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"Soulstice" im Test – ein Action-Game der alten Schule
"Soulstice" macht es genau richtig! Im neuen Game steht pure Action statt komplexer Mechaniken im Mittelpunkt – ein Konzept, das ein Comeback erlebt.
Waffen mit Dutzenden Effekten, Statuswerte mit Einfluss auf Zauber und Attacken bis ins kleinste Detail, Charakter-Aufwertung mit Hunderten zu berücksichtigenden Faktoren – all das zeichnet Spiele wie "Elden Ring" oder "Nioh" aus. Während die genannten Games Meisterwerke ihres Fachs sind und Fans jubeln lassen, wünschen sich jedoch immer mehr Spieler eine Rückkehr zu den Wurzeln. Kämpfen, Ballern oder Prügeln, ohne sich einen Masterplan zurechtlegen zu müssen, das machte etwa alte "Devil May Cry"-Spiele so besonders – und nun auch das neue "Soulstice" (PS5, Xbox Series X|S, PC).
Das Action-Adventure aus dem italienischen Hause Reply Game sieht anfangs recht unspektakulär aus, doch das ändert sich sowohl optisch, als auch spielerisch recht schnell – und überraschenderweise hat "Soulstice" außerdem auch noch eine recht solide Geschichte zu erzählen. Für Spieler geht es im düsteren Fantasy-Game mitten hinein ins Heilige Königreich Keidas, das von Dämonen überlaufen wird. Die sogenannten "Wraiths" dringen durch einen mysteriösen Schleier in die Stadt Ilden ein und haben die dortigen Bürger nicht nur zum Fressen gern, sondern können von ihnen auch Besitz ergreifen.
Solide Fantasy-Kost von allererster Güte
Besetzt ein "Wraith" einen Wirt, verwandelt sich dieser in eine Bestie, die durch die Lande tobt. Einziges Gegenmittel sind da "Chimeras", die aus der Verbindung zweier Seelen geboren werden und stark genug sind, um dem dämonischen Treiben etwas entgegenzusetzen. Richtig geraten! Die Spieler übernehmen die Rolle einer "Chimera", die aus zwei Schwestern entstand. Damit diese entstehen konnte, opferte sich Lute und machte ihre Schwester Briar damit zu einem der legendären, hybriden Kämpfer. Während Briar die entsprechende Stärke verfügt, besitzt Lute in Geistform beachtliche mystische Kräfte.
Die Mission der Schwestern ist klar: Die "Wraith" müssen besiegt werden, die Stadt muss zurückerobert werden und das Tor der Dämonen muss geschlossen werden. Im Verlauf der Geschichte stellt sich aber in einigen durchaus spannend inszenierten Plot-Twists heraus, dass mehr hinter dem Dämonen-Einfall steckt und wir selbst unseren engsten Beratern nicht unbedingt über den Weg trauen dürfen. Während es "Soulstice" gekonnt den Spannungsbogen von Anfang bis Ende hochhält, ist auch die Sprachausgabe nicht von schlechten Eltern – Stefanie Joosten aus "Metal Gear Solid 5" greift zum Mikro.
Klassische Kamera und tolle Abwechslung
Gespielt wird, so kennt man es von vergleichbaren Action-Games wie "Devil May Cry", in der Third-Person-Perspektive. Und auch das ist klassisch, möglicherweise sogar etwas eingestaubt: Die Kamera kann nicht frei bewegt werden. Dadurch fühlt sich zwar das Gameplay etwas starrer an, es verhindert gleichzeitig aber, dass in beengten Umgebungen die Übersicht verloren geht oder die Kamera in Mauern oder Feinde "fährt". Anders sieht es dann in den Kämpfen selbst aus, da dürfen wir uns nämlich den Blickwinkel selbst einrichten und das Geschehen aus der von uns bevorzugten Perspektive verfolgen.
Klassisch geht es auch beim Gameplay weiter, in das sich selbst blutige Anfänger sofort einfinden werden. Lineare Areale in mehreren Kapiteln mit jeweils eigenen Abschnitten müssen durchkämpft und zurückerobert werden, wobei neben den Kämpfen auch kleine Erkundungsgänge nach Geheimnissen am Programm stehen. Unterbrochen wird das Ganze immer wieder von Plattformer-Passagen, die Abwechslung ist super gelungen. Das Kampf-Konzept ist unspektakulär, hat aber aufgrund der Einfachheit seinen Reiz – Feinde möglichst mit Kombos treffen, selbst möglichst wenig Schaden einstecken.
Kein komplexes, aber spaßiges Skill-System
Je nachdem, wie gut das beim Spielen gelingt, bekommt der Zocker eine Bewertung nach jedem Kampf ausgestellt. Die ist nicht nur reine Optik, sondern spendiert uns auch nach Abschluss eines Levels Punkte, mit denen wir uns besser rüsten können. Einerseits lassen sich durch die erspielten Ränge die Fähigkeiten der zwei Schwestern verstärken, andererseits können auch für künftige Schlachten kleine Hilfsmittel wie Heilgegenstände eingekauft werden. Beides, Skills und Items, können entweder vor Beginn eines neuen Levels oder bei einem NPC, der sich in den Levels versteckt, erworben werden.
Allzu komplex wird es zwar im Item- und Skill-System nicht, die Macher sorgten aber auch hier für jede Menge Abwechslung, etwa durch ständig wechselnde Waffen mit jeweils eigenen und zusätzlich freischaltbaren Angriffen. Während wir mit Briar ordentlich zuschlagen und ein kleines Waffenarsenal aufbauen dürfen, steht und Lute als Geist großteils automatisiert als Helferin zur Seite und attackiert nicht nur unsere Gegner, sondern zeigt uns auch die Schwachstellen der verschiedenen Feinde auf. Lute kann zudem in vier Skill-Trees für Angriff, Verteidigung, Magie und einem Geheimnis verstärkt werden.
"Soulstice" ist ein Action-Game der alten Schule
Auch kleinere Rätselpassagen werden eingestreut, sie stellen aber keine besondere Herausforderung dar. So kann Lute auf unseren Befehl ihre Auren verändern, die jeweils die Spielwelt verändern und uns ein Vorankommen ermöglichen. Das Prinzip ist jedoch simpel, eine Aura lässt eigentlich unzerstörbare Kristalle splittern, um den Weg freizuräumen oder Feinde schutzlos zu machen, eine andere macht Geister-Objekte und -Gegner greifbar und damit angreifbar. Das Gameplay zeigt sich dadurch dynamisch und schnell, immer wieder wechselt man die Auren und die Waffen der beiden Schwestern durch.
In Sachen Technik und Umfang sieht ebenfalls alles gut aus. Je nach Erfahrung gibt es fünf Schwierigkeitsgrade inklusive mehrerer optionaler Hilfsmechaniken und ein Spieldurchlauf kommt auf 15 bis 20 Spielstunden. Die Grafik sieht gebietsweise atemberaubend gut aus, nur die manchmal nervös zuckende Kamera unterbricht den Eindruck eines sehr flüssigen Gameplays. Klassisches Action-Gameplay im optisch ansprechenden Gewand mit einer toll erzählten Geschichte – das macht Action-Fans glücklich. Schade, dass sich nicht mehr neue Games an diesen klassischen Action-Wurzeln orientieren.