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Trotz Sex mit Schüler – Lehrer nicht auf schwarzer List
Eine Liste soll verhindern, dass pädophile Lehrpersonen weiterhin unterrichten. Doch nicht alle Kantone halten sich an die Meldepflicht.
Ein Kunstpädagoge aus dem Aargau hat sexuellen Kontakt mit seinem ehemaligen Schüler. Dafür erhält der Lehrer eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Monaten sowie ein lebenslanges Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen – denn der Bub war zum Zeitpunkt erst 15 Jahre alt und damit noch im Schutzalter. Die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) führt eine "Liste der Lehrpersonen ohne Unterrichtsberechtigung", um solche Taten zu verhindern. Nur: Der erwähnte Aargauer Lehrer taucht nicht auf der Liste auf.
Wie die Zeitungen von Tamedia schreiben, ist dies bei weitem kein Einzelfall. Auf den Kanton Zürich gehen mit 24 der gesamthaft 92 Einträge auf der EDK am meisten Einträge zurück. Aber mehr als die Hälfte der Kantone haben keine einzige Lehrperson aufgrund eines Sexualdelikts, einer psychischen Erkrankung oder eines Suchtproblems in der schwarzen Liste eingetragen.
Auch Tessin und Waadt fehlen
Die kleinen Kantone geben in der Regel an, dass es noch nie entsprechende Fälle bei ihnen gegeben habe. Jedoch fehlen beispielsweise auch die Kantone Waadt und Tessin. In beiden Kantonen gab es in den letzten Jahren mehrere Delikte, die eigentlich zu Einträgen in der Liste geführt haben sollten. Und trotzdem führen beide Kantone keine Lehrpersonen in der EDK-Liste auf.
Dabei erklärte die Konferenz bereits 2008 das Führen der Liste als verbindlich. Die damalige Präsidentin versprach, die Kantone würden ihre Fälle zukünftig "lückenlos melden". Auch eine EDK-Richtlinie schreibt dies seit fünf Jahren vor. Trotz der Verpflichtung der Kantone habe man "gegenüber den Kantonen aber keine Aufsichtsfunktion oder Aufsichtskompetenz", gibt Stefan Kunfermann, Kommunikationsleiter der EDK, gegenüber den Tamedia-Zeitungen an.
Keine gesetzliche Grundlage
In den genannten beiden Beispielen begründet man im Kanton Waadt, es fehle noch an einer gesetzlichen Grundlage, um sich an der Liste zu beteiligen. Und auch im Tessin gibt man an, der Wille für eine Beteiligung sei grundsätzlich da. Die neu gewählte Direktorin des Departements für Erziehung, Kultur und Sport ist demnach «daran interessiert, diese Angelegenheit in Zukunft zu prüfen».
Bis alle Kantone konsequent ihre Fälle melden, können Sexualstraftäter theoretisch den Kanton wechseln und weiterhin unterrichten. Im eingangs erwähnten Fall begründet Simone Strub Larcher, Kommunikationsleiterin des Aargauer Bildungsdepartements, gegenüber den Tamedia-Zeitungen, die Gefahr, dass die verurteilte Person erneut unterrichten oder einer sonstigen Tätigkeit mit Minderjährigen nachgehen könne, sei aufgrund des vom Gericht ausgesprochenen lebenslänglichen Tätigkeitsverbots "bereits äußerst gering". Deshalb habe man von einem Eintrag abgesehen.