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"Streets of Rage 4" im Test: Kult-Comeback des Jahres
Mehr als ein Vierteljahrhundert hat es gedauert, bis der Kult-Prügler "Streets of Rage" zurückkehrt. "Streets of Rage 4" ist dabei so gut, dass es das Kult-Comeback des Jahres darstellt.
Was waren das für Zeiten mit den drei "Streets of Rage"-Teilen am Sega Mega Drive! Die Serie verhalf dem Beat'em-Up-Genre in Sidescroller-Grafik zum Durchbruch. Doch Mitte der 1990er schien die "Streets of Rage"-Reihe trotz Erfolgen und Lob von allen Seiten zu einem jähen Ende zu kommen. Zwar wurden immer wieder Nachfolger angekündigt, die Projekte verliefen sich aber nach und nach im Sand.
Letztlich dauerte es bis heute, dass Sega ein neues "Streets of Rage"-Projekt der Entwickler Dotemu, Guard Crush Games und Lizardcube abnickte und "Streets of Rage 4" auf PlayStation 4, Nintendo Switch, Xbox One und Windows PC erscheinen durfte. "Heute" konnte die Switch-Version des Prüglers testen. Auffällig ist die ganz neue handgezeichnete Comic-Optik, die nicht nur extrem flüssig läuft, sondern auch den groben Pixel-Look der Vorgänger ablöst. Wer dennoch im alten Look spielen will, kann im Menü zwei Retro-Filter aktivieren.
Gleiches gilt für die Sound-Untermalung, optional erschallt klassische Electronic Dance Music statt der neuen Klänge von Musikern wie Yuzō Koshiro, Motohiro Kawashima, Yoko Shimomura oder Harumi Fujita. So sentimental man aber bei den Retro-Modi werden kann, am besten spielt sich "Streets of Rage 4" doch im neuen Gewand mit dynamischen Hintergründen, teils zerstörbaren Umgebungen und tollen Kampfeffekten. Es ist ein gelungener Spagat zwischen dem geliebten Retro-Gameplay und einer modernen Neuinterpretation.
Wunderschön individuelle Charaktere
Axel, Blaze, Adam und andere Serien-Veteranen kehren als Spielfiguren zurück, neu sind der muskelgestählte Floyd und die äußerst flinke Cherry. Was "Streets of Rage 4" neu macht: Jeder Charakter sieht nicht nur anders aus, sondern steuert sich auch komplett einzigartig. Gemein haben sie bei den Attacken einen Standard-Angriff, einen Sprung mit Attacke, ein Greifen des Gegners und ein Spezialmanöver sowie eine verheerende Ultra-Attacke, die nur begrenzt eingesetzt werden kann. Dazu gibt es die Möglichkeit, von Gegnern benutzte oder gefundene Objekte wie Granaten oder Molotov-Cocktails und kaputtgehende Waffen zu packen und auf die Feinde zu schleudern oder sie anders gegen sie einzusetzen.
Die Angriffsarten unterscheiden sich aber: So kann ein Charakter etwa schnell laufen, um Angriffen auszuweichen, während ein anderer dafür gewaltige Schläge mit Umgebungsschaden anzurichten vermag. In manchen der insgesamt zwölf Levels kann die Wahl der richtigen Angriffsart spätestens ab der Schwierigkeitsstufe "Normal" über Erfolg und Niederlage entscheiden. Auch die Schwierigkeitsgrade zeigen sich überraschend unterschiedlich, denn nicht nur werden Feinde stärker und die Spielfiguren schwächer, die Gegner bekommen auch neue Attacken oder Panzerungen spendiert – oder setzen sie zumindest öfter ein. Genial!
Schön belebte Levels
Auch die zwölf Levels mit einer Spielzeit von zwei Stunden im geringsten Schwierigkeitsgrad könnten unterschiedlicher nicht sein. Ob in Seitengassen mit vernagelten Geschäften und verfallenen Häusern oder auf Wolkenkratzer-Dächern mit neonbeleuchteten Skylines im Hintergrund wird geprügelt, bis der Bildschirm mit Explosionen und Figuren gefüllt ist. Schön dabei: Wer sich die Zeit nimmt, erkennt im Hintergrund die lebendige Welt: Da prügeln sich andere Charaktere mit Feinden oder betrinken sich Gruppen in beleuchteten Lokalen, während wir immer neuen Feinden im Vordergrund gegenübertreten.
Praktisch für Anfänger ist, dass der Bildschirmtod nicht nur zu unendlichen Wiederholungsmöglichkeiten führt, sondern auch der Charakter gleich neu ausgewählt werden kann, um es erneut zu versuchen. Einzige Einschränkung ist aber, dass es in den Levels keine Checkpoints gibt – wer stirbt, muss die Mission von vorne starten. Ärgerlich ist das nicht wirklich, weil "Streets of Rage 4" einfach dermaßen viel Spaß macht, doch Zwischen- und Endbosse mit teils unglaublich großen Lebensleisten zwingen oft unweigerlich zu mehreren Anläufen. Ein eigener Arcade-Modus mit Permadeath, Boss-Kampf-Reihen und die Missionsauswahl können im Verlauf des Games freigespielt werden.
Kult-Comeback des Jahres
Den Schwierigkeitsgrad jedenfalls dreht "Streets of Rage 4" hoch: Vor allem gegen Ende hin sind auch Standard-Feinde wie Polizisten mit Schildern knifflige Gegner und gleichzeitig entziehen Spezialattacken der Spielfigur Gesundheit, die erst durch weitere Schläge oder durch in den Missionen gefundenes Essen wieder aufgeladen werden kann. Wer sich alleine schwer tut, kann sich online zu zweit oder lokal zu viert prügeln. Neben dem Gegeneinander-Modus kann man auch gemeinsam durch die Missionen kämpfen - sogar, wenn ein Spieler schon in anderen Missionen ist, die der Partner noch gar nicht erreicht hat.
Kult-Beat'em-Up im neuen Design: "Streets of Rage 4" ist ein Fest für Liebhaber von Retro-Sidescroll-Prüglern und technisch blitzsauber ausgefallen. Der etwas kurzen Spielzeit stehen jede Menge Modi und eine sehr komfortable Multiplayer-Möglichkeit gegenüber. Schön, dass es nach so vielen Jahren gelungen ist, der Serie neues Leben einzuhauchen. "Streets of Rage 4" ist ein Action-Feuerwerk und das Comeback des Jahres, wenn nicht sogar des Jahrzehnts. Die neue Technik macht das Beat'em-Up zu einem Muss für jeden Gamer.