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"South of the Circle" im Test – Sinnsuche im Schnee
Spielerisch zeigt sich das narrative Adventure "South of the Circle" eher minimalistisch. Doch das Game hat eine sehr starke Geschichte zu erzählen.
In "South of the Circle" hat man als Spieler nicht sonderlich viel zu tun – hier und da lässt sich eine Umgebung erkunden, zwischendurch auch mal eine Entscheidung treffen. Die meisten Aktivitäten und Geschehnisse im Game für PC und Konsolen sind aber fix festgelegt und gerade deshalb ist der Wiederspielwert auch nicht allzu hoch. Und dennoch sollten sich Fans von Story-getriebenen Videospielen das Machwerk aus den Häusern 11bit und State of Play nicht entgehen lassen, denn die Handlung zeigt sich tiefgründig, die Geschehnisse fesseln und der wunderschöne Grafikstil begeistert.
Als Spieler lernen wir den Protagonisten Peter kennen, der als englischer Universitäts-Professor mit Schwerpunkt Klimaforschung in den 60er-Jahren mitten in den Kalten Krieg hineingezogen wird. Der vermeintliche Ausweg, eine Forschungsreise in die Antarktis, endet für ihn im Desaster: Sein Flugzeug stürzt ab und gemeinsam mit seinem Piloten beginnt für den alternden Professor ein eiskalter Überlebenskampf. Während die aktuellen Geschehnisse ihn körperlich auf die Probe stellen, wird Peter aber auch von Szenen aus seiner Vergangenheit eingeholt und muss sich diesen geistig stellen.
Minimalistisches Gameplay, fantastische Handlung
"South of the Circle" zeigt sich dabei aber nicht als typisches Kriegs- und Überlebensabenteuer, sondern arbeitet auch Themen wie Liebe, Karrieredruck, Arbeitsbelastung und familiäre Verbundenheit so feinsinnig wie glaubhaft ab. Bei all den ernsten Themen ist es bewundernswert, dass das Game nie ins Melancholische abdriftet – es hat in seinem sechs- bis zehnstündigen Spielverlauf seine traurigen Momente ebenso wie Augenblicke des Glücks und der Fröhlichkeit. Besonders freut dabei, dass das Game einem kein Lehrmeister sein will, sondern den Spieler selbst seine Schlüsse ziehen lässt.
Während das Game zu einem großen Teil automatisiert wie eine Art Film abläuft, kann der Spieler nur in gewissen Situation eingreifen – das Konzept kennen Zocker vor allem aus Titeln des Entwicklers Dontnod wie "Life is Strange" oder "Tell Me Why", die Handlungsoptionen sind in "South of the Circle" aber noch einmal beschränkter und führen auch nicht zu verschiedenenen Story-Entwicklungen und -Enden. Das Konzept mag viele, die es das erste Mal erleben, verwundern, schnell zeigt sich aber Gefallen an der fantastischen Handlung, der entspannten Spielweise und der hervorragenden Technik.
Technisch sauber und mit grandioser Grafik
Spieler erleben "South of the Circle" aber nicht nur durch eine starke Handlung, sondern auch mit ausgezeichneter Orchester-Musikbegleitung, einer Star-Besetzung der Figuren, einer hervorragenden Sprachausgabe und einer guten deutschen Übersetzung. Und auch die handgezeichnete Grafik weiß zu gefallen, der besondere Stil hebt das Game aus der Masse der 3D-Hochglanz-Games hervor und passt gut zum erzählten Inhalt. In Sachen Technik haben die Indie-Entwickler ganze Arbeit geleistet, auch Bugs, Grafikfehler oder Aussetzer waren keine im narrativen Adventure zu finden.
Action-Verwöhnte könnten einen Minuspunkt in "South of the Circle" finden. So zeigen sich manche Spielpassagen nicht nur entspannend und generell unaufgeregt wie das gesamte Game, sondern wirken geradezu in Zeitlupe erzählt – und ja, auch wir waren zwei, drei Mal verleitet, einfach das gezeigte zu ignorieren und überspringen. Dennoch: Sich die Story in voller Länge zu Gemüte zu führen, wird belohnt, qualitativ wird hier grandioses in Sachen Handlung geboten. Das Ende des Spiels allerdings zeigt, dass hier noch jede Menge zu erzählen gewesen wäre und der Schlussstrich etwas zu früh gezogen wurde.
"South of the Circle" ist eine Sinnsuche im Schnee
Noch kurz zurück zum Star-Aufgebot des Games, mitgewirkt haben laut den Machern nämlich Darsteller aus so hochkarätigen Werken wie "Bohemian Rhapsody" (Gwilym Lee), "The Woman in White" (Olivia Vinall), "The Crown" (Richard Goulding), "Game of Thrones" (Anton Lesser), "Tschernobyl" (Adrian Rawlins) und "Downton Abbey" (Michael Fox). Was man "South of the Circle" vorwerfen kann, ist ebenso Lob wie Kritik: Es ist einfach viel zu schnell vorbei. Der Rest zeigt sich fantastisch, sofern man Fan davon ist, weite Strecken des Games einfach eine Zuschauerrolle einzunehmen.
Technisch sauber, glaubhaft geschrieben und umso besser animiert sowie inszeniert ist "South of the Circle" ein Traum für Liebhaber starker Game-Handlungen. Da fällt es auch nicht allzu ins Gewicht, dass man spielerisch eher sehr beschränkt bleibt und die wenigen Handlungsoptionen kaum Auswirkungen auf das Geschehen haben. Belohnt wird man dafür mit einem Abenteuer, das inhaltlich grandios ist und den Spieler auch zum Nachdenken über das eigene Leben und die vielen Entscheidungen darin bringt. "South of the Circle" ist eine spannende und spektakuläre Sinnsuche im Schnee.