Unerträgliche Hitze
Über 1000 Todesopfer bei Pilgerfahrt nach Mekka
Bei Temperaturen von über 50 Grad wird die muslimische Pilgerfahrt Hadsch in Saudi-Arabien für die rund 1,8 Millionen Teilnehmenden zur Tortur.
Wegen der extremen Hitze während der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch in Saudi-Arabien sind bereits mehr als 1.000 Menschen ums Leben gekommen, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. Allein aus Ägypten seien mindestens 600 Pilger wegen der hohen Temperaturen von bis zu 51,8 Grad gestorben, sagte ein arabischer Diplomat am Mittwoch. Viele Angehörige suchten die Spitäler verzweifelt nach vermissten Pilgern ab und befürchteten das Schlimmste.
"Auch alle (neu bestätigten) Todesfälle sind auf die Hitze zurückzuführen", sagte der arabische Diplomat. Damit gebe es mindestens 600 Todesopfer aus Ägypten. 800 weitere Pilger aus Ägypten würden außerdem vermisst.
Auch Jordanien, der Iran, der Irak, Tunesien, Indonesien und der Senegal hatten in den vergangenen Tagen Todesopfer beim Hadsch gemeldet. Ein asiatischer Diplomat sprach überdies von "etwa 68" verstorbenen indischen Pilgern. Wie AFP auf Grundlage der Angaben aus verschiedenen Ländern errechnete, kamen damit dieses Jahr bereits 922 Menschen beim Hadsch ums Leben. Vergangenes Jahr waren mehr als 200 Tote während der Pilgerreise gemeldet worden, die meisten stammten aus Indonesien.
Viele werden vermisst
Mabrouka bint Salem Shoushana, eine Tunesierin Anfang 70, wird seit dem Aufstieg der Pilger auf den Berg Arafat am Samstag vermisst, wie ihr Mann Mohammed AFP sagte. Weil sie keine offizielle Erlaubnis für die Pilgerreise gehabt habe, habe sie keinen Zugang in die klimatisierten Räumlichkeiten gehabt, in denen sich die Pilger nach stundenlangem Beten in der prallen Sonne erholen können. Die Suche in allen Spitälern habe bislang nichts gebracht.
Auch die 70-jährige Huria Scharif aus Ägypten wurde nach dem Gebet auf dem Berg Arafat vermisst gemeldet. "Wir haben an alle Türen geklopft, aber sie bislang nicht gefunden", erklärte eine Freundin der Pilgerin.
Zu den Vermissten zählt auch die ägyptische Pilgerin Ghada Mahmud Ahmed Dawood. Ihre Tochter habe ihn angerufen und gebeten, dass er sich via Facebook an der Suche beteilige, sagte ein in Saudiarabien lebender Freund der Familie. "Wir haben sie bisher nicht auf der Liste der Toten gefunden, was uns hoffen lässt, dass sie noch lebt."
Auch andere Pilger-Angehörige suchten verzweifelt nach Informationen. In Online-Netzwerken wurden zahlreiche Fotos von vermissten Hadsch-Teilnehmern veröffentlicht. Die Suche nach Vermissten wird dadurch erschwert, dass viele Gläubige aus finanziellen Gründen ohne die offizielle Pilger-Lizenz am Hadsch teilnehmen und daher nicht von den saudiarabischen Behörden registriert wurden.
Viele Rituale in praller Sonne
Die muslimische Pilgerfahrt ins saudi-arabische Mekka ist eine der fünf Säulen des Islam, sie soll von jedem gesunden Muslim, der es sich leisten kann, mindestens einmal im Leben unternommen werden. Der Zeitraum der Pilgerreise ist durch den islamischen Kalender festgelegt und fiel in den vergangenen Jahren immer wieder in Hitzeperioden. Dieses Jahr nahmen nach offiziellen Angaben 1,8 Millionen Gläubige teil, davon 1,6 Millionen Pilgerinnen und Pilger aus dem Ausland.
Viele der Rituale werden unter freiem Himmel und zu Fuß vollzogen, was vor allem für ältere Menschen eine Herausforderung ist. Nach Angaben der saudi-arabischen Behörden wurden allein am Sonntag mehr als 2700 Fälle von hitzebedingter Erschöpfung gezählt. Zu Todesfällen durch die hohen Temperaturen äußerten sich die Behörden nicht.
Laut einer im Mai veröffentlichten saudiarabischen Studie werden die Wetterbedingungen während des Hadsch im Zuge der Erderwärmung immer schwieriger: Demnach steigt die Durchschnittstemperatur während der Pilgerreise jedes Jahrzehnt um 0,4 Grad.
Auf den Punkt gebracht
- Die muslimische Pilgerfahrt Hadsch in Saudiarabien findet dieses Jahr in der Hitzeperiode statt
- Bei Temperaturen um die 50 Grad sind bereits über 1000 Menschen ums Leben gekommen
- Viele Pilgerteilnehmende werden vermisst