Wien
Stadt erleichtert Einsetzung von U-Kommissionen
Künftig können schon statt 25 statt bisher 30 Mandatare eine Untersuchungskommission einsetzen. Den Vorsitz führen nur noch Richter.
Nach der teils heftigen Kritik an den vergangenen Untersuchungskommissionen (etwa zum Krankenhaus Nord oder der Subvention von Vereinen durch die Stadt) reformiert die Stadt nun das Regelwerk. Und stärkt damit Kontrolle, Transparenz und Minderheitenrechte, wie SPÖ, Neos und Grüne heute, Donnerstag, im Wiener Rathaus betonten.
Seit Jänner wurde fraktionsübergreifend verhandelt, das sind die Eckpunkte, die herausgekommen sind:
Bisher brauchte es 30 der 100 Wiener Gemeinderäte um eine U-Kommission oder 30 von 100 Landtagsabgeordneten um einen U-Ausschuss einzusetzen. Künftig ist das schon ab 25 Stimmen möglich.
Den Vorsitz dürfen nur noch aktive oder im Ruhestand befindlichen Richterinnen und Richter übernehmen. Bisher war das auch für Notare oder Rechtsanwälte möglich. Als Grund wurde genannt, dass Richter mit den Abläufen des Vorsitzführens schon aus Gerichtsverhandlunge gewohnt seien. Neben dem Vorsitzende bilden auch zwei Stellvertreter das Schiedsgremium. Auch hier kommen nur noch Richter zum Zug.
Vorgeschlagen werden die Richter zu gleichen Teilen von den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichts Wien. Eine entsprechende Liste wird vom Magistrat erstellt, zu Beginn einer Legislaturperiode stehen 15 Namen auf der Liste, im Fall einer Untersuchungskommission werden davon drei ausgelost. Das Schiedsgremium entscheidet künftig bei strittigen Fragen, also etwa ob Zeugen oder Beweisanträge zulässig sind. Damit ist dies nicht mehr Sache einer politischen Mehrheit.
Neu ist auch, dass künftig jede im Gemeinderat bzw. Landtag vertretene Partei auch bei den Untersuchungskommissionen und Untersuchungsausschüssen dabei sein müssen. Jede Partei hat zumindest einen Sitz, die Anzahl der Mitglieder wird vom Gemeinderat für jede Legislaturperiode festgelegt.
Die Frist, in dessen Rahmen Sachverhalte zum Untersuchungsgegenstand werden können, wird auf acht von zehn Jahre, das heißt zwei Legislaturperioden, erweitert. Liegen wesentliche Ereignisse, die mit dem Untersuchungsgegenstand in direkten Zusammenhang stehen, länger zurück, so werden diese ebenfalls berücksichtigt. Bei politischen Streitereien entscheidet das Schiedsgremium.
Über die Zulässigkeit eines Antrages auf Einsetzung einer Untersuchungskommission entscheiden - je nach Zuständigkeit - die Vorsitzenden des Gemeinderats bzw. Landtages. Auch hier gilt im Streitfall: Das Schiedsgremium entscheidet, dieses wird auch dann befasst, wenn nur ein Abgeordneter anderer Meinung ist.
Um Zeugen zu laden oder um ergänzende Beweismittel anzufordern, war bisher ein Mehrheitsbeschluss in der U-Kommission nötig. Künftig genügt auch hier ein Viertel der Mitglieder-Stimmen. Diese können die Ladung einer unbegrenzten Zahl an Zeugen und die Durchführung ergänzender Beweisaufnahmen verlangen.
Die Tätigkeit einer Untersuchungskommission oder eines Untersuchungsausschusses wird auf 12 Monate fixiert. Die Frist beginnt ab Tag der ersten Sitzung zu laufen. Künftig kann diese wenn nötig, mit 25 Stimmen um drei Monate weitere verlängert werden. Die vorzeitige Beendigung bedarf der Zustimmung der Einsetzungsminderheit
Auch die Verfahrenshilfe wird neu geregelt: Zeugen, die eine Begleitung durch einen Rechtsanwalt verlangen, sich diesen aber nicht leisten können, wird künftig einer gestellt. Die Kosten trägt das Magistrat.
SPÖ, Grüne und Neos mit neuem Paket zufrieden
Mit der nun erreichten Einigung - allerdings ohne den Stimmen von ÖVP und FPÖ, denen die Neuregelung nicht weit genug ging - zeigten sich der Klubchef der Grünen, David Ellensohn, Neos-Transparenz-Sprecher Jörg Konrad und SPÖ-Transparenz-Sprecher Kurt Stürzenbecher zufrieden.
"Heute ist ein guter Tag für mehr Transparenz und mehr Kontrolle", betonte Konrad. Die Reform des Untersuchungsausschusses und der Untersuchungskommission sieht er als "demokratiepolitischen Meilenstein". Unter dem Motto "Macht schafft Kontrolle" hob Stürzenbecher den Ausbau der Minderheitenrechte hervor: "Die richtungsweisende Reform unserer Untersuchungsorgane bringt mehr Kontrollrechte, ein Mehr an Minderheitsrechten, Effizienz und Transparenz. Damit stärken wir die demokratischen Strukturen unserer Stadt".
Dass auch die Grünen bei der Reform dabei seien, erklärte Ellensohn so: "Die Stärkung der Kontroll- und Minderheitenrechte war uns daher immer ein zentrales Anliegen, für das wir uns auch in den letzten zehn Jahren stark gemacht haben. Es ist uns immer wieder gelungen, diese Rechte Schritt für Schritt auszuweiten und deswegen haben wir auch bei dieser Reform über die Parteigrenzen hinweg mitgearbeitet.
Die Reform der Untersuchungskommissionen und Untersuchungsausschüsse wird in der kommenden Sitzung des Wiener Landtages am 23. September voraussichtlich mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden.