Fussball
Was Kühbauer bei Rapid zum Verhängnis wurde
Didi Kühbauer ist nicht mehr Rapid-Trainer. Was zu seinem Aus bei den Hütteldorfern geführt hat.
Trainer-Beben in Wien! Rapid hat sich am Mittwoch von Didi Kühbauer getrennt. Der Cheftrainer muss gehen. Nach dem 1:3 gegen Dynamo Zagreb und dem 1:4 in Wolfsberg zieht der Rekordmeister die Notbremse. Nach mehr als drei Jahren und 141 Spielen ist für Kühbauer Schluss.
Der Burgenländer hatte seinen Herzensklub Ende 2018 in einer turbulenten Zeit übernommen und durch seinen pragmatischen Fußball stabilisiert. Im Vorjahr erreichte Rapid Platz 2.
Passive Spielweise
Die klare Verbesserung von einem Abstiegs-Play-off-Teilnehmer zur Nummer 2 in Österreich ließ sich nicht abstreiten. Auch nicht von jenen im und rund um den Klub, die mit der defensiven und teils destruktiven Herangehensweise der Mannschaft wenig anfangen konnten. Die Kritik an der Spielweise begleitete Kühbauer aber durch seine Amtszeit. Sie wurde immer dann besonders laut, wenn die Siege ausblieben.
Die Erfolgserlebnisse wurden seit Sommer immer seltener. In der Liga ist Rapid in dieser Saison als Siebenter nur mehr Mittelmaß. Lediglich vier Siege stehen vier Remis und seit Sonntag sechs Niederlagen gegenüber.
In Wolfsberg setzte es am vergangenen Wochenende eine Pleite, die auf vielen Ebenen alarmierend war.
Stockende Offensive
1:4! Rapid kassierte eine Abfuhr, die auch in der Höhe verdient war. Wie zuletzt immer häufiger offenbarten die Hütteldorfer Defensiv-Schwächen, die es dem Gegner zu leicht machten. Darüber ärgerte sich Kühbauer danach auch im Interview. Seine Spieler würden nur eine Richtung kennen, die nach vorne. Ja, 23 Gegentore in 14 Spielen sind zu viele für ein Team, das selber nicht für Offensive steht (21 Tore). Aber, zum Vergleich: Im Vorjahr hatte Rapid zum selben Zeitpunkt der Meisterschaft schon auf dem zweiten Rang gelegen, nur einen Punkt hinter Salzburg. Mit 19 Gegentoren hatte das Team einen mit heuer vergleichbaren Wert aufgewiesen. Aber: mit 32 Toren hatte sich Rapid offensiv deutlich stärker präsentiert.
Viele Fans monierten speziell in den letzten Monaten das ideenlose Offensiv-Spiel. Die Zahlen untermauern das.
Dass Kühbauer im Anschluss an die Wolfsberg-Niederlage die Probleme erneut in der Rückwärtsbewegung seiner Truppe ortete, stieß so manchem sauer auf.
Passend dazu, die Fan-Stimmen nach dem 1:4:
Alarm bei Rapid: "Niederlage berührt nicht mal mehr"
Es war nicht das erste Mal, dass der Cheftrainer mit seinen Erklärungsversuchen nach Niederlagen für hochgezogene Augenbrauen sorgte. Woche für Woche beklagte der 50-Jährige die zu hohe Belastung seiner Spieler durch den Europacup. Zuletzt meistens mit dem Zusatz, dass er dies nicht als Ausrede benutzen will.
Riss zwischen Trainer und Team
Denn: Der Fokus seiner Kritik verlagerte sich immer mehr von äußeren Einflüssen wie der Doppelbelastung, der Schiedsrichterleistung oder Pech in der Chancenverwertung auf die eigene Mannschaft. Nie härter als nach dem desolaten Auftritt in Kärnten, wo Kühbauer von "einer Qual" sprach, einem "beschämenden" Auftritt – "nicht das Rapid, das ich vertrete."
Das kann auch als Hinweis gedeutet werden, dass er seine Mannschaft offenbar nicht mehr richtig erreicht. Weitere Hinweise: die alarmierenden Interviews von Thorsten Schick und Emanuel Aiwu. Aiwu ist erst spät im Sommertransferfenster zum Klub gestoßen, erst 20 Jahre alt. Er sagte im Lavanttal: "So wie wir als Mannschaft auftreten, das darf nicht passieren. Wir waren nicht geschlossen. Jeder hat sein eigenes Ding gemacht. Es ist schwer zu sagen, was der Hauptgrund ist. Wir müssen als Mannschaft kompakt auftreten, müssen alle an einem Strang ziehen. Nur so kommt man da raus. Vielleicht setzen wir uns einmal alle zusammen, man muss das ansprechen. So kann es nicht weitergehen."
Eine Klartext-Ansage, die überraschend kam. Kollege Schick: "Wenn du so naiv verteidigst, brauchst du dich nicht wundern, wenn du vier Gegentore bekommst. Qualität haben wir schon, aber wir bekommen sie nicht auf den Platz. Unsere Saison ist eine klassische Achterbahn. Wir müssen die Köpfe jetzt freibekommen, klar analysieren."
Es waren Momente, in denen in der Führungsetage wohl die Köpfe geraucht haben. Wer, wenn nicht der Trainer, ist für die Geschlossenheit einer Mannschaft verantwortlich? Wie viel traut man einem Chefcoach noch zu, der sagt: "Beim einen oder anderen Spieler war heute nicht zu erkennen, dass sie wissen, was es bedeutet, für Rapid zu spielen. Das ist nicht Rapid, das ist dann irgendeine Mannschaft."
Viele Fragezeichen bei Rapid
Schon im Vorjahr hatte sich Rapid lange Zeit gelassen, ehe man sich für die Verlängerung mit Kühbauer entschlossen hatte. Schließlich hatten sich die Parteien auf eine langfristige Zusammenarbeit bis 2023 geeinigt. Eine Entscheidung, die auch Sportdirektor Zoran Barisic zuletzt unter Druck gesetzt hat.
15 Spielerverträge laufen aus. Auf Barisic wartet in den kommenden Monaten viel Arbeit. Auf einen teuren Trainerwechsel hätte er wohl gerne verzichtet. Speziell, weil er mit Kühbauer ein freundschaftliches Verhältnis pflegt.
Die sportliche Situation in West-Wien war aber zu festgefahren, um den weiteren Weg fortzuführen. Die öffentlichen Auftritte auf und abseits des Rasens haben das in den Tagen vor der Länderspielpause allzu deutlich gemacht.