Welt
Türken rügen Botschafter für "unislamisches" Sitzen
Bei einer Parlamentssitzung in Ankara wurde der französische Botschafter Charles Fries wegen seiner "unislamischen" Sitzhaltung zurechtgewiesen.
Nach Berichten der türkischen Boulevardzeitung "Hürriyet" und des deutschen "Tagesspiegels" ist es im frisch-entmachteten türkischen Parlament bei der Nationalversammlung am 23. April zu einer besonders skurrilen Szene gekommen.
Der französische Botschafter, Charles Fries, der als Gast der Sondersitzung beiwohnte, wurde freundlich ermahnt, er solle doch bitte seine Sitzposition ändern. Der Diplomat hatte die Beine überschlagen, doch diese Haltung sei "unislamisch".
Im Islam gilt die Schuhsole als unrein, da sie mit all dem Schmutz der Welt in Berührung kommt. Aus diesem Grund ist es Sitte die Sole immer auf dem Boden zu lassen – sie seinem Gegenüber zu zeigen gilt als unhöflich.
Trennung von Staat und Kirche?
Diese Zurechtweisung, obwohl eine Kleinigkeit, wirft ein schiefes Licht auf die eigentlich vorgesehene Trennung von Staat und Kirche in der Türkei.
Das breitbeinige, fast machohafte Sitzen der türkischen Politiker hat aber noch einen anderen Grund: "Je mehr Platz ein Mensch einnimmt, um so höher ist der Status, den er sich zumisst oder den er signalisieren möchte", erklärt die Wiener Körpersprachen-Trainerin Barbara Eichberger gegenüber dem "Tagesspiegel" – Je breiter und stabiler eine Sitzhaltung, desto höher der Rang.
Doch nach der Zurechtweisen hagelte es auch Spott an der Kleinkariertheit der türkischen Parlamentsvorschriften. Selbst Staatspräsident Erdogan wurde schon in der verpönten Sitzhaltung gesichtet – oder wollte er damit unscheinbar Respektlosigkeit gegenüber Merkel ausdrücken?
(rcp)