Kreditregeln aufgeweicht 

"Solange Einkommen der Haushalte nicht mitmachen..."

Eine Novelle der KIM-V soll Banken die Vergabe von Häuslebauer-Krediten erleichtern. Wirtschaftsforscher Thomas Url hält das aber für unzureichend.

Roman Palman
"Solange Einkommen der Haushalte nicht mitmachen..."
Die Vergabe von Wohnkrediten ist aktuell in Österreich nicht ausgereizt. Inflation, Teuerung und hohe Zinsen dämpfen Häuslebauer-Ambitionen.
Daniel Scharinger / picturedesk.com

Wer in Österreich einen Wohnkredit aufnehmen will, muss gewisse Grundregeln erfüllen: 20 Prozent müssen schon an Eigenkapital vorhanden sein, das geborgte Geld innerhalb von maximal 35 Jahren zurückgezahlt werden und die Rückzahlungsrate darf maximal 40 Prozent des Haushaltseinkommens ausmachen. Diese sind in der sogenannten Kreditimmobilienmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) festgelegt. 

Für Banken gibt es darin Ausnahmen. Sie dürfen 20 Prozent ihres Kreditvolumens auch dann vergeben, wenn obige Grundregeln nicht erfüllt werden. Für die Kreditinstitute war das Ausreizen dieses Sonderrahmens bisher allerdings "zu bürokratisch", 2023 wurden rund eine Milliarde Euro aus diesen Ausnahmekontingenten nicht vergeben. Geld, das der Wohnbausektor gerne flüssig gesehen hätte. Am Dienstag hat deshalb das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG, siehe Infobox unten) eine Vereinfachung bei der Ausgestaltung der Ausnahmekontingente empfohlen.

Experten sehen diese Lockerung aber kritisch. Diese scheinbare Zurückhaltung der Banken ist nicht einer überbordenden Bürokratie oder Restriktionen seitens der KIM-V, sondern der makroökonomischen Lage geschuldet. Häuslebauen ist für viele Österreicher derzeit einfach zu teuer. Selbst für das FMSG ist die Datenlage ein "wesentliches Indiz" dafür, dass der Rückgang der Neukreditvergabe "vor allem auf die höheren Zinsen und Kosten zurückzuführen" ist.

Für Lösung verfrüht

Der Ökonom Thomas Url vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO rechnet jedenfalls im "Ö1-Morgenjournal" nicht damit, dass die neuen Kreditregeln einen Bauboom in Österreich auslösen werden: "Die Nachfrageseite am Immobilienmarkt leidet ja schon seit einiger Zeit unter den hohen Preisen, den Zinserhöhungen und allgemeinen schwachen Nachfrage, die Privathaushalte zurzeit an den Tag legen."

Ökonom Thomas Url vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, Archivbild 2009.
Ökonom Thomas Url vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, Archivbild 2009.
Michel Heidi / VGN Medien Holding / picturedesk.com

"Freude" sei dennoch angebracht, weil ja Erleichterungen hinsichtlich "unnötiger Bürokratie" geschaffen werden: "Das ist immer gut. Aber wenn man sich davon einen dynamischen Impuls für die Kreditwirtschaft und Wohnungsmarkt erwartet, dann ist das verfrüht."

Erst müssen Zinsen runter

Über die KIM-V könne kaum etwas an dem aktuell schwierigen Umfeld geändert werden, sagt Url. Diese sei im Prinzip dafür da, dass sich der Immobilienmarkt "nicht überhitzt" und Privathaushalte hinsichtlich Rückzahlungs- und Zinslast zahlungsfähig bleiben.

"Solange die Einkommen der Haushalte diesen Inflationsschub nicht mitmachen, der da in den vergangenen zwei Jahren gezeigt hat und solange die Zinsen nicht sinken in einem umfangreichen Ausmaß von ein bis zwei Prozentpunkte, gehe ich nicht davon aus, dass die Kreditnachfrage stark zunimmt."

Abwarten, Tee trinken

Der Wirtschaftsexperte spricht von einer "Korrekturphase" bei den stark gestiegenen Immobilienpreisen, wegen derer die Stellschrauben auch etwas angezogen worden waren: "Wir haben schon Rückgänge von drei, vier Prozent im letzten Jahr verzeichnet. Das zeigt an, dass sich diese Blase, die sich da aufgebaut hat, nicht entstanden ist."

Jetzt gelte es, noch ein bisschen abzuwarten, so Url weiter. Hält der Stopp bei den Immo-Preisen an und sinken die Zinsen für die Privathaushalte "einigermaßen", "dann kann man rasch Richtung Lockerung schreiten".

Über das Finanzmarktstabilitätsgremium FMSG

"Das FMSG hat im Jahr 2014 seine Tätigkeit aufgenommen. Seine Aufgabe ist die Stärkung der Finanzmarktstabilität. Mitglieder sind Vertreter:innen des Bundesministeriums für Finanzen, des Fiskalrats, der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank. Das FMSG kann insbesondere Empfehlungen an die Finanzmarktaufsicht und Risikohinweise abgeben." – Oesterreichische Nationalbank

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    Auf den Punkt gebracht

    • In Österreich müssen Kreditnehmer bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um einen Wohnkredit aufzunehmen, die in der Kreditimmobilienmaßnahmen-Verordnung festgelegt sind
    • Die Lockerung dieser Regelungen wird skeptisch betrachtet, da die Kreditnachfrage aufgrund hoher Preise, Zinserhöhungen und schwacher Nachfrage derzeit zurückgegangen ist, was auch durch die makroökonomische Lage bedingt ist
    • Experten erwarten daher keinen großen Impuls für den Wohnungsmarkt durch die neuen Kreditregeln
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