Filzmaier zur Elefantenrunde

Vilimsky "auf der falschen Seite der Gürtellinie"

Die ORF-Elefantenrunde ist geschlagen. Im Anschluss deckte ZIB2-Stammgast Peter Filzmaier auf, was hinter der Polter-Strategie der FPÖ steckt.

Newsdesk Heute
Vilimsky "auf der falschen Seite der Gürtellinie"
Peter Filzmaier analysierte in der ZIB2 mit Armin Wolf die zuvor abgehaltene Elefantenrunde der EU-Spitzenkandidaten.
Screenshot ORF

Der monatelange EU-Wahlkampf gipfelte Mittwochnacht in der großen ORF-Elefantenrunde. Alle Spitzenkandidaten – Reinhold Lopatka (ÖVP), Andreas Schieder (SPÖ), Harald Vilimsky (FPÖ), Lena Schilling (Grüne) und Helmut Brandstätter (NEOS) – traten vier Tage vor der Entscheidung ein letztes Mal alle gegeneinander an.

Bei der zweistündigen Diskussion um Klimawandel, Migration und Ukraine-Krieg kam es zu hitzigen Wortgefechten und auch untergriffigen Zwischenrufen – "Heute" berichtete.

In der ZIB2 im Anschluss blickten "der Professor und der Wolf" mit trockenem Schmäh zurück auf die Debatte. Das hatte Peter Filzmaier zu den Kandidaten zu sagen:

Lena Schilling (Grüne)

Die junge Aktivistin zur Spitzenkandidatin zu machen, sei in der Theorie für die Grünen eine gute Wahl gewesen. In der Praxis sei ihr Wahlkampf aber von den Lügen-Vorwürfen überlagert worden, blickt der Politikwissenschaftler zurück. Er erste Seitenhieb folgte umgehend: das Krisenmanagement der Grünen sei "objektiv grottig schlecht" gewesen.

Schilling selbst habe sich in Sachen Umwelt und Klima in der Diskussion gut geschlagen, bei anderen Themen sei sie etwas abgetaucht. Die Öko-Partei stehe aber generell auch vor dem Problem, dass die beim letzten Mal gefahrene Linie der "Kontrolle der Mächtigen" als Regierungspartei nicht mehr gefahren werden könne.

Peter Filzmaier analysierte in der ZIB2 mit Armin Wolf die zuvor abgehaltene Elefantenrunde der EU-Spitzenkandidaten.
Peter Filzmaier analysierte in der ZIB2 mit Armin Wolf die zuvor abgehaltene Elefantenrunde der EU-Spitzenkandidaten.
Screenshot ORF

Umfragen erwarten ein Minus für die Grünen. Dabei könnten durchaus auch Mandate wegfallen. Die Gefahr für ihre junge Spitzenkandidatin: "Dann wird es heißen, die Schilling wars". Das könne auch Nachwehen auf die Nationalratswahl haben.

Andreas Schieder (SPÖ)

SPÖ-Kandidat Andreas Schieder versucht derweil, den Grünen Wähler abzugraben, in dem er das Klimaschutz-Thema aufgreift. Für Filzmaier eine "logische Strategie, frustrierte Grün-Stimmen anzusprechen." Da gebe es für die Roten viel zu holen, weil sie dabei kaum Konkurrenz haben: "Sie argumentieren nicht, wir sind die besten beim Klimaschutz, sondern das geringste Übel." Nah kämen da nur noch die NEOS.

Die ORF-Elefantenrunde zur EU-Wahl in Bildern

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    ORF-Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten zur EU-Wahl am 5. Juni 2024.
    ORF-Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten zur EU-Wahl am 5. Juni 2024.
    Helmut Graf

    Schieder versuche sich an einem Themenwahlkampf, spricht mangels an Kompetenzen des EU-Parlaments im Sozialbereich auch Wirtschaftsthemen an. Damit schiele er auf enttäuschte ÖVP-Wähler an, sagt Filzmaier. Doch einen besonders scharfen Kurs könne er nicht fahren, da er in seiner Politkarriere mit den Türkisen eine "On-Off-Beziehung" gehabt habe. "Da kann man die ÖVP nicht plötzlich zum Erzfeind machen".

    Helmut Brandstätter (NEOS)

    NEOS haben für Filzmaier den klarsten Standpunkt für Weiterentwicklung und Stärkung der EU, sprechen damit auch Fans von Othmar Karas an. Auch das ist zum Teil ein Minderheitenprogramm: "Sie müssen damit nicht mehrheitsfähig sein, aber wenn sie zweistellig werden, sind sie sehr glücklich mit diesem Ergebnis", so der Politexperte.

    So sei nur ein geringer Teil der Bevölkerung auch für militärischen Beistand Österreichs, sollten andere Staaten angegriffen, doch diese würden auch nur von den NEOS angesprochen.

    Peter Filzmaier analysierte in der ZIB2 mit Armin Wolf die zuvor abgehaltene Elefantenrunde der EU-Spitzenkandidaten.
    Peter Filzmaier analysierte in der ZIB2 mit Armin Wolf die zuvor abgehaltene Elefantenrunde der EU-Spitzenkandidaten.
    Screenshot ORF

    Harald Vilimsky (FPÖ)

    Als "untergriffig" und "eindeutig auf der falschen Seite der Gürtellinie", bezeichnete Filzmaier das Auftreten des FPÖ-Spitzenkandidaten. Doch: "Er punktet auch damit." Das Ziel Vilimskys sei die Diskurszerstörung gewesen. Er habe eigene Positionen oft nicht erklärt, dafür die Konkurrenten auf persönlicher Ebene attackiert.

    Das kommt an, weil die FPÖ sich fast ausschließlich an das Lager der EU-Skeptiker und -Gegner richtetet und dort de facto ein Monopol hat. "Das ginge auch höflicher", stichelt der Analytiker.

    Mit Blick auf die letzte Wahl, die im Schatten von Ibiza stattfand, zeige aber, dass die FPÖ damals nicht nur an die ÖVP Stimmen verloren hatte. Mehr als doppelt so viele von den Blauen enttäuschte Bürger seien ins Nichtwähler-Lager übergelaufen. "Diese Anhänger muss man nun mobilisieren, und das tut man mit großer Lautstärke." Ob das gelingen kann? Da gibt es große Unsicherheiten.

    Jedenfalls sei das der Hintergrund der FPÖ-Strategie, diesen Urnengang zur "Denkzettel-Wahl gegen die da oben" zu stilisieren und mit der Empörung zu spielen – "und wir haben viele empörte Menschen".

    Reinhold Lopatka (ÖVP)

    Die ÖVP muss auf Platz 2 zittern, denn Sebastian Kurz ist als Wahlmotiv weggefallen: "Reinhold Lopatka weiß natürlich, das Ziel kann nur Schadensbegrenzung sein. Da kann es nur weit nach unten gehen". Sogar zweistellige Verluste seien möglich. Ein Teil des türkisen Klientels könnte zur FPÖ gehen, ein anderer aus Enttäuschung zuhause bleiben.

    "Da braucht man ein emotionalisierendes Thema und versucht man das Kurz-Rezept – der ja nach eigenen Angaben mehrfach die Balkan-Route geschlossen hat – einfach zu wiederholen, um es der FPÖ zumindest nicht zu leicht zu machen, hier Stimmen zu holen."

    Ein herber Verlust bei der EU-Wahl "führt zur Sinnkrise". Die Kanzlerpartei müsse sich da fragen, warum es bei der Nationalratswahl anders laufen solle.

    Die Bilder des Tages

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