Spieletests
"Sonic Superstars" im Test – rasant und doch klassisch
Seit 1991 rast Segas Maskottchen, Sonic the Hedgehog, mal erfolgreich und mal weniger durch Games. "Sonic Superstars" macht es nun ausgezeichnet.
Eine solche Geschichte wie der blaue Igel Sonic haben nur die ganz großen Videospiel-Legenden wie Super Mario, Samus Aran, Kirby oder Donkey Kong hinter sich. Und vor allem in den jüngsten Jahren hatte sich die Qualität der Inhalte auf hohem Niveau stabilisiert, während sie davor deutlich geschwankt war. Tolle Spiele, gleich zwei erfolgreiche Live-Action-Filme, eine witzige Animations-Serie und Sonic-Comic-Ausgaben erfreuten die Fans, die sich in den kommenden Monaten über zahlreiche weitere Projekte rund um den blauen Igel – darunter einen neuen Kinofilm – einstellen dürfen. Das neue "Sonic Superstars" für PlayStation 4 und 5, Xbox One und Series X|S, Nintendo Switch und PC verknüpft nun Moderne mit Klassik.
Als Grundlage des neuen Games dürfte das 2017 erschiene "Sonic Mania" hergeshalten haben, ein 2D-Jump'n'Run im klassischen 16-Bit-Look der Sega-Mega-Drive-Spiele der 1990er Jahre. "Sonic Superstars" greift diesen ikonischen Look auf, bügelt in glatt und gießt ihn in eine moderne Fassung, eine Art "Sonic Mania 2.0" und gleichzeitig eine "echte" Fortsetzung der ersten drei Original-Teile, könnte man sagen. Steht die Anfangs-Trilogie bis heute dafür, was ein "Sonic"-Game ausmacht, konnten die nachfolgenden Teile und 3D-Experimente nicht auf voller Linie überzeugen. Die Technik kann nun nicht darüber hinwegtäuschen: "Sonic Superstars" kehrt zu den Wurzeln zurück und will Spielern tolles Gameplay in schönem Look bieten.
Die Story kann man getrost links liegen lassen
Ein Problem teilt sich "Sonic Superstars" mit so gut wie jedem Spiel der Reihe: Ähnlich wie bei den Klassikern oder "Sonic Mania" davor hält es sich nicht viel mit einer umfassenden und fesselnden Handlung auf und startet lieber mit erwartbaren Geschehnissen das Gameplay. So ist Bösewicht Dr. Eggman wieder am Werk, um die Weltherrschaft an sich zu reißen – und wir müssen ran, um das zu verhindern. Wer die Story links liegen lässt, verpasst nicht nur nicht viel, sondern ist auch viel schneller im weit interessanterem Gameplay. Alles, von der Physik bis hin zu den Jump'n'Run-Herausforderungen und den rasanten Geschwindigkeitsausbrüchen, wurde in einer stilvollen 2,5D-Perspektive liebevoll mit vielen Details überarbeitet.
Jede Zone bietet einzigartige Themen, Level-Gimmicks und Wege, die es zu entdecken gilt, um die schnellstmögliche Zeit zu erreichen, und sorgt so für ein rundum gelungenes Abenteuer. Sonics Repertoire hat auch einige neue, wichtige Ergänzungen erfahren, die den Kern des Gameplays aufmischen. Neben dem brillanten Drop Dash aus "Mania" haben Sonic und seine Freunde Zugang zu einer Reihe neuer Chaos Emerald Powers, die die Herangehensweise an jedes neue Hindernis erheblich verändern. Diese werden im Laufe des Story-Modus des Spiels langsam freigeschaltet, wobei jeder der sieben Edelsteine in schwer zugänglichen Spezial-Stages versteckt ist. Jeder von ihnen bringt etwas völlig Neues auf den Tisch.
Das können die neuen Edelsteine alles tun
Mit dem blauen Smaragd kannst du zum Beispiel die Avatar-Kraft einsetzen und den Bildschirm mit Klonen überschwemmen, die den Bildschirm von allen Gegnern säubern und auch den Bossen ordentlich Schaden zufügen. Der grüne Smaragd hingegen lässt Efeu sprießen, der eine schnelle vertikale Bewegung ermöglicht, sodass man mit Leichtigkeit hoch gelegene Bereiche erreichen kann. Der großzügige Einsatz dieser Kräfte wird gefördert, da sie sich jedes Mal erneuern, wenn du einen neuen Kontrollpunkt erreichst, sodass du sie oft zwei oder drei Mal pro Akt einsetzen kannst. Es lohnt sich zudem, bereits abgeschlossene Akte noch einmal zu besuchen, um zu sehen, wie und wo man die Kräfte einsetzen kann.
Die auch, um die Zeiten zu verbessern, neue Routen zu finden und versteckte Sammelobjekte oder Bonusabschnitte zu entdecken. Die Auswahl an Zonen in Sonic Superstars ist ebenfalls abwechslungsreich und darf als sehr gelungen bezeichnet werden. Die meisten greifen Motive auf, die man schon in der Serie gesehen hat, aber es gibt auch ein paar einzigartige Bereiche wie die Speed Jungle Zone und die Cyber Station Zone. In der Speed Jungle Zone können Sonic und seine Gang mit Schleudern von der Fauna abspringen, sich an Lianen entlang hangeln und Harpunenwerfer einsetzen, um höhere Pfade zu erreichen. Die Cyber Station Zone ist unser persönliches Highlight, mit einer digitalisierten Umgebung.
Jeder einzelne Akt fühlt sich neu und frisch an
Die Cyber Station Zone verwandelt Sonic und Co. in Voxel-Versionen ihrer selbst und ermöglicht es den Charakteren auch, andere Cyber-Formen anzunehmen, um voranzukommen. Einige Zonen bestehen aus mehreren Levels, andere nur aus einem Akt, wieder andere haben einen Charakter-spezifischen Bonus-Akt, je nachdem, mit welcher Figur ihr gerade unterwegs seid. Hier muss man erwähnen, dass jeder der spielbaren Charaktere auch über unterschiedliche Eigenschaften und Fähigkeiten verfügt. Wo Sonic seinen zuverlässigen Drop Dash hat, kann Knuckles klettern, Tails kann fliegen und Amy kann alles, was sich ihr in den Weg stellt, durch den großzügigen Einsatz ihres Hammers umhauen.
Das bedeutet, dass sich jeder Akt frisch anfühlt, wenn er mit einem neuen Charakter angegangen wird, besonders in Verbindung mit den Chaos Emerald Powers. Jeder Level beherbergt außerdem eine Fülle von Medaillen, die in Eggmans Laden gegen kosmetische Anpassungen eingetauscht werden können, sodass du dir deinen ganz eigenen metallenen Charakter für den Battle-Mode erstellen kannst. Es gibt hier einige nette Dinge, wie die Möglichkeit, einen metallenen NiGHTS zu erschaffen, aber es ist ein wenig enttäuschend, dass diese Kreationen ausschließlich auf den Battle-Mode beschränkt sind. Generell fühlt sich der "Mario Party"-ähnliche Battle-Mode wie ein nachträglicher Einfall mit kurzen Minispielen an.
Genialer Hauptmodus, nicht so gute Nebenmodi
Der Modus, der nach dem Abspann freigeschaltet wird, schneidet mit neu abgemischten Stages etwas besser ab, bringt aber nicht so viel Mehrwert, wie man zunächst denken könnte. Dagegen ist die Möglichkeit, den Story-Modus im lokalen Koop-Modus mit vier Spielern zu spielen, ein richtig guter Einfall. Das bringt chaotischen Spaß, auch wenn einige der Leveldesigns mit der Geschwindigkeit nicht ganz mithalten können. Die größte Abweichung von den Originalspielen ist zweifellos der visuelle Stil von "Sonic Superstars", bei dem der original 2D-Stil zugunsten eines 2,5D-Stils aufgegeben wurde, der an die klassischen Sonic-Level in "Sonic Generations" erinnert. Trotzdem fühlt sich das Ganze anders als bei "Sonic the Hedgehog 4", wie der typische visuelle Stil der Genesis-Spiele an und dennoch frisch und modern. Die Kombination aus einer knallbunten Farbpalette, ausdrucksstarken Animationen und dem sorgfältigen Einsatz der bekannten Charaktere macht "Superstars" zu einer wirklich modernen Adaption des ursprünglichen visuellen Stils.
Genau wie schon "Sonic Mania" schafft es "Sonic Superstars" die Sonic-Formel aus rasantem Gameplay und einem ausgeklügelten Leveldesign, das euch bereits nach kurzer Zeit in den "Sonic Flow" versetzt, toll zu treffen, nein fast schon perfekt einzufangen. Dieses Spiel ist eine echte Fortsetzung der Originalklassiker! Leider fühlen sich die meisten der neben der Story integrierten Modi eher wie Beiwerk an, das wohl nur integriert wurde, um den "Umfang" des Spiels aufzublasen und den Vollpreis von rund 60 Euro zu rechtfertigen. Das ist ein wenig schade, den "Sonic Superstars" macht richtig Spaß und wird eines jener Spiele der langlebigen Serie sein, an das man auch noch in einigen Jahren mit einem guten Gefühl zurückblickt.