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The Evil Within 2 im Test: Fast grenzenloser Horror

Kein Zufall, dass The Evil Within 2 an einem Freitag, dem 13., erscheint. Auch Teil 2 soll dem japanischen Titel gerecht werden: PsychoBreak.

Heute Redaktion
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Blicken wir zurück: The Evil Within sorgte im Jahr 2014 für Grusel und Survival-Horror der Extraklasse. Für Kritik sorgten die geringe Waffenauswahl, mit der man sich der Grusel-Gestalten erwehren konnte, ebenso wie die etwas angestaubte Grafik und die behäbige Begleiter-KI. Umso mehr gefiel die unheimliche Handlung, das abwechslungsreiche Leveldesign und die fast durchgehend nervenzerfetzende Atmosphäre.

Drei Jahre später will The Evil Within 2 einen ebensolchen Survival-Hit landen, wie es der Vorgänger getan hat. Spieler schlüpfen ein weiteres Mal in die Haut von Ex-Detective Sebastian Castellanos und bekommen es wieder mit der Albtraumwelt des STEM zu tun. Was die Spieler wohl brennend interessiert: Was wurde aus Sebastians vermisster Frau und vor allem seiner Tochter, die er angeblich in einem Feuer verloren hatte?

So viel sei gesagt: Plötzlich gibt es eine Spur zu Lily – und die führt direkt in die albtraumhaft-gehirnkoppelnde Welt der STEM-Maschine. Sebastian selbst ist im Spiel gealtert, die Jahre seit den Geschehnissen in Teil 1 haben ihn gebrochen. Auffällig: All das kennt man aus großen Horror-Hits wie zuletzt Resident Evil 7, aber auch aus alten Legenden wie Silent Hill. Aber: Gut zusammengesetzt ist besser als schlecht erfunden – und The Evil Within 2 präsentiert eine wahrlich große, wenn auch nicht bahnbrechende Story.

Es ging wieder etwas schief

Spieler des ersten Teils werden sich schnell heimisch fühlen und mit den Worten Sebastians und den weiteren Charakteren wie Juli Kidman sofort etwas anfangen können, für Neulinge tun sich allerdings Wissenslücken auf. Besonders was das STEM-System betrifft, von dem die wiederauftauchende Kidman redet, nachdem sie Sebastian im Ruhestand und in Dauertherapie ausfindig gemacht hat. Was aber Kenner wie Neulinge erfahren: Es ist mal wieder etwas schiefgelaufen und wir müssen es richten, koste es was es wolle.

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So landen wir in der Rolle von Sebastian in einer düsteren amerikanischen Stadt namens Union. In Wahrheit ist das eine vom STEM konstruierte virtuelle Stadt, in der sich Gehirne von STEM-Nutzern miteinander verbinden können. Stellt sich die Frage: Ist The Evil Within 2 weniger gruselig, wenn man über die Vorgänge Bescheid weiß und nicht wie in Teil 1 eigentlich gar nicht begreift, was passiert? Nicht wirklich.

Offen statt begrenzt

In The Evil Within sorgte die klaustrophobische Umgebung mit engen Gängen, Sackgassen und begrenzten Räumen für Unbehagen. In Union ist man dagegen in fast offenen, weitläufigen Arealen unterwegs. Abbruch tut dies dem Horror aber keinen. Denn obwohl man nun weglaufen, sich besser verstecken und sich freier bewegen kann, wird einem immer mehr klar, dass es trotz dieser Möglichkeiten einfach kein Entkommen vor dem Horror gibt.

Das Gameplay profitiert dafür von der offenen Umgebung umso mehr. Hat man die Einführungskapitel hinter sich, steht eine unheimliche Welt offen, in der man fast vollständig frei erkunden und suchen kann. Einzig an gewisse Punkte ist man gebunden, etwa mit einem Charakter zu sprechen, der einem eine kleine STEM-Einführung und Nebenmissionen gibt. Wobei Nebenmission den Kern der Sache nicht erfasst: Auch Sidequests sind vollständig in die Handlung eingebunden und nie nur Zusatzaufgaben, die man erledigen kann. Hier können sich Titel mit immer wiederholenden Quests noch etwas abschauen.

Grauen zieht sich durch jede Szene

Was The Evil Within 2 aber wohl am besten schafft, ist, den Horror und Grusel über die gesamte Spielzeit von gut und gerne 20 Stunden nicht abreißen zu lassen. Und man sieht die Schrecken einfach nicht kommen. Wer glaubt, er kann schnell mal ein Haus nach Waffen oder Gegenständen durchsuchen, wird geschockt. Es reicht, ein Blatt Papier aufzusammeln, schon hat man eine Horror-Vorstellung von der Leine gelassen.

Die Temperatur im Raum fällt, die Auswege aus dem Haus sind versperrt und Sebastian bekommt es mit mit einer Art Geistermädchen zu tun, das den Protagonisten in eine andere Dimension befördert, aus der erst ein Ausweg gefunden werden muss. Und: Das alles ist eine, wenn man es so nennen mag, "Nebenmission", die man weder erwartet, noch als lästig oder unpassend empfindet.

Abwägen und überleben

The Evil Within 2 zieht auch den Survival-Aspekt noch stärker an als der Vorgänger. Jede Situation erfordert sorgfältiges Abwägen, denn alle Aktionen haben ihren Preis. Munitionssuchen können zum direkten Lauf in eine Falle werden, das Untersuchen eines Ortes und schutzlos einem hinterhältigen Angriff eines Wahnsinnigen ausliefern. Statt der erhofften Munition steht man nach der Begegnung nicht selten mit weniger Items da, als man vor der Suche hatte.

Gleichzeitig zeigt sich The Evil Within 2 aber fair. Wer viel erkundet, wird insgesamt auch mit mehr Gegenständen aussteigen, wer gar nichts erkundet und einfach dem Hauptmissions-Marker folgt, hat aber auch keinen entscheidenden Nachteil im Spielverlauf. Der Horror wird hier zum reinen Erlebnis und nicht zur Pflichtübung.

Von Waffen und Begleitern

Was uns zu den Waffen und Gegenständen bringt. Die Charakter- und Waffenupgradesysteme und das Herstellungssystem kehren zurück, aber in viel tiefgehenderer Form. Wieder sind die Ressourcen knapp und die Schritte wollen wohlüberlegt sein. Medikamente und Munition können nun an einer Werkbank hergestellt werden. Allerdings kann man in hitzigen Gefechten eine Spritze auch schnell über das Menü herstellen, zum Preis der doppelten Materialkosten. Vorbereitung ist also alles. Das Waffenarsenal ist zwar auch in Teil 2 nicht überwältigend, die neuen Upgrademöglichkeiten machen dies aber mehr als wett.

So anspruchsvoll der Horror der Umgebung und der Handlung ist, nicht immer hält die Intelligenz der Gegner, aber auch der Begleiter dabei mit. Während sich die meist grauenhaft entstellten Gesellen im direkten Kampf als beinharte Feinde herausstellen, verlieren sie uns schon aus den Augen, wenn wir hinter einen Baum oder ein Fahrzeug laufen – und brechen die Suche nach uns manchmal sofort ab. Und: Marschiert eine Zombie-gleiche Horde auf uns zu, zückt unser Begleiter die Waffe – und schießt in die entgegengesetzte Richtung. Die Spannung aus den Kämpfen nimmt dies zwar nicht, aber ein paar Mal wird man bei diesen Mechaniken zumindest eine Augenbraue heben.

Angst als ständiger Begleiter

Absolut fesselnd ist dagegen die Atmosphäre des Spiels. Der Zocker fürchtet sich, nicht durch plötzliche Schrecken und immer wieder mal, sondern ständig und anhaltend. Wie schon der Vorgänger exzellente Arbeit bei Lichtspielchen und Animationseffekten geleistet hat, hält auch der Nachfolger diese Formel hoch und liefert packende optische Täuschungen und Fantasiewelten ab. Gemälde verwandeln sich in begehbare Welten und die Leiche, die von der Decke hängt und an der wir gerade vorbeigegangen sind, hat sich beim erneuten Hinsehen gedreht. Dem Spieler sitzt buchstäblich die Angst im Nacken.

Vor allem die Bosse werden Spieler so richtig fordern und sie auch mal die Flucht aufgrund ihrer Übermacht ergreifen lassen. Im direkten Kampf hat man meist sowieso keine Chance. Es gilt, sie in Fallen zu locken und über Umgebungsgegebenheiten auszuschalten. Während ein Boss Kugel um Kugel einsteckt, brennt er dafür lichterloh, wenn man die Ölpfütze entzündet, in der er (oder es) gerade steht. The Evil Within 2 erfordert Nachdenken und Planen und fasziniert gleichzeitig mit einer grotesk-morbiden Umgebung und schockierenden Gestalten.

Fazit: Schockierend gut

Als "eine Hölle, die niemand freiwillig ein zweites Mal durchquert", beschreibt John Johanas, Game Director von The Evil Within 2, das STEM, durch das sich die Spieler ein zweites Mal kämpfen. The Evil Within 2 ist tatsächlich eine herrlich gut gelungene Hölle. Ja, manchmal nervt die Begleiter-KI, doch sonst liefert The Evil Within 2 alles und mehr ab, was man von einem guten Horror-Titel erwartet.

Bis in die finalen Spielmomente bekommt der Gamer eines vermittelt: Egal wie viele Waffen du hast, für den Horror, der dich erwartet, bist du einfach nicht gerüstet. Die fast offene Spielwelt verstärkt diese Hilflosigkeit sogar noch einmal und dass auch die Nebenmissionen so eng in die Handlung eingebunden wurden, macht The Evil Within 2 zu einem schockierend guten Albtraum, aus dem man nicht so schnell erwachen will.