MeToo im Sport

Trainer zu Athletin: "Träume davon, dich zu berühren"

Mindestens 72 Frauen wurden im letzten Jahr von ihrem Coach sexuell belästigt oder erfuhren durch ihn Gewalt bei der Ausübung ihres Sports. 

Sandra Kartik
Trainer zu Athletin: "Träume davon, dich zu berühren"
72 heimische Sportlerinnen wehren sich gegen sexuelle und gewalttätige Übergriffe durch ihre Trainer.
Getty Images (Symbol)

Für heimische Athletinnen ist das Vertrauen zu ihrem Trainer das Um und Auf. Dass dieses Naheverhältnis jedoch immer wieder missbraucht wird, zeigt der Verein "Vera Sport". Im ersten Jahre des Bestehens der Vertrauensstelle meldeten sich bereits 72 Frauen aus ganz Österreich, die von Übergriffen durch ihren Coach berichten. 

Oftmals begann es mit anzüglichen Nachrichten: "Ich konnte heute Nacht kaum schlafen, weil Du im Training so scharf ausgeschaut hast", bekam eine Betroffene von ihrem Sport-Coach geschickt. Eine Andere musste lesen: "Ich weiß, ich darf Dir eigentlich nicht schreiben, aber ich muss immer an Dich denken". Und noch übergirffiger: "Ich träume davon, Dich zu berühren." 

Trainer werden häufig geschützt

Häufig wurden die oftmals jungen Frauen auch aufgefordert, die grenzüberschreitenden WhatsApp geheim zu halten. Eine Sportlerin erhielt etwa die Message: "Du weißt, Du musst die Nachrichten sofort löschen, sonst weiß jeder, dass Du mich anmachst!“ Es gibt jedoch oft eine große Hürde, die Athletinnen davon abhält, Vorfälle zu melden oder sich Hilfe zu holen: Die übergriffigen Trainer sind im Verein häufig beliebt und genießen das Vertrauen von Entscheidungsträgern, anderen Athleten oder Eltern, weiß Vera-Sport-Geschäftsführerin Claudia Koller.

"Das große Problem dabei: Das Vertrauen von Aktiven und des gesamten Umfelds zu erschleichen, ist Teil einer Täterstrategie", sagt die Expertin. "Was wir aus der Theorie kennen, begegnet uns im Alltag häufig. Zum Glück gelingt es Betroffenen den Mut aufzubringen und sich bei uns zu melden, denn es handelt sich hier um sexualisierte und psychische Gewalt, die Betroffene erfahren. Wenn der Täter nicht gestoppt wird, sind schwerwiegende Übergriffen oft nicht auszuschließen."

Sexuelle Übergriffe am häufigsten

Derzeit werden 55 Fälle von Belästigung und Gewalt im Sport bei Vera aufgearbeitet. 29 Übergriffe fanden beim Training statt, 12 Sportlerinnen wurden im Rahmen eines Trainingslagers oder in einer Übernachtungssituation belästigt. Bei 15 Betroffenen geschah es direkt bei Wettkämpfen, 11 Athletinnen wurden in der Sportstätte belästigt oder Opfer von Gewalt. 

31 der Frauen erlebten sexualisierte Gewalt, zehn mussten sich gegen körperliche Übergriffe wehren. 24 junge Frauen sprechen von seelischer Gewalt, zwei Frauen wurden vernachlässigt. "Die Täter gehen manipulativ vor, wenn sie Grenzen verschieben", so Koller weiter. Sie überzeugen ihre Schützlinge nach den Übergriffen davon, dass ihnen niemand glauben wird, wenn sie es weitererzählen. Wer unsicher ist, kann sich deshalb an Vera Sport wenden, "um das Erlebte einzuordnen und bei Bedarf Schritte zu setzen."

Hier findest du Hilfe bei Gewalt:
Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555
Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247
Rat auf Draht: 147
Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20
Gewaltschutzzentren: +43 1 585 32 88
Weisser Ring: 0800 112 112

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