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"Valkyria Chronicles 4" im Test: Stadia-Strategiehit
Das noch überschaubare Game-Angebot von Google Stadia wird von einem Strategie-Hit erweitert. "Valkyria Chronicles 4" überzeugt mit Grafik und Inhalt.
"Valkyria Chronicles 4" hat nun zwar schon mehrere Monate seit seinem eigentlichen Release auf dem Buckel, ist aber noch immer nicht nur wegen seiner Anime-Grafik und der tiefgründigen Friedensbotschaft, sondern auch als neues Stadia-Aushängeschild brandaktuell. Anders als viele Kriegs-Strategie- und -Rollenspiele zeichnet das Game von Sega und Media.Vision ein Bild von tatsächlichen Menschen in Kriegswirren, die egal ob Freund oder Feind ihre ganz persönliche tragische Geschichte zu erzählen haben.
Schon seit Anbeginn der Serie geht es in den rundenbasierten Games nicht um Massenschlachten und möglichst viele Tote, sondern um starke Erzählungen und auch Gewissenbisse bei jeder Soldaten-Bewegung und jedem Schuss. "Valkyria Chronicles 4" spielt zur selben Zeit wie das Originalspiel "Valkyria Chronicles", hier spielt nun aber der sagenumwobene Truppe E der Föderation statt dem Squad 7 die Hauptrolle. Als Kommandant Claude Wallace macht man sich auf, imperiale Soldaten und die übermächtigen Valkyriae zu besiegen, um Frieden zu schaffen.
Bekannter Kern, ungewohnte Deko
Die Handlung läuft dabei nicht vollkommen chronologisch ab und bietet neben dem eigentlichen Gameplay hochemotionale Kriegsszenen mit Tragik und Trauer, denen aber auch liebevolle und sogar witzige Momente gegenüberstehen. Wie auch die Vorgänger erzählt das Spiel einen alternativen Krieg, der aber im Zweiten Weltkrieg verortet ist. Dabei zeigt sich dieses Mal auch mehr Realismus: Magie und Mystik gibt es weit weniger oft als in den Vorgänger, dafür passend an die Zeit angelehnte Fahrzeuge und Waffen.
Im Kern liefert das Spiel typisches Strategie-Gameplay, das sich aber nicht nur durch die gezeichnete 3D-Grafik besonders spielt. Einheiten können frei auf der jeweiligen Karte bewegt werden, wobei die Möglichkeiten begrenzt sind. Für jegliches Manöver müssen mit Ausdauerpunkten Wegstrecken und mit Kommandopunkten die Anzahl der Bewegungen finanziert werden. Die 2D-Übersichtskarte wechselt dabei jeweils in die 3D-Ansicht, wenn man eine Einheit übernimmt und mit ihr Aktionen durchführt. Und: Zielen und Co. übernimmt man selbst.
Jede Menge Rollenspiel im Strategiehit
Doch auch wenn das Spiel rundenbasiert ist, ist von Ruhe und Gelassenheit wenig zu sehen: Wird die eigene Einheit nämlich während des Zugs vom Feind entdeckt, wird sie bis zum Ende des jeweiligen Zugs unter Beschuss genommen, was schnelle Reaktionen erfordert. Die Feinde zeigen sich übrigens insgesamt äußerst smart und reagieren realistisch auf das Spieler-Vorgehen, ungewöhnlich hart wird es aber nie. Die Gegner-Phase kann auf Wunsch zudem schnell "vorgespult" werden. Bei den Einheiten selbst kommen dann jede Menge Rollenspiel-Elemente dazu.
Die Soldaten unterteilen sich in sieben Charakterklassen, die sich besonders unterschiedlich spielen, die aber für einen funktionierenden Trupp überlebensnotwendig sind. Je nach Ausführung, ob nun die neuen Grenadiere oder die bekannten Aufklärer, besitzen sie nicht nur verschieden starke Angriffe und Verteidigungen, sondern zudem je unterschiedlich viele Aktionspunkte, was die Bewegung entweder massiv einschränkt oder erweitert. Einheiten wie die extrem starken Panzer sind zudem zwar kampfentscheidend, können sich aber festfahren und zum leichten Ziel werden.
Spieltod schmerzt überraschend stark
Während die Skills der eigenen Einheiten in den gewonnenen Haupt- und Neben-Gefechten weiter ausgebaut werden können, kommen später auch neue Befehle hinzu, die es ermöglichen, mehrere Einheiten bei hohem Risiko für geringe Aktionspunkte-Kosten zu transportieren, beschädigte oder verwundete Einheiten zu bergen oder Flächen-Schaden anzurichten. Spätestens dann wird das Spiel aber knackig, denn jede Einheit hat auch noch spezielle Effekte, die immer wieder das Spielgeschehen verändern. So kann ein Scharfschütze bei Sonne hervorragend schießen, aufgrund seiner Angst vor Gewittern aber versagen.
Während in anderen Games einfach Einheiten en masse produziert werden, ist hier ein gefallener Soldat meist für immer verloren. Warum das genau so wichtig ist? Weil jede einzelne Figur eine Persönlichkeit und Geschichte spendiert bekommen hat, die mit ihrem Tod ebenfalls verstummt und vom Spieler nicht mehr gehört werden kann. Das schmerzt überraschend stark und motiviert dazu, möglichst weise Entscheidungen zu treffen. Schließlich will man auch die Geschichten jeder Nebenfigur sehen und hören und sie nicht wegen einer dummen Taktik-Entscheidung verstummen lassen.
Ein Stadia-Strategiehit
Auf Google Stadia spielt sich "Valkyria Chronicles 4" sogar als definitiv beste Version des Games. Die Ladezeiten sind im Vergleich zu den anderen Plattformen weit kürzer geraten und über weite Strecken beinahe gar nicht vorhanden. Verzögerungen, Ruckler oder Probleme gab es in den hohen zweistelligen Spielstunden bis zum Ende nicht und die Grafik kann sich außerdem sowohl in der knackscharfen Darstellung auf Smartphones oder Notebooks, aber auch in der nur leicht verwaschenen Wiedergabe am großen Fernseher sehen lassen.
Abseits davon gilt für die Stadia-Version wie auch für die Ausgabe auf jeder anderen Plattform: "Valkyria Chronicles 4" ist ein Strategiehit, der auf das bekannte Kern-Gameplay baut, in vielen Bereichen aber einiges anders und jede Menge besser macht. Soldaten sind hier keine Schießbudenfiguren sondern Persönlichkeiten mit Herz und Seele, die Story zeigt die ungeschönte Version des Krieges und spart auch die schrecklichsten Details trotz der märchenhaft wirkenden Grafik nicht aus – und Missionen laufen nie nach Mustern, sondern immer mit Überraschungen und Wendungen ab.