Spieletests
"Twin Mirror" im Test: Ein Mysterium im Kopf
Dontnod meldet sich mit einem neuen Story-Adventure zurück. "Twin Mirror" setzt auf eine mysteriöse Thriller-Handlung. "Heute" hat das Game getestet.
Der ganz große Durchbruch kam für das französische Entwicklerstudio Dontnod mit der Mystery-Coming-of-Age-Story "life is Strange". Seitdem ist die Spieleschmiede der Blaupause des interaktiven Films mit vielen verschiedenen Pfaden und Entscheidungen treu geblieben. Sowohl bei "Life is Strange 2" als auch bei "Tell Me Why" und "Vampyr". Auch in "Twin Mirror" läuft das Gameplay ähnlich ab, doch diesmal gibt es den ersten Mystery-Thriller des talentierten Entwicklerteams.
Langsamer Beginn
"Twin Mirror" wirkt fast wie eine Mischung aus den bekannten Elementen von "Life is Strange" und dem Irrsinn des Kult-Games "Deadly Premonition". Während man als Dontnod-Fan die Wichtigkeit von Entscheidungen und Dialogen bereits kennt, kommt nun offenbar eine gespaltene Persönlichkeit eines Francis York Morgan aus "Deadly Premonition" hinzu.
"Twin Mirror" beginnt geruhsam. Der Journalist Sam Higgs, kehrt für die Beerdigung seines ehemals besten Freundes in seine alte Heimatstadt zurück. Eigentlich hätte er niemals im Sinn gehabt, überhaupt wieder an diesen Ort zu kommen, zu schwer lastet die mysteriöse Vergangenheit auf ihm. Doch bereits in den ersten Spielminuten zeigt "Twin Mirror", dass hier einiges anders läuft. So überlagert sich die Spielwelt immer wieder mit einem Kristall-Gedächtnispalast, wenn Sam in Erinnerungen an seine Ex-Freundin oder seinen verstorbenen Freund schwelgt. Er zieht sich aber auch in seine Gedanken zurück, wenn er Zusammenhänge erkunden will. Denn schon bald tauchen viele offene Fragen zum Tod seines Freundes auf.
Der dunkle Zwilling
Dieser Erinnerungen sind es auch, die Sam die Zeit übersehen lassen, so dass er die Beerdigung schließlich verpasst – und auch seine Heimatstadt zeigt sich nicht sehr gastfreundlich. Sams Berichte haben nämlich das Geschäft vieler Einwohner zusammenbrechen lassen, die nun wenig erfreut sind, den Journalisten persönlich zu sehen. Sam aber scheint schon an der nächsten Story dran zu sein, denn ganz überzeugt vom Unfalltod seines Freundes ist er nicht. Ab diesem Zeitpunkt ist es dann vorerst mit der Ruhe vorbei und die Ereignisse überschlagen sich.
Ebenfalls nicht gerade beruhigend: Sam wird von einer Art geistigem "Zwilling" begleitet, der die Gespräche und Aktionen von Sam unterbricht und zu bestimmten Antworten in den Dialogen rät. Über die Spieldauer baut sich so immer mehr die Frage auf, ob es die mysteriöse Figur gut mit Sam meint – oder aber nicht. Die Zeit in "Twin Mirror" verbringt man hauptsächlich mit dem Absuchen der Schauplätze nach Hinweisen und dem Befragen von Zeugen. Hat man genug Ansatzpunkte gesammelt, geht es wieder in den Kristall-Gedankenpalast, wo man versuchen kann, die Bruchstücke zu einem großen Ganzen zusammenzusetzen. Ist ein Rätsel gelöst, geht die Handlung des Spiels weiter.
Grafisch hat sich der Titel im Vergleich zu "Life is Strange" deutlich weiter entwickelt. Die Charaktere sind wesentlich detaillierter, ohne aber einen subtilen Comic-Look zu verlieren, die Umgebungen glänzen mit schönen Lichtstimmungen und atmosphärischen Unschärfeeffekten. Auch die englischen Synchronsprecher leisten einen hervorragenden Job. Die Animationen, besonders die Mimik, wirken nach wie vor etwas hölzern und können nicht mit großen AAA-Produktionen mithalten.
Fazit
Mit "Twin Mirror" wagt sich Dontnod nicht wirklich aus der Komfortzone, das ist aber auch gar nicht nötig. Das Fundament ist äußerst solide, die starke Story tut da den Rest. Darüber hinaus ist die technische Umsetzung wesentlich sauberer und komplexer als jene der vergleichbaren Telltale-Games, die bis vor einigen Jahren den Markt geradezu überfluteten. Mehr Raum zum Atmen tut dem Genre – und damit auch "Twin Mirror" – ganz eindeutig gut.