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"Keine Kompromisse bei Essen, Spaß und Liebe"

Im Gespräch mit Ö3-Moderatorin Claudia Stöckl gab Starkoch Jamie Oliver tiefe Einblicke in sein Privatleben und gestand, gescheitert zu sein.

Heute Redaktion
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Jamie Oliver ist mit knapp 40 Millionen verkaufter Kochbücher der erfolgreichste Kochbuchautor der Welt. Seine TV-Shows werden in 50 Ländern ausgestrahlt – jeder kennt den Briten mit dem Kochlöffel. In den letzten Monaten hat Jamie Oliver allerdings mehr mit der Krise seiner Restaurant-Kette "Jamie's Italian" Schlagzeilen gemacht.

Aus Fehlern muss man lernen

Im Exklusiv-Gespräch mit Claudia Stöckl in Ö3-"Frühstück bei mir" am Sonntag antwortet der 43-jährige Brite auf die Frage, wie er die Schließung seiner zwölf "Jamie's Italian"-Restaurants in Großbritannien und einem Restaurant in Australien sieht: "Ja, wahrscheinlich ist es ein Scheitern. Wir haben viele Fehler gemacht."

Die Restaurant, die er dicht machen musste, wurden eröffnet, "als wir sehr zuversichtlich waren. Wir haben damals ein 25 Jahre dauerndes Mietverhältnis vereinbart und diese Mieten waren sehr teuer und da waren dann noch die Zinsen, die ja an die Mieten gekoppelt waren." Abgesehen davon würden dann noch die Kosten für die relativ teuren Prinzipien, die in Jamie's Restaurants vertreten werden, hinzukommen. "Zum Beispiel verwenden wir Fleisch von freilaufenden Hühnern, oder Fisch aus nachhaltiger Fischzucht – wir beziehen von kleinen Lieferanten, das kostet eben." So mussten eben Konsequenzen gezogen werden.

"War nie ein guter Sparer"

Der Mut zum Scheitern, so Oliver, gehört allerdings zu seiner Lebenseinstellung: "Ich war nie sehr gut darin, Geld zu sparen – auch wenn man in den Zeitungen oft etwas anderes liest. Wann immer ich gutes Geld verdient habe, habe ich es immer in eine gute, wertvolle Idee re-investiert und wahrscheinlich sind 60 Prozent davon aufgegangen und ungefähr 40 Prozent nicht."

Insgesamt sei Jamie Olivers Bilanz positiv. Der Starkoch beschäftigt nach seinen Angaben 2.500 Mitarbeiter direkt in seinen verschiedenen Unternehmungen, 130 davon in seinem Büro in London.

Immer weitermachen lautet die Devise

"Für mich war das ganze Jahr mit den Restaurants extrem hart, aber zur selben Zeit, in den anderen Bereichen meiner Welt, wo es um Medien geht, Bücher und Fernsehen, hatten wir das produktivste, glücklichste und auch erfolgreichste Jahr überhaupt. Also: Du kannst nicht alles haben, nicht einmal Jamie Oliver! Meine Fehler will ich allerdings nicht wiederholen. Und wir machen weiter. Wie Dorie im Film 'Findet Nemo' sagt: Wir schwimmen weiter. Das ist es, was wir tun."

Keine Kompromisse in der Liebe

In jedem Fall, so Oliver, hätten sich viele seiner Prioritäten in den letzten eineinhalb Jahren durch Krankheits- und Todesfälle in seiner Familie und im Freundeskreis stark verschoben: "Das waren schon existentielle Erlebnisse, die meine Perspektiven verändert haben, zum Besseren. Ich meine, das Business ist am Ende des Tages Bullshit, meine Frau Jools und ich haben darüber gesprochen: Wenn mein ganzes Geschäft morgen weg wäre, dann würde ich eben wieder in irgendeiner Restaurant-Küche arbeiten. Und ich würde bei schlechter Bezahlung gutes Essen kochen. Aber wir wären glücklich, wir haben uns und das ist alles was zählt! Wir haben gut gegessen, als wir arm waren und wir essen gut, jetzt, wo wir Geld haben. Ich habe noch nie beim Essen, beim Vergnügen und der Liebe Kompromisse gemacht. Aber wenn jemand in deiner Familie stirbt, dann weißt du, was wirklich zählt."

Durch die privat oft traurigen Zeiten hätte sich auch die Liebe zu seiner Frau verstärkt: "Ich bin meiner Frau jetzt viel näher als früher." Das Rezept für seine mittlerweile 18 Jahre dauernde glückliche Ehe? "Bewunderung. Ich bewundere meine Frau, wie sie als Mutter agiert und auch für ihre Lebenseinstellung."

Mit Kiwis gegen Schlafprobleme

Mittlerweile habe der Workaholic auch seine Schlaflosigkeit in den Griff gebracht. Sechs Jahre lang habe er nur drei Stunden pro Nacht geschlafen, gab Jamie Oliver auf Ö3 zu: "Ich hatte dann viel Zeit mit Schlaf-Wissenschaftlern verbracht und versucht, mich selbst zu verstehen. Viele Rituale eingeführt, wie eine Kiwi am Abend zu essen, weil man dann mehr Melatonin erzeugt. Es ist üblich für uns Menschen den Schlaf als Luxus zu sehen oder eine Sache, die einfach passiert. Ich habe das auch geglaubt, tue das aber nicht mehr. Mittlerweile nehme ich meine Arbeit als Luxus oder als Hobby und mein Schlaf ist für mich die Arbeit."

Kids müssen abspecken

Als Ziel in der Zukunft definierte Jamie Oliver, der auch seit vielen Jahren Botschafter für gesunde Ernährung ist und kürzlich sein "Jamie's"-Lokal in der Wiener Innenstadt besuchte, vor allem die Weiterführung seiner großen Mission: "Der einzig wahre Grund warum ich arbeite ist, dass wir die Anzahl der fettleibigen Kinder bis 2030 halbieren wollen. Grundsätzlich haben wir uns zehn bis zwölf Jahre gegeben, um eine deutliche Veränderung in der britischen Statistik zu bewirken, was die Gesundheit von Kindern angeht."

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Er und sein Team wollen die Regierung und die Unternehmen soweit bringen, dass das gesamte Umfeld verändern wird. Es sei eine große Aufgabe, die schwer zu erfüllen ist – "eigentlich ist das ja noch keinem auf diesem Planeten gelungen, dieser Plan ist tollkühn" – aber auch hier gelte: "Wir machen weiter."

Das Ö3-Interview mit Jamie Oliver gibt es zum Nachhören online auf oe3.ORF.at (red)