Wildtiere

"Peinlich" – Toter Bär kommt nicht aus Österreich

Am 23. Mai wurde ein Braunbär tödlich bei einer Kollision mit der ÖBB in Salzburg verletzt – dabei gibt es in Österreich gar keine Bären.

Christine Kaltenecker
Auch wenn jetzt ein Braunbär bei einem Zugunglück in Salzburg ums Leben kam, war dies nur ein Gast.
Auch wenn jetzt ein Braunbär bei einem Zugunglück in Salzburg ums Leben kam, war dies nur ein Gast.
(Symbolbild) Getty Images/iStockphoto

In den frühen Morgenstunden des 23. Mais wurde ein Braunbär zwischen Schwarzach im Pongau und Lend auf der ÖBB-Strecke von einem Zug erfasst und getötet. Bevor nun der große Aufschrei kommt - nein, leider gibt es in Österreich keine Bären. Tierredakteurin Christine Kaltenecker sprach ausführlich mit WWF-Artenschutzexperten Christian Pichler.

Gleich 2x ausgerottet

Auch wenn der Braunbär in einem österreichischen Bundesland vom Zug erfasst wurde, spricht sich der Artenschutzexperte Christian Pichler ganz klar gegen eine österreichische Bärenpopulation aus. "Leider nein. In Österreich haben wir fast ein trauriges Alleinstellungsmerkmal - denn kein anderes Land hat es geschafft ein großes Säugetier gleich zweimal auszurotten". Es handelte sich also um einen männlichen Gast auf der Durchreise. "Es war bestimmt ein männliches Tier, denn Weibchen sind meistens in der Nähe ihres Geburtsortes zu finden, während sich die Buben bis zur Geschlechtsreife die Welt anschauen", schmunzelt der Tierschützer.

Zweimal ausgerottet?
Tatsächlich hat Österreich eine traurige Bären-Bilanz vorzuweisen. Bereits im 19. Jahrhundert wurde der Bär völlig ausgerottet, bis man ein paar Wiederansiedelungsversuche von 1989-1993 versuchte.
31 Jungtiere konnten jedoch den Bestand nicht stabilisieren und wurden teilweise sogar illegal geschossen. Der letzte Braunbär "Moritz" verschwand 2011 von der Bildfläche und die Braunbären starben ein zweites Mal in Österreich aus!

Wir sind nicht vorbereitet

Obwohl Meister Petz aufgrund der überwiegend vegetarischen Ernährung den Österreichern vermutlich sympathischer wäre als der Wolf, funktioniert unser Land offenbar mit den natürlichen Raubtieren nicht. Das "Wolfsfreie Kärnten" und "Wolfsfreie Tirol" zeigt, wie unvorbereitet und schlecht aufgeklärt Landwirte seitens der Politik sich selbst überlassen werden. "Jedes andere Land hat ein besseres Monitoring zur Feststellung der Raubtierpopulation - bei uns will man offenbar gar nicht so genau hinsehen", erzählt Pichler traurig, denn die Umwelt würde von Wolf, Luchs und Bär mehr als profitieren.

"Kein Mensch spricht darüber, dass zwischen 5.000 und 7.000 Schafe jährlich verunglücken, wo runterstürzen oder sich die Beine brechen, weil sie ungeschützt und unbeaufsichtigt auf den Almen stehen. Hühner sperrt man in der Nacht zum Schutz vor Fuchs und Marder ja auch in den Stall", erwähnt Pichler bevor er zum nächsten Schlag ausholt: "In Tirol wurden jetzt vereinzelt Hirten eingesetzt - dort kommt es nicht zu einem Schafsriss vom Wolf oder zu den zahlreichen Unfällen, aber wir haben verlernt mit den Raubtieren zu leben und es dauert sehr lange unsere Gewohnheiten zu ändern".

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    Ein Braunbär wurde am 23. Mai 2023 auf der ÖBB-Strecke der Tauernbahn in Salzburg von einem Zug erfasst und dabei getötet.
    Ein Braunbär wurde am 23. Mai 2023 auf der ÖBB-Strecke der Tauernbahn in Salzburg von einem Zug erfasst und dabei getötet.
    Land Salzburg/ÖBB

    Jedes einzelne Tier ein großer Verlust

    Der Wolf wird angefeindet, die Luchs-Population stagniert und der Bär ist nur ein Tourist. "Selbst Slowenien, welches etwa die Größe von Niederösterreich hat, zählt 1.000 Bären, doch bei uns klappt es einfach nicht", so der Artenschutzexperte traurig. Dabei wäre die Lösung denkbar einfach, laut dem Tierfreund.

    Lösungsansätze:
    1. Besseres Monitoring um Schutzmaßnahmen für Raub- und Beutetetier zu schaffen.
    2. Fachliche Aufklärung der Bevölkerung und keine Hetze.
    3. Dort wo die Konflikte entstehen können muss gutes Management für Unterstützung und tierfreundliche Lösungen sorgen.
    4. Wildtiere dürfen nicht vom Menschen angefüttert werden und ihre instinktive Scheu verlieren - dann klappt auch ein Zusammenleben.

    Sündenböcke

    Wir sind das letzte Land in Europa, wo der Wolf zurück kommt. "Eine traurige Erkenntnis, denn auch in Italien funktioniert die Co-Existenz mit 3.500 Tieren ohne nennenswerte Zwischenfälle", so der Experte. Weder der Tourismus ist davon eingeschüchtert, noch die Bevölkerung, da man rechtzeitig Maßnahmen gesetzt hätte. "Es kann durchaus vorkommen, dass man ein einzelnes Tier entnehmen muss, weil es, wie die Bärin in Trentino die Nähe zum Menschen sucht. Wenn man aber hintergründig weiß, dass dieses Tier seit dem Jahr 2000 aus Menschenhand gefüttert wurde, sollte der Bär dann nicht der Buhmann sein und als schlechtes Beispiel angeführt werden", so Pichler.

    Der tragische Unfall-Bär von heute morgen wird wohl bald identifiziert werden und steht vielmehr für die Straßenmortalität, die den Tieren neben Flächenfraß und illegalen Möchtegern-Jägern zum Verhängnis werden. "Rund um Österreich ist das Monitoring anhand DNA-Proben beinahe lückenlos", so Pichler, "man wird schnell herausfinden, um welchen Bären es sich handelt, sofern es kein illegales Tier aus einer ehemaligen Privathaltung ist."