Überraschendes Phänomen
Warum es in der Stadt mehr regnet als auf dem Land
US-Forscher haben die Regenmengen in 1.000 Städten weltweit analysiert. Ihre Ergebnisse sind verblüffend – und haben mit der Klimakrise zu tun.
Die meisten Innenstädte zählen eher nicht zu den Orten, an denen man sich an heißen Sommertagen gerne aufhält: Hohe Häuser und viel Asphalt sind Ursachen dafür, dass sich Metropolen besonders stark aufheizen.
Die Temperaturen liegen im Zentrum oft einige Grad höher als draußen auf dem Land. Auch nachts kühlen dicht bebaute Gebiete kaum ab, was deren Bewohnern den Schlaf raubt – siehe vergangener Sommer.
Sieben Prozent mehr Regen im Sommer
Solche Hitzeinseln bereiten Stadtplanern umso mehr Kopfzerbrechen, je weiter der Klimawandel voranschreitet. US-Forscher entdeckten nun einen weiteren Effekt: In den meisten Großstädten der Welt ist es nicht nur heißer, es regnet auch deutlich mehr als im Umland. Dies berichten Forscher der University of Texas.
Die Wissenschaftler untersuchten zwei Jahrzehnte lang rund 1.000 Städte und deren Umland anhand von Satellitendaten. In etwa zwei von drei Städten regnet es demnach über das Jahr betrachtet mehr als am Land. Im Durchschnitt gibt es im Sommer um rund sieben Prozent mehr Regen.
Auch Starkregen in Metropolen häufiger
Auch die Neigung zu Starkregenereignissen scheint in Metropolen etwas ausgeprägter zu sein, in Europa vor allem in Küstenstädten wie Barcelona oder Neapel. Damit steige freilich auch dort das Risiko für Überschwemmungen, so die Forscher.
Hitzeinsel-Effekt führt zu Regen
Dass viele Städte Regen anziehen, hat zum einen mit dem Hitzeinsel-Effekt zu tun. Die höheren Temperaturen begünstigen feuchtere Luft, die zudem schneller aufsteigt. Hochhäuser verstärken dies, indem sie Strömungen abbremsen und nach oben leiten.
„Diese Aufwärtsbewegung begünstigt die Bildung von Wolken.“
"Wolkenkratzer" wörtlich verstehen
"Diese Aufwärtsbewegung begünstigt die Kondensation von Wasserdampf und die Bildung von Wolken", wird der an der Studie beteiligte Geowissenschaftler Lang Yiang zitiert. Der Begriff Wolkenkratzer ist demnach wörtlich zu verstehen. Zudem könnten Luftschadstoffe aus dem Verkehr die Kondensation und damit Niederschläge verstärken.
Regen-Spitzenreiter in Südostasien
Angeführt wird die Liste der Städte, die im Vergleich zum Umland mehr Regen abbekommen, von Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam, gefolgt von Kuala Lumpur und Lagos. In den Tropen sei die städtische Regenanomalie besonders ausgeprägt, da dort ohnehin bereits heiße und feuchte Bedingungen herrschen.
Aber auch in vielen anderen Metropolen wie Sydney, Mexiko-Stadt und Houston fanden die Forscher einen starken Zusammenhang. Houston stand erst im vergangenen Juli großflächig unter Wasser, als Hurrikan Beryl über den Süden der USA hinwegfegte.
Große Städte ziehen Regen an
In den Satellitendaten fanden sich zudem Hinweise, dass Städte in den vergangenen Jahren immer mehr Regen angezogen haben. Die Wissenschaftler führen das auf die rasche Urbanisierung in vielen Teilen der Welt zurück. Zudem erwärmt sich die Atmosphäre langfristig – und wärmere Luft kann mehr Wasser speichern.
Kein Grund, in den Speckgürtel zu ziehen
Ist die Studie also ein weiteres Argument, raus aufs Land rund um die Städte zu ziehen? Nicht unbedingt, denn die urbane Regen-Anomalie kann sich laut den texanischen Forschern auch noch in einigem Abstand bemerkbar machen.
Vor allem sehr heftige Regengüsse werden demnach zwar von den Städten ausgelöst, kommen dann aber etwas verzögert auf der windabgewandten Seite der Metropolen runter. Eine kleine Rache am Speckgürtel sozusagen.
Auf den Punkt gebracht
- Forscher der University of Texas fanden heraus, dass es in den meisten großen Städten weltweit mehr regnet als im Umland
- Zurückzuführen ist dieses Phänomen auf den Hitzeinsel-Effekt und die fortschreitende Urbanisierung
- Besonders in tropischen Städten wie Ho-Chi-Minh-Stadt und Kuala Lumpur ist dieser Effekt ausgeprägt