Szene
Horrorkunst à la Dorian Gray und American Psycho
"Velvet Buzzsaw" ("Die Kunst des toten Mannes") wandelt sich vom gesellschaftskritischen Drama zum blutigen Schocker.
Willkommen in der Kunstszene von Los Angeles. Hier entscheidet der Kritiker Morf Vandewalt (Jake Gyllenhaal) über Aufstieg und Fall. Was er für gut befindet, verhökert die Händlerin Rhodondra (Rene Russo) für Millionenbeträge. In jungen Jahren wollte sie mit ihrer Punkband Velvet Buzzsaw noch das System stürzen, heute reduziert sie die Kunst auf Preisschilder und Exklusivverträge.
Als ihre Assistentin Josephina (Zawe Ashton) auf eine Sammlung unbekannter, formvollendeter Gemälde stößt, reiben sich Morf und Rhodondra in gieriger Vorfreude die Hände. Dass die Werke von Josephinas verstorbenem Nachbarn Dease (Alan Mandell) stammen, der die Verbrennung der Bilder testamentarisch festgelegt hat, wird zugunsten des großen Reibachs unter den Tisch gekehrt.
Zu spät erkennen Josephina, Morf und Rhodondra, dass Deases Gemälde ein mysteriöses Eigenleben führen, das auch andere Kunstwerke zu infizieren vermag. In den Museen, Galerien und Ausstellungsräumen türmen sich plötzlich die Leichen.
Ein bisschen Ellis, ein bisschen Wilde
"Velvet Buzzsaw" beginnt als Momentaufnahme einer profitgeilen Elite-Gesellschaft, deren Oberflächlichkeit und Arroganz zunehmend ins Extreme schlittert. Das erinnert ebenso stark an die Romane von Bret Easton Ellis ("American Psycho", "The Rules of Attraction", "Glamorama") wie die Gewalt-Exzesse, in die die Story mündet. Während Ellis' Protagonisten dazu verdammt sind, immer weiter in ihrem Teufelskreis zu rotieren, springen die Charaktere von "Velvet Buzzsaw" aber nach klassischem Horror-Rezept reihenweise über die Klinge.
Die Gesellschaftskritik schlägt nicht einfach in Grauen um, sondern mutiert zur bluttriefenden Groteske. Den makabren Höhepunkt gab es (leider) schon im Trailer des Films zu sehen. Ein modernes Kunstwerk reißt Gretchen (Toni Collette) den Arm ab. Die Museumsbesucher halten die Leiche samt Blutlache für einen Teil der Installation und feiern diese auf Instagram.
Den Modus Operandi hat sich "Velvet Buzzsaw" übrigens von Oscar Wildes "Dorian Gray" geliehen. Die Grauslichkeiten, die in den Kunstwerken gespeichert sind, entladen sich schließlich und reißen ihre neuen Besitzer ins Verderben.