Wirtschaft
Teuer-Ansage im ORF – KV-Forderungen werden noch steigen
Die Gehaltsverhandlungen zwischen Arbeitgeber und Gewerkschaften spitzen sich in vielen Branchen zu. Die Forderungen werden immer höher werden.
Nach dem eintägigen Eisenbahner-Streik am Montag drohte auch im Handel ein Arbeitskampf. Erst in letzter Sekunde konnte Dienstagabend nach zehnstündigem Feilschen um jeden Prozentpunkt Gehaltsplus noch eine Einigung erzielt und der Weihnachts-Streik abgewendet werden. Die Gehälter der Handelsangestellten steigen um 7 Prozent, mindestens jedoch um 145 Euro brutto monatlich – "Heute" berichtete.
Doch warum werden die Verhandlungen jetzt so hart geführt wie schon lange nicht? In der ZIB2 diskutierten Dienstagnacht dazu Barbara Blaha vom arbeitnehmernahen Momentum Institut und Hanno Lorenz vom wirtschaftsliberalen Institut Agenda Austria.
Die Konfrontation, die ORF-Moderator Martin Thür vor laufender Kamera geplant hatte, blieb aus. Trotz unterschiedlicher Weltanschauungen präsentierten sich die beiden geladenen Experten ungewohnt harmonisch.
Blaha machte den Anfang, bezeichnete den Abschluss im Handel als eine gute Einigung: "Wichtig war, dass wir über der Inflationsrate landen. Gerade im Handel als Niedriglohnsektor war eine dauerhafte, stabile Lohnerhöhung wichtig." Auch Lorenz freute sich über ein Abwenden des Streiks: "Alle Österreicher sollten zufrieden sein, dass es eine Einigung gegeben hat".
Zweistelliger Abschluss zu hoch gegriffen?
Einig sind sich die beiden auch, dass es durch die rollierende Inflation bei späteren KV-Verhandlungen auch höhere Forderungen gebe. Zwischen den Verhandlungen der Metaller und den Eisenbahnern läge ein rollierender Inflationsunterschied von 2 Prozent. Die Beschäftigten müssten fürchten, dass ihnen das "das Geld in der Tasche zerfließt". Die Eisenbahner-Forderung einer Flatrate von 400 Euro für alle sei klug gedacht, weil es den Niedriglohn-Bediensteten sehr viel mehr bringen würde als den Top-Managern.
Die Gewerkschaft verlange aber in keinen Branchen tatsächlich zu viel, sagt Blaha. Durch die gestiegenen Preise gebe es eine Rekordteuerung im Land: "Verstehe ich total, dass die Beschäftigten sagen, wir wollen unsere Löhne erhöht haben."
Während sich die Momentum-Expertin durchaus 10 Prozent vorstellen kann, sind diese für den Agenda-Austria-Vertreter zu hoch. Aber: beide wissen, dass solche Forderungen oft überzogen sind und maximal Verhandlungsbasis. Lorenz betont, dass ein Abschluss in zweistelliger Höhe eher unwahrscheinlich sei. "Ich glaube, dass es hier das Geplänkel von beiden Seiten ist und nicht erwartet wird, dass es einen Lohnabschluss von über 10 Prozent gibt".
"Vom Bahnstreik haben wir alle was"
Auch, dass die Gewerkschaft im Handel das vorgeschlagene Modell einer geringeren Erhöhung samt Einmalzahlung abgelehnt habe, hält Blaha für sehr viel besser für die Arbeitnehmer. Eine solche Einmalzahlung anstelle einer permanenten Gehaltserhöhung würde die Angestellten aufs Leben hochgerechnet um sehr viel Geld bringen. Lorenz pocht dennoch auf Kombinationslösungen, das absolute Nein zu Einmalzahlungen hält er für zu hart.
Die Ergebnisse könne man nur mit entsprechenden Druckmitteln umsetzen, sagt Blaha in Hinblick auf die aktuelle Streikwilligkeit im Land. Die Arbeitgeber im Handel hätten auch die Rute im Fenster der Eisenbahner gesehen und verstanden, die Gewerkschaften meinen es ernst. "Vom Bahnstreik haben wir alle was, auch wenn wir ein bisschen länger im Stau gestanden sind", sagt die Expertin abschließend.