Wirtschaft

"Sollte uns zu denken geben" – Inflationswarnung im ORF

Die anhaltend hohe Inflation bereitet WIFO-Chef Gabriel Felbermayr Sorge. Die Bundesregierung habe bisher wirksame Bremsmaßnahmen missen lassen.

Roman Palman
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr über die Gefahren der Inflation am 2. Mai 2023 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr über die Gefahren der Inflation am 2. Mai 2023 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

Die Inflation in Österreich hat sich auch im April beschleunigt und liegt mit 9,8 Prozent deutlich über der Teuerung bei unseren deutschen Nachbarn und auch der Euro-Zone. "So kann das nicht weitergehen", donnerte Gabriel Felbermayr, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) am Dienstag in einer ersten Reaktion auf die neu veröffentlichten Inflationszahlen.

Der Abstand zur Eurozone mache ihm Sorgen. "Es reicht nicht, sich auf die EZB zu verlassen. Es braucht eine aktive Stabilisierungspolitik." Dienstagnacht bekam der WIFO-Chef im ORF die Chance reichweitenstark nachzulegen:

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr über die Gefahren der Inflation am 2. Mai 2023 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr über die Gefahren der Inflation am 2. Mai 2023 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

WIFO-Chef beklagt vergebene Chancen

Andere Länder hätten etwa die Mehrwertsteuer auf Gas gesenkt, oder den Mietanstieg gestoppt. Österreich lasse sowas vermissen, beklagte der Wirtschaftsexperte in der ZIB2 mit Armin Wolf. Die Regierung hatte sich zuletzt eher auf Einmalzahlungen verlegt – die sind einem Inflationsstopp aber wenig zuträglich, im Gegenteil. "Dass der Abstand [zu anderen Euro-Ländern] so groß ist, sollte uns zu denken geben."

Die Mietpreisbremse etwa sei eine (vertane) Chance gewesen, die man aber noch immer nutzen könne. Auch könnte sich Felbermayr vorstellen, öffentliche Abgaben von der Inflationsanpassung zu entkoppeln. Es sei wichtig, die Inflation in den Griff zu bekommen, denn Österreich verliere an Kaufkraft.

"Wir müssen jetzt an vielen Hebeln ziehen"

Inzwischen hat der Ökonom auch seine Meinung zu einer möglichen Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel geändert. Nachdem er diese früher abgelehnt hatte, hält er diese nun für ein probates Mittel mit einem ABER: "Das wäre relativ teuer. Was man vorher versuchen müsste, gerade im Lebensmittelbereich, ist, die Preistransparenz für die 20, 30 Lebensmittel zu erhöhen. Das würde nichts kosten, hätte sicher auch eine Wirkung." Er warnt: "Wir müssen jetzt an vielen Hebeln ziehen".

So gut wie sicher sei, dass die Europäische Zentralbank den Leitzins erneut anheben wird. Felbermayr rechnet aufgrund der Umstände mit einem halben Prozentpunkt. Der folgende Dämpfer für die Wirtschaft sei gewollt "aber ich sehe jetzt keine Alternative. Die Kerninflationsrate – bereinigt um Energiepreise – dürfte noch weiter gestiegen sein."

WIFO-Chef Gabriel Felbermayr über die Gefahren der Inflation am 2. Mai 2023 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
WIFO-Chef Gabriel Felbermayr über die Gefahren der Inflation am 2. Mai 2023 in der ZIB2 mit Armin Wolf.
Screenshot ORF

"Da würde ich vorsichtig Entwarnung geben"

Mittlerweile würden aber auch die Nebenwirkungen einer solchen Geldpolitik spürbar. Nicht nur konjunkturell sondern auch auf den Finanzmärkten. "Wir haben technisch gesprochen eine Rezession, aber eine sehr milde. Am Arbeitsmarkt merken wir jetzt die Effekte, aber auch bisher sehr schwach."

Der WIFO-Chef ist aber zuversichtlich, dass der Arbeitsmarkt "sicher stabiler durch diese Krise gehen können" werde: "Da würde ich vorsichtig Entwarnung geben. Aber eines ist sicher: die lange Phase fallender Arbeitslosenquoten ist jetzt vorbei."

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