Szene
Theaterstück mit "bösem Flüchtling" an Schulen
Mit einem Theaterstück über einen "guten" und einen "bösen Flüchtling" wollte Ex-Innenminister Sobotka (ÖVP) Schüler über das Thema Flucht informieren.
Wahrlich ungewöhnliche Wege ging Wolfgang Sobotka, als er während seiner Zeit als Innenminister ein Theaterstück für 11- bis 17-jährige in Auftrag geben ließ, mit dem er Schüler über das Thema Flucht informieren wollte. Das Stück war, wie jetzt durch die Recherchen der Radiosender FM4 und Ö1 bekannt wurde, auch tatsächlich 70 Mal an Schulen in Niederösterreich zu sehen gewesen und spaltet momentan die Gesellschaft. Während die einen in dem Stück ein realistisches Abbild der momentan herrschenden Zustände sehen, kritisieren andere die stereotypische Darstellung von Flüchtlingen und auch Österreichern in dem Stück.
Grundlage des Theaterstücks: Ein guter und ein böser Asylant
Das fertige Stück nennt sich "Welt in Bewegung" und es handelt von zwei Asylwerbern, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Der politische Flüchtling, der in seiner Heimat verfolgt wurde, wird in dem Theaterstück zum gebildeten, höflichen und integrationswilligen Migranten hochstilisiert, während der andere Flüchtling als Wirtschaftsflüchtling charakterisiert wird, der lediglich aus Geldgier die Reise nach Europa antrat.
Als sich die Hoffnungen des Wirtschaftflüchtlings aber nicht erfüllen, gerät er in die Fänge des IS und landet schließlich im Gefängnis. Dieses Ende war aber dann doch anscheinend einigen Personen "zu heiß", weshalb auch ein alternatives Ende geschrieben wurde, in dem der Wirtschaftsflüchtling schließlich nach Afrika zurückkehrt. Der Regisseur, Edmund Emge, sprach mit Ö1 auch über die Intentionen Sobotkas, "der mittels eines Theaterstückes, Kinder und Jugendliche mit dem Thema Migration und Flüchtlingspolitik konfrontieren" wollte.
Kritiker sehen extreme Vereinfachung komplexer Sachverhalte
Die Intention des Stückes mag eine hehre gewesen sein, jedoch fehlt bei vielen das Verständnis für die sehr einseitige und simplifizierende Art, in der im Theaterstück komplexe Sachverhalte auf simple Schemen heruntergebrochen werden. Dies betreffe aber nicht nur die beiden Hauptfiguren des Stückes, die beiden Flüchtlinge, sondern auch Nebenfiguren wie zwei äußerst fremdenfeindliche alten Tanten, eine gutgläubige Jogalehrerin, die von den Flüchtlingen ausgebeutet wird oder der klischeehaften Darstellung eines quotengeilen Journalisten, die allesamt als plumpe Stereotypen dargestellt werden.
Welt in Bewegung erzählt die Geschichte von Nadim und Mojo, zwei jungen Männern aus verschiedenen Kulturkreisen, die nach Österreich geflüchtet sind. Ihre Beweggründe, Ängste, Hoffnungen, Enttäuschungen und Träume werden ebenso gezeigt wie Begegnungen mit Einheimischen und ihre Freundschaft zu den beiden Journalisten Amelie und Vincent. Während einer der Asylwerber sich beispielhaft zu integrieren sucht, gerät der andere, durch Verzweiflung und Naivität getrieben, langsam auf die schiefe Bahn. Amelie, Vincent und Nadim setzen nun alles daran, ihren Freund aus dem radikalen Umfeld zu befreien und ihm Perspektiven für eine bessere Zukunft aufzuzeigen.
Innenministerium verteidigt klischeebehaftete Darstellung
Alexander Markovits wies diesen Klischeevorwurf mit einer interessanten Argumentationslinie zurück: "Wir müssen die Dinge schon vereinfachen, weil die Integration ist ein sehr komplexes Thema. Sie müssen die Botschaft einfach herunterbrechen. Das wurde auch gemacht, unter professioneller Begleitung." Außerdem seien bei den Aufführungen des Stückes auch immer Mitarbeiter des Ministerium vor Ort um auch eventuelle Fragen aus dem Publikum beantworten zu können. Markovits gestand aber gegenüber Ö1 ein, dass es sich hierbei um eine "relativ neue" Art der Politikvermittlung handle.
Zwischen 7.000 und 10.000 Schüler haben das Stück bereits gesehen
Inzwischen hat bereits eine große Anzahl an Schülerinnen und Schülern das Stück gesehen, konkret geht es um 7.000 bis 10.000 Kinder in Wien, der Steiermark, Niederösterreich und Salzburg, die zu Gratisbesuchen des Theaterstücks eingeladen worden seien. Die Reaktionen der Eltern seien dabei durchwegs positiv gewesen, erzählt Autor Edmund Enge, widerspricht damit aber gleichzeitig einer Lehrerin die gegenüber FM4 angab, dass dieses Theaterstück ihre jahrelange Integrationsarbeit zunichte machen würde.
Erste öffentliche Vorstellung abgesagt
Eigentlich hätte das Stück am Freitag Vormittag im Weltmuseum aufgeführt werden sollen. Unterdessen wurde die erste geplante öffentliche Vorstellung des Theaterstückes aber abgesagt. Das Museum möchte die Stückfassung und den Hintergrund noch einmal prüfen, bevor es das Theaterstück auch tatsächlich aufführt. (mat)