Ukraine
6-fach-Mutter aus Österreich im Krieg gegen Putin
Mehr als vier Monate lang kämpft die Ukraine nun schon gegen die russischen Invasoren. Mit an der Front ist eine mehrfache Mama aus Österreich.
Kiew wurde am Sonntag von russischen Raketen getroffen, mehrere Menschen wurden dabei verletzt. Der Krieg hat seine hässliche Fratze wieder in der Hauptstadt der Ukraine gezeigt. Während Bundeskanzler Karl Nehammer von Wien aus den Angriff als "barbarischen" Akt verurteilt, kämpft eine Österreicherin als Söldnerin mit den eigenen Händen gegen die russische Invasionsarmee. ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz hat die sechsfache Mutter zu einem Interview in Kiew getroffen.
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Olga Kalaschnikowa (36) – zu ihrem Schutz wurde der Name geändert und ihr Gesicht unkenntlich gemacht – ist eigentlich gebürtige Russin, kam aber nach dem Fall der Sowjetunion 1991 nach Österreich, nach dem Studium zog sie 2015 in die Ukraine. In der Alpenrepublik hat sie drei große Kinder, drei weitere in Kiew. Ihre jüngsten sind erst 2, 5 und 6 Jahre alt.
Jetzt ist die Söldnerin im Krieg gegen Wladimir Putins Truppen als Sanitäterin eingesetzt, kämpfte erst in Kiew und dann auch im Landkreis Luhansk an der Front mit. Doch warum ist sie freiwillig in den Kampf gezogen?
"Ist auch mein Land!"
"Für mich ist das von Klein auf ein Leitmotiv. Ich muss mir selbst in die Augen schauen können. Ich könnte nicht zuhause sitzen und nichts tun, oder zurück nach Österreich gehen und dort ein schönes Leben mit den Kindern haben, wenn ich weiß, dass hier mein Land – und das ist auch mein Land, weil ich besitze hier auch ein Grundstück usw. – angegriffen und mir weggenommen wird", schildert sie ihre Beweggründe in perfektem Deutsch mit Austro-Färbung.
Als Sanitäterin muss sie sich um die schlimmsten Wunden mit spartanischen Mitteln kümmern. Und das obwohl sie eigentlich kaum medizinische Vorkenntnisse hatte. Anfangs konnte sie noch im internationalen Bataillon mit anderen Söldnern trainieren. "Es gibt einen riesigen Unterschied zwischen der taktischen Medizin und der zivilen Medizin", sagt sie. Sie habe sehr gute Lehrer mit ausreichend Erfahrung gehabt, aber: "Das meiste lernst eh... hier... erst, wennst im Feld draußen bist."
Tagelang in Stellungen gefangen
Die meisten Verletzungen der Frontsoldaten stammen von russischem Artilleriebeschuss. Schrapnells reißen tiefe Wunden, die erst im Krankenhaus behandelt werden können. Olgas Aufgabe: "Schnell verbinden. Danach wird die Person ins nächste Spital gefahren". Das ist aber nicht immer möglich, manchmal müsste sie tagelang mit ihren Patienten in den Stellungen ausharren. In so einer Situation müsste sie Verwundete die ganze Zeit betreuen und stabilisieren.
Das gefährliche Leben der sechsfachen Mutter ist natürlich auch innerhalb der Familie Thema: "Es ist sehr schwer, Kindern bergreiflich zu machen, was Krieg bedeutet. Wir telefonieren so oft es geht, so dass ich weiter an ihrem Alltag teilnehmen kann". Bei Feldeinsätzen sei dies aber schwer, obwohl sie es als Sanitäterin dahingehend vermutlich viel leichter habe als die normalen Frontsoldaten.