Szene
Stipsits' Krimi verlegt Columbo ins Burgenland
Agatha Christie hat's gewusst und Thomas Stipsits auch: Verbrechen passieren auch in der Provinz. Sein Kommissar ermittelt in "Kopftuchmafia" in Stinatz.
Thomas Stipsits ist ein beliebter Kabarettist und ein noch beliebterer ORF-Schausspieler. Zumindest behauptet das seine Romy als "Beliebtester Schauspieler Kino/TV-Film", die er 2019 bekam.
Keine Frau ohne Kopftuch
Der Obersteirer ist tief drinnen auch Burgenländer mit Stinatzer Wurzeln. Sein großelterlicher Bauernhof liegt nahe Stinatz. Den verlegte der Stipsits-Bua, wie er dort genannt wird, kurzerhand auf die Hauptstraße des Dorfes. Von dort stammt in Stipsits Burgenland-Krimi "Kopftuchmafia" sein Kommissar Sifkovits. Warum gerade auf die Hauptstraße? Weil vor dem Haus ein Bankerl steht, auf dem drei alte Damen sitzen und tratschen. Wie so üblich im Burgenland tragen die drei Kopftuch, weil man im Burgenland bis vor zwei Generationen nicht ohne das Haus verließ – und trotzdem streng römisch-katholisch war. Die Damen schießen scharf – mit ihrem Mundwerk.
Stipsits mit der "echten" Kopftuchmafia in Stinatz Fotocredit: Marko Zlousic
Nicht so sehr Columbo ...
Der frischgebackene Krimi-Autor ("Kopftuchmafia" erschien Mitte Oktober 2019) wollte einen Kommissar wie Columbo erschaffen. Sein Burgenland-Kroate Sifkovits, inzwischen in der "Großstadt" Eisenstadt zuhause, hat mit dem Kult-Kommissar einiges gemein: altes Auto, zerknitterte, immer gleiche Kleidung und eine abwesende Ehefrau. Als in seinem Heimatdorf eine Braut bei ihrer Hochzeit umgebracht wird, muss er in vertrautem Umfeld ermitteln. Doch wo Columbo genial ist, ist "Schiffi" eher planlos. Außer er plant das nächste Essen, das ihm die Mama kochen soll. Nette Geste: Frau Sifkovits' Erdäpfelstrudel-Rezept ist dem Buch angefügt.
... sondern mehr ein abgespeckter Benno Berghammer
Überhaupt erinnert der burgendländische Ermittler mehr an die nicht nur gewichtsmäßige Schmalspurvariante des Bullen von Tölz als an Columbo. Denn wo dem Benno die urigen Nebencharaktere von Mama Berghammer bis zur preussischen Kollegin lustige Stichworte geben, bleibt die Tätersuche in Stinatz eindimensional und leider etwas flach.
Bitte mehr ... mehr Bücher, mehr Biss, mehr Paprika
"Kopftuchmafia" kommt ein bisschen farblos daher. So beige wie die immer gleichen Hosen des Kommissars. Im Buch schlummert das Potential zu mehr. Stipsits könnte mit seinem Kieberer eine tolle Buchreihe machen. Immer vorausgesetzt, er befolgt die Regel Nummer eins im Burgenland: Ein bisschen mehr Paprika! Das gibt mehr Farbe und ein bisschen Schärfe, damit's nicht fad schmeckt.
Fotocredit: Marko Zlousic
Der ORF drehte 2008 eine "Homestory" über Thomas Stipsits