Oberösterreich

Teuerung brutal – Schnäppchenjäger sorgen nun für Ärger

Die Lage ist angespannt: Die Teuerung hält an und damit für viele die Angst, über die Runden zu kommen. Nun ist ein Streit um Lebensmittel entbrannt.

Oberösterreich Heute
Mehr und mehr Leute sind auf Sozialmärkte angewiesen. Diese kommen aber immer schwerer an Ware.
Mehr und mehr Leute sind auf Sozialmärkte angewiesen. Diese kommen aber immer schwerer an Ware.
Helmut Graf

Die Zahl an Bedürftigen ist deutlich gestiegen, die Aggressivität von Kunden hat zugenommen, immer weniger Ware steht zur Verfügung: Die Situation in den Sozialmärkten spitzt sich zu. Jetzt gibt es ein weiteres Problem: Plattformen gegen die Verschwendung von Nahrungsmitteln werden zu Konkurrenten.

"Vor Corona haben wir am Montag 40 bis 50 Kisten Gemüse gehabt. Jetzt sind es nur zehn", sagt Boshena Kroiss, die den Rotkreuz-Markt in Leonding (Bez. Linz-Land) leitet, zu den "Oberösterreichischen Nachrichten". Die Helferin greift nun sogar schon in die eigene Geldbörse und kauft Eier, um sie weiterzugeben.

"Vor Corona haben wir am Montag 40 bis 50 Kisten Gemüse gehabt. Jetzt sind es nur zehn." Boshena Kroiss, Leiterin des Rotkreuz-Marktes in Leonding

Von anderen Sozialmärkten hört man Ähnliches: "Es gibt weniger Überschusswaren und immer mehr Konkurrenz", berichtet Alex Lindenbauer, Chef einer Einrichtung der Volkshilfe in Linz-Urfahr. Auch Erwin Hehenberger, Gründer der OÖ Tafel in Wels, klagt über 30 Prozent weniger Produkte.

Das Problem: Früher haben sich ausschließlich Sozialorganisationen zu viel vorhandener Ware angenommen und damit die Regale der Märkte gefüllt. Mittlerweile gibt es verschiedene Plattformen, die Essen und trinken vor dem Wegwerfen retten wollen. Sie vermitteln nicht verkaufte Ware an Kunden, den Einrichtungen bleibt damit deutlich weniger.

Raufereien und Bisse

Die Folge: unschöne Szenen. Es wird gebissen und gerauft. Wenn gleichzeitig die Zahl der Kunden steigt, führt das zu unschönen Szenen. Es wird gebissen und gerauft. "Mitarbeiter haben aufgehört, weil sie die tägliche Schlacht um den Einkaufswagen nicht mehr aushalten", so Lindenbauer. Alle 14 Tage muss bei ihm die Polizei einschreiten.

Verstärkte Konkurrenz gibt es mittlerweile auch zwischen den Sozialmärkten, die weniger selten als früher dieselben Supermärkte anfahren. "Man merkt, dass die Fühler immer weiter ausgestreckt werden", erklärt Lindenbauer.

Ein Ausweg ist das Zukaufen von Waren mit Spendengeldern. "Das ist aber eigentlich nicht der Sinn", sagt Fred Edlinger, Bereichsleiter bei der Volkshilfe Oberösterreich. Er pocht auf eine Regelung, wonach der Handel einen gewissen Teil der Waren für die sozialen Initiativen zur Verfügung stellen muss.

Land unterstützt

Sozial-Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) teilt die Einschätzung der Sozialorganisationen: Die Apps würden das Angebot an Lebensmitteln verknappen. Das Land unterstütze die Märkte deshalb mit Warenspende-Paketen, Ehrenamtskampagnen und Aktionstagen.

Die alleinige Ursache bei den Plattformen zu suchen, wäre aber zu kurz gegriffen. Denn: Supermärkte kalkulieren heute besser als früher. Man nutze dafür sogar Künstliche Intelligenz, mit der man berechne, wie viel an welchem Tag bestellt werden soll, damit eben möglichst wenig übrig bleibe, heißt es von Spar Österreich.

Außerdem betreffen die Engpässe auch Waren, die länger haltbar sind und nicht über diese Plattformen vertrieben werden. So fehlt es in Rotkreuz-Märkten etwa an Salz, Zucker, Mehl, Hygieneartikeln und Windeln. "Da sind wir auf Spenden aus der Bevölkerung angewiesen", sagt Paul Reinthaler vom Roten Kreuz.

"To Good To Go", eine der Plattformen, weist die Kritik zurück: Sozialmärkte könnten aus hygienerechtlichen, logistischen oder personellen Gründen oft nicht alle Lebensmittel abnehmen, so die Argumentation. Die App stelle eine Ergänzung für alle Lebensmittel dar, die nicht gespendet werden könnten.

Martinigansl deutlich teurer

Es ist in diesen Wochen von vielen Esstischen nicht wegzudenken: das Martinigansl. Die massive Inflation hat das Festtagsgericht jetzt deutlich teurer gemacht.

Eine Umfrage bei verschiedenen Vermarktern in Oberösterreich hat ergeben: Gegenüber dem Vorjahr wurden die Preise um bis zu 1,50 Euro pro Kilo angehoben. Der Grund: Auch die Landwirte sind von Kostensteigerungen betroffen, die sie an die Kunden weitergeben.

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