Vorgetäuschtes Familienglück

Tochter von Momfluencerin enthüllt: "Waren ihr Boxsack"

Bis zu 2,5 Mio. Eltern vertrauten auf Youtube den autoritären Erziehungstipps von Ruby Franke – doch für die acht Kinder war das Leben pure Tyrannei.
Nick Wolfinger
30.01.2025, 20:32

Mit ihren autoritären Erziehungstipps traf die sechsfache Mutter Ruby Franke (43) aus Utah (USA) 2015 den Nerv der Zeit. Viel war die Rede von "verhätschelten" Kindern, die nicht mehr "gehorchen" und als "kleine Tyrannen" nicht das richtige Rüstzeug für das "harte Leben" als Erwachsener mitbekämen.

Steile Karriere mit herzlosen Erziehungstipps

Ihr Yotube-Channel "8 Passengers" ("Acht Passagiere") erreichte bald 2,5 Millionen Abonnenten. Dort lebte Franke ein scheinbar idyllisches, "perfektes" Familienleben vor. Praktisch kein Detail des Alltagslebens ihrer Kinder wurde ausgespart. Schon um 6 Uhr früh hielt die Mutter ihren Kindern die Kamera ins Gesicht, ließ eine Tochter zum Klavierspielen antreten. Die Kinder hatten keine Privatsphäre.

Dazu gab Franke ihre Erziehungstipps: Harte Bestrafungen, strenge Disziplinierung, Schuldgefühle als Druckmittel. So ließ sie etwa eine Tochter hungern, nachdem das Mädchen ihre Lunchbox zu Hause vergessen hatte oder zwang einen ihrer Söhne, als Bestrafung mehrere Monate auf einem Sitzsack zu schlafen.

"Eltern sind keine Freunde"

"Eltern dürfen nicht die Freunde ihrer Kinder sein", so ihr Credo. Verunsicherte Eltern, die ihre Kinder nicht "verhätscheln" wollten, nahmen sie beim Wort. Doch bald bröckelte die Fassade: Die Kinder wurden älter – und brachen ihr Schweigen.

Tochter Shari packt nun aus. In ihrer Autobiografie "Das Haus meiner Mutter" erzählt sie von ständigen Schlägen. "Wir waren nur ihr Boxsack", so Shari. Als ihr Bruder Russel 2020 (er war damals 12) abgemagert, mit offenen Wunden und mit Fesselspuren aus dem Haus einer Nachbarin flüchten konnte, klickten für beide Frauen die Handschellen.

Wie viel wusste der Vater?

Die Nachbarin hatte sich nach der Trennung Frankes von ihrem Mann offenbar als Komplizin angedient. Gemeinsam führten sie ihr "Momfluencer"-Dasein in diversen Social-Media-Kanälen als "Jodi & Ruby" fort. Inwiefern ihr damaliger Ehemann Kevin (45) – die beiden sind mittlerweile geschieden – nichts von den Vorgängen wusste, ist offiziell unklar. Er beteuerte stets, von den Strafen nichts mitbekommen zu haben, was ihm aber kaum jemand abnimmt. Das Buch dürfte auch darüber neue Erkenntnisse offenbaren.

Mutter für 60 Jahre im Gefängnis

Im Februar 2024 wurde Franke schließlich zu 60 Jahren Haft wegen mehrfacher und wiederholter Fälle des Kindesmissbrauchs verurteilt. Ihr Youtube-Kanal wurde nach dem Urteil gelöscht. Tochter Shari verspürte nichts als "Ekel", als sie ihre Mutter im Gerichtssaal zum letzten Mal wieder sah. Sie will mit der Veröffentlichung des Buches dieses qualvolle Kapitel ihres Lebens hinter sich lassen und sich auf eine bessere Zukunft konzentrieren. Sie hat ein Studium der Politikwissenschaften begonnen und plant zur Zeit mit ihrem Verlobten die Hochzeit.

{title && {title} } NW, {title && {title} } 30.01.2025, 20:32
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