"Squid Game: The Challenge"
So teuer war Trash-TV wirklich noch nie!
Während die zweite Staffel von "Squid Game" erst 2025 kommen dürfte, wird der Erfolg der Netflix-Serie nun mit einer gigantischen Spielshow gemolken.
Es klingt komplett absurd, aber bei "Squid Game: The Challenge" schafft es eine Spielshow zum allerersten Mal gleichzeitig teuerster Hochglanz und bodenloser Trash auf einmal zu sein: Netflix wollte ja um jeden Preis verhindern, dass der Überraschungserfolg der ersten Staffel von "Squid Game" von 2021 zu schnell in Vergessenheit gerät. Damals wurde die koreanische Brutalo-Serie innerhalb der ersten 28 Tage nach der Veröffentlichung in insgesamt 142 Millionen Haushalten angeschaut, also einem Großteil aller Haushalte weltweit, die damals über einen Netflix-Zugang verfügten. Weder Hitshows wie "Bridgerton" oder "Stranger Things" sind auch nur annähernd in solche Spähren vorgestoßen.
In der Serie traten 456 mittellose Teilnehmer bei der Spielshow "Squid Game" an, von denen ein einziger am Ende eine Summe von umgerechnet 33 Millionen Euro gewinnen würde. Alle anderen 455 Teilnehmer werden im Laufe der einzelnen Spielrunden "eliminiert". Für die, die es nicht gesehen haben: Das klingt nicht nur brutal, das ist es auch. "Squid Game" ging über mehr als nur 455 Leichen und wurde als Netflix-Show auch deshalb zum Phänomen, weil es sich so ziemlich um die brutalste, härteste und am Ende auch menschenverachtendste Serie war, die jemals ein größeres Publikum erreichte. Die Macher bezeichnete das Dauer-Gemetzel als Gesellschaftskritik, in der es um den Konflikt arm gegen reich und den Voyeurismus der Massen geht…
Das neue zehnteilige Format "Squid Game: The Challenge" funktioniert so ähnlich, nur eben ohne Tote: 456 Teilnehmer wurden für die Show gecastet, die allesamt gesund und der englischen Sprache mächtig waren. In den Cardington Studios in Bedford, nordwestlich von London wurden sechs gigantische Hallen errichtet, in denen einige der Hindernisparcours der Originalserie nachgebaut wurden, damit die 456 Teilnehmer - möglichst gleichzeitig und offiziell ohne Drehbuch oder Anweisungen - an durchgeknallten Massen-Challenges teilnehmen konnten. Als Preisgeld winkten den Teilnehmern beachtliche 4,56 Millionen Dollar, der höchste Gewinn, der jemals als Preis für eine Spielshow ausgeschrieben wurde. Aber wie in der Serie, kann auch in der Spielshow nur ein Kandidat am Ende gewinnen, alle anderen werden wieder eliminiert. Nur in diesem Fall bedeutet das nur das reine Ausscheiden aus der Show, nachdem sie ein Spiel nicht in der Zeit abschließen konnten oder darin gestolpert oder gestürzt sind. Netflix dementierte bei den Dreharbeiten im Jänner 2023, dass es zu schwereren Verletzungen kam, gab aber etliche mildere Unfälle zu.
Diese Show kann nicht echt sein: Die Geschichten und die Kameraführung sin komplett unrealistisch…
"Squid Game: The Challenge" besteht aber nicht nur an einer Aneinanderreihung von lustigen, bunten Hindernisläufen, sondern auch von den Geschichten der Teilnehmer. Die Zuschauer sollen sich ja auch mit den Teilnehmern identifizieren können. Und hier offenbart sich eine der größten Schwächen der Show. Denn die vorgestellten Teilnehmer wirken nicht authentisch: Die Nerds, die allen beweisen wollen, wie cool sie sein können, die alte Oma auf der Suche nach einem letzten großen Abenteuer, die verschuldete alleinerziehende Mutter mit zehn Kindern: Alle wirken nicht echt und ihre Geschichten wie von nicht besonders teuren Autoren in ein Drehbuch geschrieben, das es angeblich ja gar nicht gibt. Die vermeintlich echten Kandidaten, die sich natürlich vorher allesamt nicht vorher gekannt haben, bilden im Laufe der Episoden aber Grüppchen, um einander den Aufstieg zu erleichtern. Und zufällig sind die Kameras immer bei den Schlüsselmomenten dieser Gruppen dabei. So viele Zufälle, aber auch…
Das Großartigste an "Squid Game: The Challenge" ist leider auch das Unglaubwürdigste: Die Massenszenen. Wenn hunderte Menschen ein Labyrinth oder einen Parcours bezwingen wollen, geht es ungeordnet drunter und drüber. Hier geht es aber überraschend geordnet drunter und drüber: Wenn einmal etwas passiert, ist die Kamera immer sofort dabei. Denn die Kameras befinden sich nicht etwas nur am Rand, sondern mitten im Geschehen. Das wäre in etwa so, als ob bei einem Fußballspiel mit hunderten Spielern und zig Bällen alle Züge eingefangen werden können. Was erstaunlich ist, ist, dass auch niemals ein einziger Teilnehmer in eine Kamera hineinläuft, trotz der Massenströme an Menschen.
Nicht authentisch, aber trotzdem echt sehenswert!
Es macht durchaus Spaß, sich "Squid Game: The Challenge" anzuschauen, aber man sollte echt nicht glauben, dass es sich dabei und eine tatsächliche zehnteilige Spielshow handelt. Vielmehr ist es eine eine als Spielshow getarnte Serie mit Darstellern, die Rollen spielen, Regieanweisungen aus einem Drehbuch erhalten und deren Ausgang von Anfang an feststeht. Wobei das ja bei den allermeisten Reality-Shows auch nicht viel anders ist. Somit ist es quasi fix, dass der "Gewinner" der 4,56 Millionen Dollar schon unter jenen Kandidaten ist, die von Anfang an begleitet werden. Alles andere würde dramaturgisch keinen Sinn machen. Es sei denn Missy May macht, mit, dann könnt der Gewinner wie zuletzt bei "Dancing Stars" auch in Folge 2 nachrücken. Die ersten fünf Episoden stehen jetzt bereits auf Netflix zum Abruft bereit, weitere vier Episoden folgen am 29. November und das Finale kommt am 1. Dezember. Diese Serie ist natürlich Trash, aber dank Unmengen an Geld hat Trash noch nie so gut ausgesehen…