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Weibchen Meryl Streep gegen US-Präsidenten: 1:0

Hausfrau und Mutter Meryl Streep findet als "Verlegerin" ihr Rückgrat aus Stahl und lässt einen brillanten Tom Hanks von der Kette.

Heute Redaktion
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Kay Graham gewann einen Pulitzer und machte die Washington Post von einem Lokalblatt zu dem globalen Zeitungsschwergewicht, die sie heute ist. Dabei war sie gar nicht als Chefin der Zeitung vorgesehen. 1971, in einer Zeit, als Frauen nach dem Essen noch rausgingen, damit die Männer in Ruhe wichtige Themen diskutieren konnten, musste sie nach dem Selbstmord ihres Mannes das Ruder der Zeitung übernehmen. Ernst nahm sie kaum jemand.

Hühnchen unter lauter Gockel

Auch Graham selbst traute sich nicht zu, gegen all die (männlichen) Chefs bestehen zu können. Als Kay Graham stolpert Meryl Streep anfangs in Räumen voller Männer über Sessel, traut sich nicht, das Wort zu ergreifen oder wird schlichtweg ignoriert.

Vietnam-Studie patzt vier US-Präsidenten an

Doch dann kopiert ein Whistleblower tausende Seiten einer geheimen Studie. Vier US-Präsidenten hätten über den Vietnam-Kriegs gelogen und damit Tausende US-Soldaten unnötig in den Tod geschickt. Die (echten) Dokumente, die als Pentagon-Papers bekannt wurden, waren streng geheim. Der amtierende Präsident Richard Nixon tat alles, um den Skandal aus den Medien zu halten.

NY Times wurde kaltgestellt

Als erste schrieb die New York Times über die Papiere. Prompt ließ US-Präsident Nixon dem Blatt per Gerichtsbeschluss jegliche Berichterstattung verbieten. Dann bekam auch die Post (so auch der Originaltitel des Films) die Unterlagen zugespielt. Davor waren die größten Sorgen der Zeitung der bevorstehende Börsengang und die Tatsache gewesen, dass die Gesellschaftsreporterin von Präsident Nixons Tochters Hochzeit ausgeladen wurde.

Tolle Enthüllungsstory wird zur Bedrohung für die Zeitung

Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) begann vor Freude über den Coup zu sabbern, doch der Herausgeberin Kay Graham, die das Erbe ihres Großvaters und Mannes hochhalten und die Zeitung bewahren wollte, stand das Wasser plötzlich bis zum Hals. Nicht nur für die Post, auch für sie selbst konnte die Entscheidung über die Veröffentlichung der Pentagon Papers desaströs enden. Für sie im Gefängnis, für ihre Zeitung im Untergang. Außerdem standen einige ihrer besten Freunde beim Skandal auf der falschen Seite. Zeit für das Weibchen Kay Graham, ihr Rückgrat zu stählen und Stellung zu beziehen.

Trump machte Spielberg Feuer unterm Hintern

Die Dreifaltigkeit Steven Spielberg (Regie), Meryl Streep (bekam für die Rolle ihre 21. Oscar-Nominierung) und Tom Hanks (Hauptdarsteller) gab beim Machen des Filmes ordentlich Gas. Denn die Hiobsbotschaft, dass Donald Trump Präsident der USA geworden war, schlug während der Produktion ein wie eine Bombe.

Streep und Hanks nur das Sahnehäubchen: Toller Cast

"The Post" ("Die Verlegerin") hätte vielleicht als gut gemachtes, toll besetztes Biopic über die Washington Post geendet. Die schauspielerische Leistung der Haupt- und Nebendarsteller bewahrt den Film davor, zu kitschig oder platt zu werden, Spielberg baut routiniert Spannung (noch nie war Kopieren so gruselig) auf und packt die Zuschauer emotional. Einen Kinobesuch wäre der Film auch so wert gewesen.

Nixon und Trump vs. Pressefreiheit

Aber die aktuellen Entwicklungen verhalfen dem Film urplötzlich zu zeitgemäßer Relevanz. Praktisch über Nacht wurde "Die Verlegerin" von einem gut gemachten Biopic zu einem brandheißen Eisen. In Zeiten, in denen der Präsident persönlich glaubwürdige Medien wie CNN als "Fake News" bezeichnet, ohne Beweise mit Blödsinnigkeiten auf Twitter um sich wirft und Journalisten aus Pressekonferenzen werfen lässt, wurde der Film urplötzlich aktuell. Richard Nixon versuchte in den 70ern, die Presse kalt zu stellen. Stattdessen wurden Gesetze verabschiedet, die die Pressefreiheit besser schützten. Fast 50 Jahre später versucht ein oranger Mann mit Hamsterfrisur einen weiteren Anlauf.

#metoo: Hanks hofft, dass Streep mehr als er bezahlt bekommt

Während der Produktion des Filmes kam auch die #metoo-Debatte auf. In ihrem Fahrwasser wurde unter anderem über die ungerechte Bezahlung und Behandlung von Frauen im Berufsleben diskutiert. Kay Graham zeigte ab den 70ern vor, wie man in einem männerdominierten Umfeld seine Frau stehen kann. Bei einem Interview wurden auch Meryl Streep und Tom Hanks gefragt, ob sie denn das gleiche Gehalt für den Film bekämen. Ob ehrlich oder nur geschickt rausgeredet, Tom Hanks antwortete auf jeden Fall, er wüsste nicht, wie viel er verdiene. Er hoffe aber, dass Meryl Streep mehr bekäme. Sie hätte immerhin auch die größere Rolle.

Von der Hausfrau zur Pulitzerpreisträgerin

Meryl Streep zeigt in "Die Verlegerin" wie aus der Mutter und Society-Gastgeberin Kay Graham eine Verlegerin mit Format wurde. Mit ihrer Autobiografie gewann Graham Jahrzehnte später den Pulitzerpreis. Für ihre Leistungen - sie leitete fast 35 Jahre lang die Washington Post - wurde ihr posthum die Presidential Medal of Freedom verliehen.

(lam)