Neue Chats aufgetaucht
Westenthaler flehte Strache an, ihn aus Haft zu holen
ORF-Stiftungsrat Peter Westenthaler hatte offenbar keine Scheu, aus dem Häfn heraus den amtierenden Vizekanzler um eine Fußfessel anzubetteln.
Der U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" spült neue brisante Chatnachrichten zwischen dem heutigen ORF-Stiftungsrat Peter Westenthaler (56) und dem damaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (54) ans Tageslicht.
Wie der "Standard" und die "Kronen Zeitung" am Donnerstag berichten, soll der frühere BZÖ- und FPÖ-Politiker im Frühling 2018 seinen direkten Draht in die obersten Ränge der türkis-blaue Regierung genutzt haben, um einer Haftstrafe zu entgehen.
Der Hintergrund ist die Instanzen-Odyssee des (wiederholten) Prozesses gegen Westenthaler, die im März 2018 zu seinen Lasten endete. Da wurde er vom Oberlandesgericht Wien wegen Betrugs und Untreue zu einer Haftstrafe von 24 Monaten, acht Monate davon unbedingt, rechtskräftig verurteilt. Um eine Fußfessel sollte er frühestens vier Monate später ansuchen dürfen.
"Damit muss ich fix rein"
Westenthalers Anwalt wollte bei der Generalprokuratur Nichtigkeitsbeschwere anregen, blitzte aber im April 2018 ab. Die juristischen Mittel ausgeschöpft, soll der Verurteilte dann versucht haben, seine Beziehungen spielen zu lassen, um nicht in eine Gefängniszelle zu müssen.
Westenthaler beklagte daraufhin bei Strache, der damals Vizekanzler in der türkis-blauen Koalition war: "Damit muss ich fix rein". Der FPÖ-Chef wimmelte ab: Er entschuldigte sich, "dass wir nicht helfen können" und verwies auf die Entscheidungsgewalt des Justizministeriums.
In Folge soll der 56-Jährige darum gebeten haben, doch für ihn bei Justizminister Josef Moser (68) ein gutes Wort einzulegen: "Vielleicht kannst du ihn morgen ansprechen? [...] wäre sehr dankbar".
Das tat Strache offenbar auch. Moser sei "ebenso betroffen", richtete er aus, habe aber ebenfalls auf die Generalprokuratur verwiesen. Westenthaler legte nach: Diese sei ja weisungsgebunden und mache "nix ohne seine Einwilligung". Das Fußfesselverbot könne Moser ja mittels "Weisung oder Teilbegnadigung" aufheben.
Moser: "Für niemanden eine Sonderbehandlung"
Der ehemalige Justizminister blieb aber knallhart. Wie er gegenüber dem "Standard" zu Wort gibt, habe er "immer darauf hingewiesen, dass es für niemanden eine Sonderbehandlung und keine Weisung irgendeiner Art und Weise gibt".
Westenthaler wiederum habe auf die Anfrage der Zeitung mit einem Verweis auf das Strafgesetzbuch geantwortet, wonach man ihm eine gerichtlich strafbare Handlung, für die die Strafe bereits verbüßt wurde, nicht vorhalten dürfe – im konkreten Fall geht es aber nicht um die vor Gericht prozessierten Verfehlungen sondern seine jetzt bekannt gewordenen Interventionsversuche bei der Spitze der Regierung.
"Kannst du nicht mit Kurz sprechen?"
Und bis ganz an die Spitze wollte Westenthaler offenbar mit seinen Anliegen. Kurz vor Ende seiner Haft sei ihm vor den Weihnachtsfeiertagen die Fußfessel verweigert worden. Das sei eine reine Schikane, weil ihm diese eigentlich ab 21. Dezember zustünde, beklagte er im weiteren Chatverlauf: "Ich bin verzweifelt und am Boden. [...] Lieber HC, ich bitte dich flehentlich mir zu helfen", zitiert die "Krone" daraus.
Am anderen Ende der Leitung entgegnete Strache erneut: Er sei "der Justiz leider völlig ausgeliefert", könne daher nichts machen. Dann tippte Westenthaler einen besonders brisanten Satz: "Kannst du nicht mit [Sebastian] Kurz sprechen?"
Strafrechtliche Prüfung
Aufgedeckt wurde dieser Nachrichtenverlauf nun durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Diese wertete im Auftrag des U-Ausschusses aus, ob "eine etwaige Ermittlungsgefährdung durch die Übermittlung" der Chats an ebenjenen Ausschuss bestehe. Das sei nicht der Fall gewesen, weshalb die Protokolle ans Parlament übergeben wurden. Ob die Nachrichten auch eine strafrechtlichen Relevanz haben, müsse nun gesondert überprüft werden.
Ende Jänner 2019 wurde Westenthaler schließlich aus der Haft entlassen. Nur kurze Zeit später tauchte er als Studiostammgast in einem Privatsender auf. Im Februar 2024 wurde er schließlich von der FPÖ auf den Posten eines ORF-Stiftungsrates gehoben, poltert seither auch dort gegen den Öffentlich-Rechtlichen.