Politik

Wie die Kommunisten Graz umkrempeln wollen

Mit fast 30 Prozent erreicht die KPÖ in Graz das beste Ergebnis ihrer Geschichte. Einer dunkelroten Bürgermeisterin steht nichts mehr im Weg.

Leo Stempfl
Ziemlich sicher die nächste Bürgermeisterin von Graz: Elke Kahr von der KPÖ.
Ziemlich sicher die nächste Bürgermeisterin von Graz: Elke Kahr von der KPÖ.
ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com

Man kann schon von einem Erdrutschsieg sprechen, den die Kommunistische Partei Österreichs in Graz hingelegt hat. Die zweitgrößte Stadt Österreichs gilt schon seit längerer Zeit als dunkelrote Hochburg, doch den seit 19 Jahren im Amt sitzenden ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl vom Stadt-Thron zu stoßen, hätte man sich wohl nie erträumt.

Auch auf Bundes-Ebene gibt es ambitionierte Pläne: Kommunisten mit neuer Führung – "Wollen SPÖ überholen".

Die Grazer Volkspartei wirkte vor der Wahl trotzdem sichtlich nervös. Auf dem Facebook-Account der Bezirksgruppe Gries wurde etwa von "links-linken Experimenten" in der Stadt gewarnt. Die JVP Graz schloss sich dem an, "Dunkelrot-Rot-Grün würde für unsere Stadt Chaos bedeuten."

Da die KPÖ bereits im Vorfeld eine Koalition mit der ÖVP dezidiert ausgeschlossen hatte und "Dunkelrot-Rot-Grün" auf über 56 Prozent kommt, dürfte Graz wohl tatsächlich eine KPÖ-Bürgermeisterin mit Beteiligung von SPÖ und Grünen bekommen. Spitzenkandidatin Elke Kahr äußerte sich unmittelbar nach der ersten Hochrechnung im "ORF" bei Franz Neger.

"Schauen, dass Soziales nicht untergeht"

Elke Kahr selbst vermutete selbst nach dem Eintrudeln der ersten Ergebnisse, dass hier ein Irrtum vorliegen müsse. "Mit dem hab ich wirklich nicht gerechnet", sagt sie selbst nach einigen Momenten des Sammelns. Die jahrzehntelange Arbeit habe sich nun endlich gelohnt, zeigt sie sich stolz. Die Grazer KPÖ fiel etwa damit auf, dass ihre Gemeinderatsmitglieder auf den Großteil ihres Gehalts verzichteten und an gemeinnützige Organisationen spendeten.

Nur vorsichtig will sich Kahr einen Reim darauf machen, weshalb ein derart großer Teil der Bevölkerung der KPÖ ihr Vertrauen schenkt. Kollektiv pflege man es, für die Menschen da zu sein, den Fokus auf den arbeitenden Menschen nie aus den Augen zu verlieren, "schauen, dass Soziales nicht untergeht".

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    Spitzenkandidat Philipp Pointner (Neos) während des Wahlkampfabschlusses.
    Spitzenkandidat Philipp Pointner (Neos) während des Wahlkampfabschlusses.
    ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com

    "Da sein, wenn es drauf ankommt"

    In den Wahlkampf ging die KPÖ mit grundlegender Sozialpolitik. "Da sein wenn es drauf ankommt", lautet das Motto. In Graz will man mehr Gemeindewohnungen schaffen, mehr Mittel für die Bereiche Gesundheit und Pflege bereitstellen, Gratis Öffis und mehr Grünraum. Dafür soll eine Abgabe für Grundbesitzer fällig werden, wenn ihr Grundstück aufgewertet wird. Das sei keine kommunistische Utopie, sondern auch im CSU-regierten Bayern Praxis, erklärte man im Vorfeld.

    Nun wird man selbstverständlich mit allen Parteien Gespräche führen, wobei der Betonung auf "Gespräche führen" liegt. Eine Zusammenarbeit mit der ÖVP wird es selbstverständlich geben – so wie mit allen Parteien – eine Koalition wird aber immer noch ausgeschlossen.

    Nagl muss verdauen

    Dessen Spitzenkandidat, der amtierende Bürgermeister Siegfried Nagl, spricht von einem "ganz ganz schweren Tag". Er habe für sich selbst nach wie "ganz viele Fragezeichen". Noch gelte es abzuwarten, doch Nagl schwelgt schon etwas in Erinnerungen und resümiert die erfolgreichen Jahre, die hinter ihm liegen. "Das muss ich erst einmal verdauen."

    Wenig begeistert zeigt sich auch Heinz Christian Strache. Er öffnete prompt Photoshop und platzierte ein Sowjet-Konterfrei am Grazer Uhrturm. Den dazugehörigen Facebook-Post kommentierte er mit "Ein Trauerspiel! 😢".