unseren Breitengraden auftreten: "Für Deutschland bedeutet das besondere Gefahr, weil auch B117 über UK sehr schnell zu uns kam." 

Karl Lauterbach spricht angesichts der indischen Mutation von einer "Covid-Katastrophe"– ist seine Angst gerechtfertigt?

Das wird sich noch zeigen. Während Lauterbach bereits davon überzeugt ist, dass "B.1.617 sich auch bei Impfung durchsetzen kann" , sehen andere Experten das Ganze entspannter: Neher verweist laut "Stern.de" auf die geringe Datenmenge, die es zur indischen Variante gebe: "Aus den wenigen Beobachtungen kann man noch keinen verlässlichen Trend ableiten, aber das sollte genau beobachtet werden." Er glaubt nicht, "dass B.1.617 mehr Aufmerksamkeit verdient als andere Varianten." Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité hatte die indische Variante Ende März ebenfalls nicht als Grund zur Beunruhigung gesehen.

Keine "variant of concern", aber was dann?

Die Variante wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO derzeit als "variant of interest" gelistet – damit steht sie unter Beobachtung. Um als besorgniserregend eingestuft zu werden, müsste sie sich nachweislich leichter ausbreiten, schwerere Krankheiten verursachen, dem Immunsystem entgehen, das klinische Erscheinungsbild verändern oder die Wirksamkeit der bekannten Instrumente verringern, so eine WHO-Sprecherin. Ob das auf die indische Variante zutrifft, ist noch offen. Dafür fehle bislang "die entsprechende Evidenz", zitiert die Deutsche Presse-Agentur eine RKI-Sprecherin.

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    Karl Schöndorfer / picturedesk.com