Wien
Warten auf die Bim – diese fünf Punkte sollen’s richten
Personalmangel, Pensionswelle und Krankenstände bringen die Wiener Linien unter Druck. Ein 5-Punkte-Plan soll's richten – bis dahin braucht es Geduld.
Unterbrochene Dienstzeiten, schwierige Arbeitsbedingungen, langes Warten auf die Öffis: In den vergangenen Wochen wurden die Wiener Linien mit unterschiedlicher Kritik konfrontiert. "Ja, es gibt Sand im Getriebe und Dinge, die wir besser machen müssen", gibt Alexandra Reinagl, Vorsitzende der Wiener Linien Geschäftsführung, nun zu. Dazu gehören etwa die Personalgewinnung, die Optimierung der Arbeitsbedingungen und die Stabilisierung der Intervalle.
30 Prozent Ausfallsquote
Aktuelle Herausforderungen wären neben dem "historisch größten Generationenwechsel" eine veränderte Erwartungshaltung an den Job und höhere Wechselbereitschaft, das wachsende Angebot, eine Krankheitswelle (derzeit befinden sich 274 Bus- und Bimfahrer im Krankenstand) und "unzuverlässige" Arbeitssuchende. Die Ausfallsquote bei den Kursen liegt derzeit bei 30 Prozent, je 100 Bus- und Bimfahrer werden gesucht. Ein 5-Punkte-Plan soll die Situation bis Herbst entschärfen.
Man habe bereits zuvor Maßnahmen getroffen und wäre nicht von der Generationswelle überrascht worden, betont Reinagl. Wohl aber von der Geschwindigkeit, in der sich die Herausforderungen entwickelt haben. Das ist geplant:
E-Learning, eine Verlängerung der Ausbildung um fünf Tage Lernzeit sowie Unterstützung beim Deutschkurs helfen beim Start. So können Bewerber, deren Deutschkenntnisse zur Absolvierung der Ausbildung nicht ausreichen, vorab in der Arbeitszeit einen zehnwöchigen Kurs machen. Auch Lernunterlagen sollen künftig in mehreren Sprachen sowie vereinfachter Sprache zur Verfügung stehen. Die Ausbildung wird bei den Wiener Linien bereits bezahlt.
Das Gehalt im Fahrdienst wird um 210 Euro brutto monatlich erhöht. Das Einstiegsgehalt liegt nun bei rund 2.800 Euro brutto im Monat. Auch die Zulagen steigen zum Teil. Für jede Überstunde gibt es zusätzlich drei Euro, langfristig ist eine Reduktion auf 35 Wochenstunden vorgesehen. Auch Maßnahmen für die in Kritik geratenen sogenannten Unterbrecherdienste, also Dienste mit längeren Pausen dazwischen, sind geplant. Im Straßenbahnbetrieb setzt man nun verstärkt auf Teilzeitkräfte.
Die aktuell laufende Kampagne würde bereits Erfolg zeigen und soll 2023 weiter intensiviert werden. Die Straßenbahn-Schulen sind derzeit gut gefüllt, im Busbetrieb gibt es noch freie Plätze. Zudem wird ein Mitarbeiter-Programm eingeführt. Bei erfolgreicher Anwerbung winken 1.000 Euro Prämie.
Nachdem bereits im November die Intervalle ausgedehnt werden mussten, gibt es ab 9. Jänner eine weitere Anpassung, um den Fahrplan langfristig zu stabilisieren – wir berichteten. Rund 97 Prozent des Fahrplans bleiben gleich, betont man seitens der Wiener Linien. Die Änderungen betreffen 19 von 28 Bim- und 16 von 131 Buslinien und werden nur außerhalb der Spitzenzeiten auf weniger frequentierten Strecken durchgeführt. Die Ausdehnungen der Intervalle gehen von 40 Sekunden bis zu maximal 2,5 Minuten. An Wochenenden und in der Ferienzeit werden die Intervalle bei einigen Straßenbahnlinien von 10 auf 12 Minuten verlängert. Fallen Züge kurzfristig aus, kann es zu längeren Intervallen kommen. Um den Personalmangel abzufedern, sollen auch ausgebildete Mitarbeiter aus anderen Unternehmensbereichen, etwa Kontrolleure, im Fahrdienst eingesetzt werden. Bis Herbst soll es wieder zurück zum ursprünglichen Fahrplan gehen.
Um die Kapazitäts- und Dienstplanung sowie die Arbeitsbedingungen zu analysieren und Verbesserungen aufzuzeigen, beauftragen die Wiener Linien einen externen Partner. Zusätzlich läuft eine interne Evaluierung aller Prozesse im Öffi-Betrieb.
Öffi-Stadtrat Peter Hanke betont, der Geschäftsführung einen klaren Auftrag gegeben zu haben: "Die Wiener Linien haben schnellstmöglich für einen derartigen Personalstand zu sorgen, sodass die Straßenbahnen und Busse wieder in einer hohen Zuverlässigkeit sowie in den gewohnt attraktiven Intervallen unterwegs sein können. Das erwarte ich mir als Öffi-Stadtrat und zurecht auch die Wiener. Mit der konsequenten Umsetzung des aktuellen Maßnahmenprogramms gehe ich davon aus, dass sich die Lage nun schrittweise verbessert."