Sexismus und Rassismus

Soldatin: "Sie rissen mich fast nackt aus dem Bett"

Wegen ihres Geschlechts oder ihrer Herkunft erleben Soldatinnen und Soldaten immer wieder Diskriminierung in der eigenen Truppe. Betroffene berichten.
01.02.2025, 22:26

Immer wieder berichten Betroffene über Rassismus und Sexismus in der Schweizer Armee. So etwa D.*, der im Sommer 2024 die Rekrutenschule absolvierte und seither als Durchdiener seine restlichen Diensttage absolviert. "Es ist verrückt, dass man sich als Secondo anstrengt, um sich zu integrieren, und sich dann trotzdem fühlt, als ob man nicht dazugehört", äußert er gegenüber 20 Minuten seinen Frust.

Zu Beginn der RS sei es noch ruhig geblieben. "Je besser man sich kennt und je länger wir Soldaten zusammen sind, desto schlimmer wird es aber", so D. Die meisten Kommentare aufgrund seiner Hautfarbe würden von den Kameraden kommen, vereinzelte von Wachtmeistern.

"Es kommen Sprüche wie 'Er will uns ausrauben'"

Bei den rassistischen Kommentaren handle es sich meist um abschätzige Sprüche, die sich Klischees zu Kriminalität und Armut bedienen würden. Oft werde auch das N-Wort in einem negativen Kontext verwendet. Schon seit längerer Zeit überlege er sich, die Vorkommnisse zu melden. "Aber ich weiß nicht, ob es meinen Zugführer wirklich interessiert." Schlussendlich würde es doch nur als Spaß oder blöden Spruch abgetan, fürchtet der Soldat.

Auch eine Soldatin schildert gegenüber 20 Minuten, was sie in der RS alles erlebte. So seien einmal Soldaten in ihr Zimmer eingedrungen und hätten sie aus dem Bett gerissen, während sie nur mit Unterwäsche bekleidet gewesen sei. Der Feldweibel habe die Soldaten daraufhin gefragt, ob sie nackt gewesen sei, und wenn ja, dass die Soldaten hoffentlich Fotos gemacht hätten.

Anzügliche Instagram-DMs von Vorgesetzten

Zudem hätten ihr Vorgesetzte auf Instagram und anderen Plattformen geschrieben, dass sie doch ins Hotel kommen soll, um "etwas Spaß zu haben". Überrascht habe dies die Soldatin leider überhaupt nicht – "mit dem habe ich gerechnet, als ich die Rekrutenschule gemacht habe", sagt die 24-Jährige.

Auf die Fälle angesprochen, verweist Armeesprecher Stefan Hofer grundsätzlich auf den Dienstweg, über den solche Probleme gemeldet werden sollen. "Jeder Angehörige der Armee und insbesondere Vorgesetzte sind angehalten, solche Vorfälle unbedingt zu melden und keinesfalls wegzuschauen", so Hofer. Die Armee sei bemüht, solche Fälle möglichst zu verhindern und sie aufzuklären, wenn sie auftreten. Weiter verweist er auf die Melde- und Beratungsstelle Fachstelle Frauen in der Armee & Diversity (058 480 50 00) sowie die unabhängige Vertrauensstelle zur Armee (058 465 20 10).

Armee als Spiegel der Gesellschaft

Das Problem entsteht laut Dr. Tabea Hässler aber nicht erst in der Armee – die Expertin für Diskriminierung an der Universität Zürich sieht im Militär vielmehr eine Chance, um Vorurteile abzubauen. "Die Milizarmee und darin auftretende Fälle von Diskriminierung sind ein Spiegel der Gesellschaft", so Hässler.

Um diesen rassistischen und sexistischen Gesinnungen entgegenzuwirken, sei es wichtig, dass die Truppe schon früh sensibilisiert werde und Vorgesetzte Verstöße konsequent melden. Dabei kann die Armee in ihrer Konstellation laut der Expertin eine wichtige Rolle spielen.

* Name der Redaktion bekannt

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